Tui:Gemischte Signale

Tui-Chef Joussen

Kämpft ums Geld: Friedrich Joussen, Vorstandsvorsitzender der Tui Group.

(Foto: Peter Steffen/dpa)

Tui-Chef Joussen versucht seit Monaten, Optimismus zu verbreiten. Doch nun verkauft er einen Teil seiner Aktien. Insgesamt verringert sich seinen Anteil.

Von Lea Hampel und Meike Schreiber, Frankfurt

Inmitten der laufenden Kapitalerhöhung hat Tui-Chef Fritz Joussen einen Teil seiner Anteile verkauft - und sendet damit zumindest gemischte Signale. Die Kapitalerhöhung um rund 500 Millionen Euro ist Teil des dritten Rettungspakets, das dem angeschlagenen Touristikkonzern mithilfe staatlicher Kredite und privater Investitionen durch die pandemiebedingte Krise helfen soll.

Dabei wird erst auf den zweiten Blick deutlich, was Joussens Verkauf und Kauf von Aktien bedeutet, der am Freitag vermeldet wurde. Bei einer Kapitalerhöhung werden neue Aktien ausgegeben. Weil das zur Folge hätte, dass sich der prozentuale Anteil bisheriger Aktienbesitzer verringert, haben diese in der Regel das Recht, neue Aktien zu kaufen, bevor sie auf den freien Markt kommen. Diese sogenannten Bezugsrechte werden vorher definiert - bei Tui so: Wer bisher 29 Aktien besaß, hat das Recht, 25 neue Aktien für 1,07 Euro pro Stück zu erwerben. Altaktienbesitzer können aber nicht nur neue Aktien kaufen, sondern auch mit den Bezugsrechten handeln.

Hinter Joussens Aktion steckt solch ein komplexer An- und Verkaufsprozess. Er hat von seinen 900 000 Aktien ein Drittel verkauft. Zudem hat er 100 000 Bezugsrechte veräußert. Damit hat er 1,49 Millionen Euro eingenommen. Gleichzeitig hat er neue Aktien nur für rund 461 000 Euro gekauft - ihm bleiben rund 1,03 Millionen Euro übrig. Sein absoluter Besitz an Aktien liegt jetzt zwar über dem, den er vorher hatte, nämlich bei etwas mehr als einer Million. Aber weil sich die Gesamtzahl der Aktien fast verdoppelt im Rahmen der Kapitalerhöhung, ist sein Anteil relativ gesehen stark gesunken.

Der Manager hat in schwierigen Phasen symbolträchtig Anteile erworben - und Verluste gemacht

Nun mag der Schritt zunächst verständlich sein: Das Einkommen des Vorstandschefs hat sich durch die Kreditvorgaben verringert. Er hielt lange ohnehin einen nicht geringen Anteil am Unternehmen, auch, weil er in schwierigen Phasen symbolträchtig Anteile erworben hatte. Und langfristig hat er Verluste gemacht, weil er die Aktien zu Zeiten erworben hatte, als sie das Mehrfache des jetzigen Wertes hatten.

Problematisch ist aber, dass Joussen wesentlich mehr Aktien verkauft hat, als er es hätte tun müssen, um die Ausübung von Bezugsrechten zu finanzieren, wie der Schritt offiziell begründet wird. Zweitens versucht man bei Tui, das Ganze noch positiv darzustellen: Der Vorstandschef, so eine Nachricht auf der Konzernwebsite, beteilige sich an der Kapitalerhöhung.

Besonders fatal ist die implizite Botschaft. Die Entscheidung der Privatperson Joussen - nämlich das Risiko des Unternehmens weniger mitzutragen - widerspricht dem Optimismus, den er als Chef von Tui derzeit mantraartig wiederholt. Und mit dem er mehr als vier Milliarden Euro staatlicher Kredite eingeworben hat. Vor nicht einmal zwei Wochen hatte er auf der Hauptversammlung betont, der Tourismussektor bleibe "langfristig ein Wachstumssektor" und Tui habe "eine sehr gute Perspektive".

Ob Joussen seine verbleibenden Bezugsrechte wahrnehmen wolle, sei, so ein Sprecher am Wochenende, "eine private Entscheidung". Die Phase, in der Altaktionäre neue Aktien kaufen können, läuft noch bis 26. Januar.

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