Tschechien:Pilsen gegen Budweis

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Leicht hat es Budweis nicht, sich gegen das übermächtige Pilsen durchzusetzen. Kaum betritt man in Budweis den Bahnhofsvorplatz, kommt ein Stadtbus vorüber, großflächig beklebt mit Werbung für Pilsner Urquell. Ein gemeiner Streich? Budweiser-Sprecher Samec lächelt. "Wir geben unser Geld für Wichtigeres aus." Pilsner-Fans behaupten grundsätzlich, Budweiser sei ihnen zu süß. Samec gibt die typische Budweiser-Antwort: "Budvar ist nicht süß. Es ist weniger bitter." Und das Vorurteil, dass man davon Kopfweh bekommt? "Das liegt ganz bei Ihnen."

Report Wirtschaft Brauereien in Tschechien Chric

In Chříč bei Pilsen wurde 1567 das erste Mal Bier gebraut. Ein Ehepaar aus Prag hat die Brauerei vor drei Jahren wiederbelebt.

(Foto: Druzstevni Kavarna Inkognito)

In Budweis klirren etwa 40 000 Flaschen pro Stunde durch die Abfüllanlage. Durch ein zugiges Treppenhaus und Türen aus dem typischen, sozialistischen Press-spanlaminat Umakart gelangt man zur Brauanlage. Die Keller sind schlicht und praktisch. Die Brauerei liegt am Rande des Zentrums der niedlichen, barocken Stadt in Südböhmen mit ihren Flüssen und Kanälen. Das Städtchen zieht viele Touristen an. Ebenso die Brauerei, die allerdings im Gegensatz zu Pilsen so wirkt, als habe man sich nicht eigens auf Besucher vorbereitet.

Im Gegensatz zur Pilsner Brauart wird Budweiser nur einmal gemaischt, statt dreimal. Es wird weniger Hopfen zugesetzt, daher der mildere Geschmack. Samec betont, dass der Hopfen in ganzen, getrockneten Blüten zugesetzt wird. Nicht in Pellets wie in Pilsen oder gar als Extrakt, was Samec als Verstoß gegen das Reinheitsgebot ansieht. Zudem wird in Budweis der Hopfen von Hand zum Sud gegeben.

Augeliefert in Bierkutschen

In Pilsen sitzen die Brauer hinter ihren Computern wie in einer Kommandozentrale. Hinter Glas glänzen die modernen Edelstahlkessel. Von Hand werden hier nur noch die älteren Kupferkessel geputzt. Die Pilsner Urquell-Brauerei, 1842 gegründet, ist auf Hochglanz poliert. Hier wird der Unterschied zwischen Privatunternehmen und Staat sichtbar. Zwischen Bahnhof und Zentrum der westböhmischen Stadt steht die wohl bekannteste Brauerei Tschechiens. 60 000 Flaschen Bier pro Stunde laufen hier vom Band. Auf Tradition setzt das Unternehmen bei der täglichen Auslieferung an die hauseigene Gastwirtschaft im Zentrum: Bierkutschen mit Pferden liefern das Bier in Holzfässern aus.

Die Traditionspflege geschieht seit 2017 unter japanischer Flagge. Asahi kaufte Pilsner Urquell, gemeinsam mit Radegast, Velkopopovický Kozel und Gambrinus vom südafrikanischen Unternehmen SAB Miller. Die zweitgrößte Brauerei des Landes, Staropramen, gehört zum nordamerikanischen Konzern Molson Coors, der seinen europäischen Hauptsitz an den Stammsitz von Staropramen im Prager Stadtteil Smíchov verlagert hat. Auf Platz drei in Tschechien folgt Heineken. Die Niederländer übernahmen die Marke Krušovice sowie weitere kleinere. Sein Ansehen beschädigte sich Heineken in Tschechien, weil es zwei der kleineren Brauereien bald nach der Übernahme schloss.

Es sind solche Vorgänge, die kleine Brauer ermutigen. Ein paar "Freunde guten Bieres" fanden sich in Černice Anfang der Nullerjahre zusammen und entschlossen sich, die älteste Brauerei Böhmens in Domažlice zu retten. So erzählt es Petr Míč, Marketingmanager von Purkmistr. Das Dörfchen Černice gehört bereits zu Pilsen und nach Pilsner Brauart wird auch das helle Lagerbier im Purkmistr gebraut.

Mit fünf Biersorten fing es an. Anfangs noch in Domažlice, nun schon viele Jahre in Černice, wo unter der Gaststube mit angeschlossenem Hotel etwa 1700 Hektoliter jährlich und bis zu 20 Sorten gebraut werden. Unpasteurisiert, unfiltriert, Hauptsache authentisch. Wie in den meisten Minibrauereien werden verschiedene Spezialbiere hergestellt, für welche die Zutaten importiert werden, Hopfen aus Neuseeland etwa. Heute floriert Purkmistr, viele Gäste kommen aus dem Ausland. Auch weil man im Spa buchstäblich im Bier baden kann - in dem ganz jungen, das wenig Alkohol hat. Zu viel davon wäre nicht gut für die Haut. Alle anderen Inhaltsstoffe schon. Vor allem die Bierhefe. Die war schon im Sozialismus als billiges und vor allem verfügbares Schönheitsmittel beliebt. Heute ist Bierkosmetik verschiedener Hersteller im ganzen Land zu haben. Die Preise für Bier-Hautcremes und Hopfen-Shampoos orientieren sich an ausgabefreudigen Touristen.

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