Steuererhöhungen und die Abwertung der Landeswährung Lira haben die Inflation in der Türkei im August wieder in die Höhe getrieben. Die Verbraucherpreise stiegen um durchschnittlich 58,94 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistikamt am Montag mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Anstieg auf 55,9 Prozent gerechnet, nachdem die Inflationsrate im Juli noch bei 47,83 Prozent gelegen hatte.
Allein von Juli auf August verteuerten sich Waren und Dienstleistungen um mehr als neun Prozent. Besonders Hotels, Cafés und Restaurants hoben ihre Preise in dem Ferienmonat kräftig an. Der Abbau der Inflation werde einige Zeit dauern, so reagierte Finanzminister Mehmet Simsek auf die Entwicklung. "Wir sind geduldig."
Die Regierung in Ankara hat die Inflation mit angeheizt: So hob sie beispielsweise die Mehrwertsteuer von 18 auf 20 Prozent an. Auch Unternehmenssteuern wurden heraufgesetzt, ebenso die auf Benzin und Diesel. Mit den erhofften Mehreinnahmen soll der Wiederaufbau nach dem verheerenden Erdbeben im Februar finanziert werden. Außerdem hatte die Regierung vor der Wahl im Mai, aus der Präsident Recep Tayyip Erdoğan als Sieger hervorgegangen ist, so viel für Sozialhilfe ausgegeben wie noch nie.
Daneben hat die Talfahrt der Lira die Inflation befeuert, Importe werden dadurch teurer. Der Kurs ist in den vergangenen zwei Jahren zum Dollar um rund 70 Prozent eingebrochen. Wegen der hartnäckig hohen Inflation und der Lira-Schwäche nahm die Notenbank aber mittlerweile einen Kurswechsel vor. Sie setzte den Leitzins von 8,5 auf 25,0 Prozent herauf. Das soll die Währung wieder für Anleger attraktiver machen und den Kursverfall stoppen. Dadurch könnte allerdings die bislang noch gut laufende Konjunktur belastet werden. Das Bruttoinlandsprodukt legte von April bis Juni um 3,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu und damit stärker als erwartet. "Im zweiten Halbjahr wird sich das Wachstum abschwächen", sagte Volkswirt William Jackson von Capital Economics angesichts der gestiegenen Kreditkosten. Für das gesamte Jahr 2023 sagen Analysten ein Plus von 2,9 Prozent voraus.