Tücken der Riester-Rente:Warnung vor Verträgen mit Garantiezeiten

Verbraucherschützer: Bei falsch konzipierten Produkten droht den Hinterbliebenen Ärger mit dem Finanzamt und der Zulagenstelle.

Andreas Kunze

(SZ vom 02.04.2002) - Tausende bereits abgeschlossene Versicherungsverträge für die Privatrente könnten gravierende finanzielle Nachteile bringen. Der Grund: Es wurden Renten-Garantiezeiten für Hinterbliebene vereinbart, also zeitlich begrenzte Rentenzahlungen. Im Alter drohe Eheleuten dadurch der nachträgliche Verlust von Zulagen sowie eine dicke Steuernachzahlung, warnen die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und der Verband der Rentenversicherungsträger.

"Das kann eine böse Überraschung geben", meint Thomas Bieler, Altersvorsorgeexperte bei der Verbraucherzentrale in Düsseldorf. Viele Privatrenten-Angebote enthalten nach Beobachtung der größten deutschen Verbraucherzentrale eine Klausel, wonach die Altersrente mindestens fünf oder zehn Jahre lang gezahlt wird. Normalerweise endet der Anspruch mit dem Tod des Kunden. Mit der Renten-Garantiezeit ist sichergestellt, dass bei einem frühen Tod bis zum Ablauf der vereinbarten Zeit weitergezahlt wird, etwa an den hinterbliebenen Ehegatten. "Nach dem Wortlaut eines Schreibens aus dem Bundesfinanzministerium ist das aber förderschädlich", so Bieler.

Einigen Versicherern ist die unter Umständen teure Tücke bei der privaten Vorsorge bekannt; sie haben ihre Regelwerke schon so verfasst, dass es keine Probleme geben kann. "Bei der Mehrzahl der Angebote indes ist jedoch Ärger mit dem Finanzamt und der Zulagenstelle programmiert", ergänzt der Verbraucherschützer.

Auszahlung an den Ehegatten ist "schädlich"

Das Papier aus dem Bundesfinanzministerium, welches den Wirbel auslöste, ist überschrieben mit "Zweifelsfragen im Zusammenhang mit steuerrechtlichen Regelungen" zur Riester-Rente. Es befasst sich unter anderem mit der so genannten "schädlichen Verwendung" bei Ehegatten. Im Rentneralter gilt demnach: "Eine ratierliche Auszahlung an den überlebenden Ehegatten stellt stets eine schädliche Verwendung dar." Mit ratierlich ist eine Auszahlung in Raten gemeint. Die Folgen einer solchen schädlichen Verwendung: "Die möglicherweise über Jahrzehnte erhaltenen Riester-Zulagen müssten zurückgezahlt werden. Darüber hinaus müssten die bis dahin angefallenen Kapitalerträge in einer Summe versteuert werden", so Bieler.

Um diesen Ärger zu vermeiden, gibt es offenbar nur zwei Wege: Entweder wird sofort das angesparte Vermögen in einer Summe auf einen Riester-Vertrag des hinterbliebenen Ehegatten übertragen oder aber als lebenslange Hinterbliebenenrente ausgezahlt - nicht jedoch als zeitlich begrenzte Rente, wie es für Renten-Garantiezeiten typisch ist. "Einige Versicherer haben das entsprechend in ihren Bedingungen zugesagt", sagt der Altersvorsorge-Experte von der Verbraucherzentrale, "die meisten Angebote sehen für Hinterbliebene aber nur ei- ne zeitlich begrenzte Weiterzahlung vor."

Warnung vor Garantiezeiten

Auch der Verband der Rentenversicherungsträger (VdR) warnt in einer gerade veröffentlichten Broschüre "Die Riesterrente - 100 Fragen und Antworten" ausdrücklich davor, Renten-Garantiezeiten abzuschließen. "Bei geförderten Verträgen ist das nicht zu empfehlen." Aber mitunter unvermeidlich: "Manche Versicherer", berichtet Bieler, "haben nur Riester-Renten mit Garantiezeiten."

Überrascht von dem Vorstoß der Verbraucherschützer und des VdR zeigte sich Gabriele Hoffmann, Sprecherin des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft. Der Süddeutschen Zeitung sagte sie: "Die private Riester-Rente soll doch die gesetzliche Rente teilweise ersetzen, und bei Letzterer gibt es auch Hinterbliebenenrenten." Genau das scheint die Krux zu sein: Als Hinterbliebenenrente nach gesetzlichem Vorbild gilt beim Bundesfinanzministerium nur, was lebenslang ausgezahlt wird - nicht jedoch eine auf fünf oder zehn Jahre begrenzte Rente.

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