In der Währungsunion geht die Inflation zurück. Diese gute Nachricht erhält ihr besonderes Flair, weil sie nicht unwesentlich mit der Wirtschaftspolitik von US-Präsident Donald Trump zu tun hat. Zwar hat Trump auch die Europäer auf dem Kieker und bedroht sie mit einem Zollkrieg. Aber manchmal schält sich aus Negativem etwas Positives heraus. „Trump hilft den Europäern unfreiwillig, denn er schwächt den Dollar, das stärkt den Euro und senkt zunächst einmal die Importpreise für Dollar-Waren“, sagt Friedrich Heinemann, Volkswirt beim Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW).
Darüber hinaus dämpfe Trump mit seiner Politik die globale Wirtschaft, was grundsätzlich als Inflationsbremse wirke. „Und wenn China seine Güter anstatt in die USA nun billiger nach Europa umleitet, dann wirkt auch das zunächst einmal inflationsdämpfend in Europa“, sagt Heinemann mit der Einschränkung: „Bis auf Weiteres zumindest, denn wir wissen nicht, ob der Zollkrieg eskaliert.“
„Das sind die unerwarteten Folgen von Trumponomics“
Trumps Politik hat also auch ihr Gutes? So weit sollte man nicht gehen, denn insgesamt ist der Schaden beträchtlich. Europäische Firmen werden weniger in die USA exportieren können, das drückt die Umsätze. Arbeitsplätze sind in Gefahr, selbst eine Rezession ist in Europa nicht auszuschließen, sollte der Handelsstreit eskalieren. Einzig positiv: Die Preise steigen nicht mehr so stark. Die Inflationsrate in der Euro-Zone lag im April bei 2,2 Prozent. Sie notiert damit ziemlich nah am Ziel der EZB. Die Währungshüter streben eine Inflationsrate von 2,0 Prozent an, diesen Wert sehen sie als optimal für die Wirtschaftsentwicklung an.
Obwohl die Preise für Nahrungsmittel und Dienstleistungen immer noch überdurchschnittlich zulegen, sind es die sinkenden Energiepreise und der starke Euro als Einkaufswährung, die die Teuerung insgesamt im Zaum halten könnten. Das hatte Mitte April den guten Effekt, dass die EZB die Leitzinsen zum siebten Mal seit vergangenem Sommer senken konnte. Der für Sparer und Banken relevante Einlagenzins liegt aktuell bei 2,25 Prozent. Noch im Juni 2024 betrug er 4,0 Prozent. Niedrige Leitzinsen sollen und können die schwache Konjunktur in Europa ankurbeln.
Zwar ist auch in den USA die Inflation zuletzt zurückgegangen, im März betrug der Wert 2,4 Prozent. Doch anders als in Europa rechnen Experten damit, dass die hohen Einfuhrzölle in die USA dort demnächst die Inflation wieder anheizen könnten. Der Grund: Importeure dürften, wenn auch nicht den gesamten Zoll, aber doch einen guten Teil davon, auf die Warenpreise in den US-Regalen draufschlagen. Aufgrund dieser Befürchtung wird der amerikanische Notenbankchef Jerome Powell am Mittwoch wohl erneut davon absehen, die Leitzinsen zu senken. Trump drängt den Ökonomen seit Monaten, genau dies zu tun. Der Leitzins der Federal Reserve liegt in der Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent, also viel höher als in der Euro-Zone. Powell möchte vor einer Zinssenkung zunächst sehen, wie sich der von Trump angezettelte Zollkrieg auf die Preise auswirkt. „Donald Trump fügt seinen US-Wählern Schaden zu durch höhere Verbraucherpreise, und er schenkt den Europäern eine sinkende Inflationsrate“, sagt ZEW-Volkswirt Heinemann. „Das sind die unerwarteten Folgen von Trumponomics.“
Trump wird 2026 einen neuen Fed-Präsidenten bestimmen
Allerdings schwächelt die US-Wirtschaft inzwischen. Auch deren Entwicklung muss die Fed bei ihren Zinsentscheidungen berücksichtigen. Die Wirtschaft ist im ersten Quartal – und damit in den ersten Monaten der Amtszeit Trumps – auf das Jahr hochgerechnet um 0,3 Prozent geschrumpft. „Für die Vollbremsung des Wirtschaftswachstums muss Trump sich den Schuh anziehen“, meint Stephan Bales von der KfW-Bank: „Die ungeschönte Bremswirkung von Trumps Wirtschaftspolitik dürfte sich ab Mitte des Jahres noch viel deutlicher zeigen.“ Womöglich werde die Notenbank erst dann auf einen lockereren geldpolitischen Kurs einschwenken. Doch Trump geht das alles nicht schnell genug. Der US-Präsident und Powell werden keine Freunde mehr.
In einem aktuellen NBC-Interview sagte Trump, er erwarte, dass Powell die Zinssätze senken werde. „Irgendwann wird er das auch tun. Er würde es lieber nicht tun, weil er kein Fan von mir ist. Wissen Sie, er mag mich einfach nicht, weil ich ihn für einen totalen Langweiler halte“, sagte Trump in dem Interview, das vergangenen Freitag in Florida aufgezeichnet wurde. Auf die Frage, ob er Powell vor dem Ende seiner Amtszeit im Jahr 2026 absetzen würde, sagte Trump: „Nein, nein, nein – warum sollte ich das tun? Ich werde die Person bald ersetzen.“ Trump hatte wiederholt gedroht, Powell vorzeitig aus dem Amt zu werfen. Doch damit hätte er die über Jahrzehnte bewährte Unabhängigkeit der Federal Reserve infrage gestellt, was an den Finanzmärkten sicher zu Turbulenzen geführt hätte. Das Vertrauen der internationalen Investoren in die Stabilität des Dollars, in die amerikanischen Staatsanleihen und die gesamte US-Wirtschaft würde verloren gehen.
Elon Musk prüft bei der Fed, ob Geld verschwendet wurde
In den 1970er- und 1980er-Jahren verzeichneten Industriestaaten zweistellige Inflationsraten, weil Politiker eher auf kurzfristiges Wachstum achteten denn auf langfristig stabile Preise und ihre Zentralbanken entsprechend steuerten. Die Lehre damals: „Politische Leitzinsen“ sind Gift für stabile Preise. Daher wuchs die Einsicht, dass unabhängige Zentralbanken, die wichtige, aber unpopuläre Leitzinsentscheidungen treffen, besser geeignet sind, die Inflation im Zaum zu halten. Trump wird für 2026 dennoch einen ihm lieben Kandidaten für die Nachfolge Powells aussuchen. Ob er den neuen Fed-Chef, einmal im Amt, gefügig machen kann, ist allerdings offen. Die zwölf stimmberechtigten Fed-Mitglieder entscheiden mehrheitlich.
Unterdessen gehen die Nadelstiche gegen die Institution weiter. Tesla-Chef Elon Musk, der das Department of Government Efficiency (Doge) leitet, möchte mit seinem Team auch die Fed überprüfen. Musk habe eine kostspielige Renovierung des Hauptsitzes der Zentralbank in Washington als Beispiel für potenzielle Verschwendung von Steuergeldern genannt, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg. „Da es sich letztendlich um Steuergelder handelt, denke ich, dass wir auf jeden Fall prüfen sollten, ob die Federal Reserve tatsächlich zweieinhalb Milliarden Dollar für ihren Innenarchitekten ausgibt“, sagte Musk.