Mit Castingshows kennt sich Donald Trump bekanntlich aus. Und tatsächlich hätte man aus dem Theater, das sich in dieser Woche hinter den Mauern von Mar-a-Lago abspielte, leicht ein TV-Format namens „Amerika sucht den Finanzminister“ machen können. Fast täglich kursierten in den Medien neue Namen für den letzten noch unbesetzten Topjob in Trumps Kabinett. Noch am Mittwoch soll der künftige US-Präsident mehrere Kandidaten in seinem Golfclub zum Vorstellungsgespräch empfangen haben. Ein Aspirant flog dafür eigens aus Hongkong ein. Und natürlich mischte sich auch Elon Musk in die Suche ein, der Trump kaum noch von der Seite weicht.
Trump erwählte nun einen Mann für das Amt, den am Ende nicht mehr allzu viele auf der Rechnung hatten. Der Hedgefondsmanager Scott Bessent soll das US-Finanzministerium führen und eine allein auf die nationalen Interessen der USA ausgerichtete Wirtschaftspolitik umsetzen. Bessent ist dafür in mancher Hinsicht eine überraschende Wahl. Der Finanzmanager vertritt im Vergleich zu anderen im Trump-Lager geradezu gemäßigte Positionen und arbeitete noch dazu jahrelang eng mit George Soros zusammen. Der ungarisch-amerikanische Investor gehört nicht nur zu den größten Spendern der Demokraten, er ist auch ein Feindbild der Rechten auf der ganzen Welt. Auch Bessent, der mit einem Mann verheiratet ist, spendete vor Jahren immer mal wieder für die Demokraten. In den letzten Jahren wandelte er sich allerdings zu einem von Trumps größten Fürsprechern an der Wall Street und spendete mehr als eine Million Dollar für ihn.
Bessent ist fraglos ein Loyalist, wie Trump ihn sich wünscht
Um den Job des Finanzministers hatte sich nach Trumps Wahlsieg ein Machtkampf in Mar-a-Lago entsponnen. Elon Musk favorisierte den Finanzmanager Howard Lutnick. Nur Lutnick würde „wirkliche Veränderung“ bringen während Bessent für Business-as-usual stehe, schrieb der Tesla-Chef auf seiner Plattform X. Doch Lutnick soll nach Trumps Meinung zu aggressiv um den Posten gebuhlt haben – was etwas heißen will. Nun soll Lutnick, der bisher Chef des Finanzdienstleisters Cantor Fitzgerald ist, Handelsminister werden.
Doch zwischen ihm und dem designierten Finanzminister Bessent könnte es schon bald zu Konflikten kommen. Lutnick ist in Sachen Handelszölle ein Hardliner. Im Fernsehen oder bei Trumps Auftritten hat er die von Trump geplanten Zölle immer wieder mit teils schrägen Argumenten verteidigt. Im New Yorker Madison Square Garden wünschte sich Lutnick das Jahr 1900 zurück. Damals sei es den USA wegen der hohen Handelszölle so gut gegangen wie nie, behauptete er. Eine steile These, wenn man bedenkt, dass die durchschnittliche Lebenserwartung damals bei 47 Jahren lag.
US-Wahl:Trump nominiert eine weitere Vertraute als Justizministerin
Kurz nach dem Rückzug von Matt Gaetz stellt der designierte US-Präsident seinen Ersatz vor: Pam Bondi. Sie ist die konventionellere Wahl für den Posten – ihre Kritiker haben jedoch eine Menge Gründe, sich Sorgen um die Justiz zu machen.
Bessent dagegen plädiert für Zölle light. Dem Börsensender CNBC sagte er, man müsse diese nach und nach einführen, um Preisschocks für die amerikanischen Verbraucher und einen erneuten Anstieg der Inflation zu vermeiden. Damit dürfte Bessent an der Wall Street besser ankommen als sein Rivale Lutnick. In der Finanzindustrie sind zwar viele erfreut über Trumps Vorhaben, die Steuern für Unternehmen und Reiche noch weiter zu senken, aber sehen seine Zollpläne skeptisch. Die Zölle würden der US-Wirtschaft am Ende mehr schaden als nutzen, fürchten sie. Nahezu alle führenden Ökonomen sehen das genauso. Bessent verteidigte Trump gegen diese Kritik unter anderem in einem Gastbeitrag für das Wall Street Journal. Darin argumentierte er mit den Märkten: Diese hätten nach Trumps Wahlsieg unmissverständlich signalisiert, dass sie von Trumps Präsidentschaft großes Wachstum erwarten.
Der Artikel soll Trump sehr gefallen haben. Von kaum etwas ist er so besessen wie von der Performance der Finanzmärkte und seiner Rolle dabei. Und kaum etwas schätzt er so sehr wie Getreue, die ihn und seine Politik überzeugend in den Medien verkaufen. Auch Bessent ist fraglos ein Loyalist, wie Trump ihn sich wünscht. Er dürfte an der Spitze des Finanzministeriums viele von Trumps Wahlkampfversprechen umsetzen. Neben Steuererleichterungen und weniger Regulierung für Unternehmen gehört dazu die Idee, die US-Notenbank Federal Reserve zu entmachten. Bessent brachte dazu die Option ins Spiel, den von Trump wenig geliebten Fed-Chef Jerome Powell zu degradieren und noch während Powells Amtszeit einen Schatten-Fed-Chef neben ihm zu installieren.
Als designierter Finanzminister wäre Bessent künftig auch für die Steuerpolitik und den Haushalt zuständig. Auf seinem Netzwerk Truth Social schrieb Trump, Bessent werde den „untragbaren“ Pfad der Staatsverschuldung stoppen. Wie ihm das gelingen soll, ist unklar. Denn Trumps Steuersenkungen würden unabhängigen Berechnungen zufolge 7,5 Billionen Dollar neue Schulden machen.
Wie bei allen Kabinettsposten muss der US-Senat sowohl Bessents als auch Howard Lutnicks Nominierung noch zustimmen. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass zumindest Lutnick dabei auf Widerstände stoßen dürfte. Ausgerechnet der designierte Handelsminister, der nach Trumps Willen Chinas Wirtschaftsmacht bekämpfen soll, hat enge Verbindungen nach China. Mit seiner Finanzfirma ist Lutnick dort unter anderem an einem Joint Venture beteiligt, in das auch ein chinesischer Staatskonzern verwickelt ist.