Aktienmärkte„Trump ist in Panik“

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Die aktuellen Kapriolen an den Märkten setzen den umstrittenen US-Präsidenten unter Druck.
Die aktuellen Kapriolen an den Märkten setzen den umstrittenen US-Präsidenten unter Druck. (Foto: Alex Brandon/AP)

Der US-Präsident will den Fed-Chef Powell nun doch nicht feuern. Auch zu China möchte er plötzlich „sehr nett“ sein.  Die Börsen jubeln. Aber ein Börsen-King ist Trump deshalb noch lange nicht.

Von Nils Heck und Markus Zydra, Frankfurt

Wie ein Puppenspieler steuert Donald Trump die Bewegungen an den Weltbörsen. Ein paar Worte von ihm reichen. Am Montag drohte der US-Präsident noch, den Chef der amerikanischen Notenbank Federal Reserve, Jerome Powell, zu entlassen. Dollar, Aktien und Anleihen gingen in die Knie. Immerhin hätte Trump so mit einem Streich die über Jahrzehnte bewährte Unabhängigkeit der Notenbank abgeschafft. Das wiederum gefiel den Investoren gar nicht, weil eine politische Fed, so die Befürchtung, sehr wahrscheinlich den Kampf gegen die Inflation schleifen lassen würde, nur um durch schnelle Leitzinssenkungen die Wirtschaft anzukurbeln.

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Doch die Panik währte nicht lange. Gute 24 Stunden später behauptete Trump, er habe „nie die Absicht“ gehabt, Powell zu entlassen. Die Börsen in den USA jubilierten, der Dow-Jones-Index machte Dienstagabend 1000 Punkte gut, setzte seine Aufwärtsbewegung am Mittwoch nach Öffnung der Börse in New York fort. Und der Dax näherte sich der Marke von 22 000 Punkten.

Diese Erfolgsmeldungen sehen aber nur auf den ersten Blick wirklich gut aus. Die Kurse des Dax liegen nach dem vielen Hin und Her nur ein wenig über dem Niveau von Trumps Amtsantritt. Die Kurse des S&P 500 und des Tech-Index Nasdaq verloren sogar deutlich, seit Trump im Weißen Haus eingezogen ist, und notierten zuletzt teils mehr als zehn Prozent im Minus. Auch der Bitcoin-Preis, der neue Rekorde erreicht hat, nachdem Trump sich positiv über Kryptos geäußert hatte, ist mittlerweile ziemlich abgesackt und lag zuletzt nur noch bei etwa 92 000 US-Dollar. Mittelfristig dürfte sich das nicht ändern, glaubt Hiroyuki Kikukawa, Chefstratege von Nissan Securities Investment. Er sagte der Nachrichtenagentur Reuters: „Die Anleger rechnen damit, dass sich die wachsende Unsicherheit in Bezug auf die US-Geldpolitik negativ auf die Finanzmärkte und die Wirtschaft insgesamt auswirken wird.“

Trump könnte aus taktischen Gründen von Powells Entlassung abgesehen haben

Der US-Präsident hatte vergangene Woche eine Tirade gegen Powell losgelassen, kurz bevor die Europäische Zentralbank ihren Leitzins um einen Viertelpunkt auf 2,25 Prozent senkte. Trump hatte sich wiederholt darüber beschwert, die Fed würde die Leitzinsen nicht schnell genug senken. Der Direktor des Nationalen Wirtschaftsrats, Kevin Hassett, sagte am Freitag, dass Trump die Frage prüfe, ob er Powell entlassen könne. Doch das scheint sich nun vorerst erledigt zu haben.

Warum hat Trump klein beigegeben? Vielleicht aus taktischen Gründen. Powells Vertrag läuft nächstes Jahr aus, dann kann der US-Präsident einen Nachfolger nach seinem Geschmack berufen. Hätte Trump Powell jetzt abgesägt und dessen Posten mit einem Vertrauten besetzt, könnte der Präsident für alles Schlechte verantwortlich gemacht werden, etwa wenn die Inflation anzieht oder die US-Wirtschaft abschmiert. So hat Trump weiterhin seinen Sündenbock.

Anleger kennen politische Unsicherheiten bislang nur von wirtschaftlich eher instabilen Staaten

Trotzdem sind die aktuellen Kapriolen an den Märkten ärgerlich für den umstrittenen US-Präsidenten. Immerhin hatte der seine wirtschaftliche Expertise in der Vergangenheit immer wieder damit untermauert, dass während seiner ersten Amtszeit die Börsenkurse gestiegen sind. Anfang April sagte er trotz des Zollchaos noch: „Ich denke, es läuft sehr gut. Die Märkte werden boomen, die Aktien werden boomen, das Land wird boomen.“ Große Versprechen, an denen er sich messen lassen muss: Bröckeln die Aktienkurse, bröckelt auch sein Image als Wirtschaftsversteher und Dealmaker.

Wie stark diese Verunsicherung an den Börsen jetzt schon ist, lässt sich gut am Volatilitätsindex (VIX) ablesen. Dieser misst, vereinfacht gesagt, wie zittrig Anleger zurzeit sind, und wird deshalb auch „Angst-Index“ genannt. Durchschnittlich lag er in den vergangenen zehn Jahren bei etwa 20 Punkten, wobei die Corona-Pandemie und der russische Angriffskrieg die Werte jeweils kurzfristig nach oben getrieben hatten. In Folge von Trumps Zoll-Ankündigungen ist der Wert zuletzt auf deutlich über 30 Punkte gestiegen und erst in den vergangenen Tagen stückweise zurückgegangen, liegt aber immer noch bei mehr als 25 Punkten.

Für Anleger ist das auch deshalb ungewöhnlich, weil sie politische Unsicherheiten und Risiken eigentlich nur von wirtschaftlich eher instabilen Staaten wie der Türkei oder einigen südamerikanischen Ländern gewohnt sind. Politische Risiken sind schlecht kalkulierbar. Daher ziehen sich Investoren bei Krisen frühzeitig aus diesen Märkten zurück. Die USA hingegen galten als das Gegenbeispiel und der US-Dollar und auch US-Staatsanleihen gerade in unsicheren Zeiten als sogenannter sicherer Hafen für Anleger. Das gilt auch trotz Trumps Chaos-Politik bis auf Weiteres. Sollte die Unsicherheit in Bezug auf die US-Politik aber anhalten, könnten sich Anlegerinnen und Anleger langfristig nach anderen sicheren Häfen umschauen, etwa dem Euro.

Trump zeigte sich am Dienstag auch im Zollstreit mit China von seiner Zuckerseite. „Die Zölle werden deutlich sinken, aber sie werden nicht auf null sinken“, sagte er und fügte hinzu, dass „wir sehr nett sein werden und sie sehr nett sein werden, und wir werden sehen, was passiert“. Der US-Präsident versprach auch, dass er bei den Gesprächen das Thema Covid-19 nicht ansprechen werde, ein Thema, das in Peking politisch heikel ist. Das Weiße Haus hat kürzlich eine Website veröffentlicht, auf der behauptet wird, das Virus stamme aus einem Labor in China, was die Diplomaten des Landes verärgert. „Trump ist in Panik, weil die Märkte abstürzen und die Renditen der US-Staatsanleihen immer noch sehr hoch sind“, sagte Alicia Garcia Herrero, Chefvolkswirtin für den asiatisch-pazifischen Raum bei Natixis. „Er braucht eine Einigung, und zwar schnell. China muss unter diesen Umständen nichts Großes anbieten.“

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