US-Zwischenwahlen:Trump prahlt sich die eigenen Erfolge kaputt

Donald Trump in Nevada

Selbst tatsächlich gute Wirtschaftsdaten stellt Donald Trump falsch dar.

(Foto: REUTERS)

Wirtschaftlich hat der US-Präsident viel vorzuweisen, die anstehenden Zwischenwahlen müssten eigentlich ein Selbstläufer sein. Trotzdem könnte er die Sache vermasseln.

Kommentar von Claus Hulverscheidt

Hätten wir nicht das Jahr 2018, sondern, sagen wir, 1998, dann wären die Halbzeitwahlen zum US-Kongress in der kommenden Woche wohl längst gelaufen. Vielen Amerikanern geht es finanziell gut, die Wirtschaft boomt, die Arbeitslosigkeit ist gering, die Stimmung der Unternehmer glänzend. Kurzum, rein ökonomisch gesehen gibt es keinerlei Grund, die Pferde zu wechseln, zumal das Hoch einen Namen trägt: Donald Trump.

Es wäre albern, die Miturheberschaft des Präsidenten am Aufschwung zu leugnen, nur weil er zugleich ein nationalistischer, latent rassistischer, frauenfeindlicher Demagoge ist. Wirtschaftsdaten sind kein Gradmesser für Anstand und Rechtschaffenheit, sie sind amoralisch und sagen, wenn überhaupt, etwas darüber aus, wie wachstumsfreundlich die Politik einer Regierung ist. Trump hat hier einiges vorzuweisen, von der Steuerreform über höhere Staatsausgaben bis zum Verzicht auf neue, teure Auflagen für die Betriebe.

Natürlich kann man einwenden, dass die Entwicklung, die der Mann im Weißen Haus so massiv befeuert hat, wohl nicht nachhaltig sein wird. Dass er das Wachstum von heute mit den Schulden von morgen erkauft, dass er den Klimawandel ignoriert und dass der Aufschwung schon unter Barack Obama begann, ja, auf manchen Feldern sogar kräftiger war als heute, etwa beim Beschäftigungszuwachs. Das alles ändert aber nichts daran, dass es Trumps gutes Recht ist, sich in den aktuellen Zahlen zu sonnen. Jeder andere Wahlkämpfer, auch einer mit mehr Anstand, würde es genauso handhaben.

Dass es den Republikanern dennoch nicht gelingt, die überragenden Daten in einen turmhohen Umfragevorsprung zu verwandeln, hat allerdings auch nur eine einzige Ursache - und auch die lautet: Donald Trump. Nicht nur dass der Präsident die Spaltung der Gesellschaft immer weiter vertieft und viele Menschen geradezu anwidert, etwa mit seiner unmenschlichen Einwanderungspolitik. Er schafft es auch nicht, die Zahlen für sich selbst sprechen zu lassen. Stattdessen: Großmannssucht und Imponiergehabe. Aus einer wirklich guten Konjunkturlage wird bei Trump stets "die beste, die es je gab", was angesichts der Wachstums- und Arbeitsmarktzahlen, die früher teils üblich waren, nicht weniger ist als eine glatte Lüge. Oft ist die Prahlerei des vermeintlichen Staatsmannes so hanebüchen, dass er einfachen republikanischen Wahlkämpfern die Chance nimmt, die guten Daten als Argument für die Partei ins Feld zu führen.

Wie weltfremd, ja entrückt der Präsident mittlerweile ist, zeigen jüngste Interviewäußerungen: Von "meinen Zahlen" ist da die Rede und davon, dass "meine Wirtschaft auf Hochtouren läuft". Geradezu wahnwitzig wird sein Gekreise um die eigene Person, wenn er allen Ernstes hinterherschiebt, Notenbankchef Jerome Powell habe offensichtlich "Spaß daran", ihm, Trump, Knüppel zwischen die Beine zu werfen: So sei es ungerecht, dass Obama mit Nullzinsen habe arbeiten können, während die Leitsätze heute dauernd angehoben würden. Derlei Aussagen zeugen von einem Maß an Egozentrik und wirtschaftspolitischer Beschränktheit, das einen wahrlich fassungslos macht.

Wie immer macht der Präsident die Medien dafür verantwortlich, dass seine Umfragewerte nicht so sind, wie sie sein könnten. Angeblich unterschlagen Zeitungen und Fernsehsender aus purer Parteilich- und Boshaftigkeit die wirtschaftlichen Großtaten der Regierung. Das ist schlicht Unsinn: Alle großen US-Medien berichten regelmäßig über die guten Wirtschaftsdaten und sie verschweigen auch nicht, dass Trump daran seinen Anteil hat. Meist ist es vielmehr der Präsident selbst, der mit dem Hintern einreißt, was er kurz zuvor mit der eigenen Hände Arbeit aufgebaut hat. Das gilt etwa für seine aggressive Handelspolitik, mit der er ganze Berufsgruppen vor den Kopf stößt, die ihm eigentlich gewogen sind - die Landwirte etwa.

Dabei sind Prahlerei, Lügen und handfeste Fehlentscheidungen das eine. Dazu kommt Trumps Unfähigkeit, beim Thema zu bleiben: An Tagen, an denen die Regierung gute Wirtschaftsdaten veröffentlicht und lautstark feiern könnte, befasst er sich bei Twitter lieber mit Büchern über ihn, spottet über das Aussehen von Pornostars, mit denen er einst im Bett gewesen sein soll, oder staunt darüber, wie groß die Hurrikane sein können, die im Spätsommer regelmäßig auf die USA zurollen.

Wenn jemand Wirtschaftsdaten vorweisen kann, wie der amtierende Präsident es kann, dann sollten anstehende Parlamentswahlen eigentlich ein Selbstläufer sein. Man muss schon Donald Trump heißen, um Gefahr zu laufen, eine solch sichere Sache doch noch zu vermasseln.

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