Automobilindustrie:Trump umgarnt deutsche Autobosse

Automobilindustrie: US-Präsident Donald Trump will offenbar direkt mit den deutschen Autobossen verhandeln.

US-Präsident Donald Trump will offenbar direkt mit den deutschen Autobossen verhandeln.

(Foto: AP)
  • US-Präsident Donald Trump möchte offenbar mit den deutschen Autobossen direkt über Strafzölle und Arbeitsplätze in den USA verhandeln.
  • Mögliche Zölle auf Auto-Importe sind ein strittiger Punkt im Handelskonflikt zwischen den USA und der EU.
  • Die deutschen Autobauer demonstrieren aber Einigkeit und wollen wohl nicht an der EU vorbei verhandeln.

Von Markus Balser, Berlin, Max Hägler und Claus Hulverscheidt, New York

Es war eine überraschende Nachricht aus den USA: "Die Chefs deutscher Autokonzern sind zu Gesprächen ins Weiße Haus geladen", titelte in der Nacht zu Mittwoch die Agentur Bloomberg eine Geschichte. Der Dealmaker und US-Präsident Donald Trump wolle Harald Krüger (BMW), Dieter Zetsche (Daimler) und Herbert Diess (Volkswagen) treffen, um einer Einigung im Handelsstreit näher zu kommen. Seit bald zwei Jahren droht Trump damit, deutsche Autos höher zu besteuern, um damit die eigene Autoindustrie zu stärken; in wenigen Wochen soll Trump ein Gutachten dazu vorgelegt werden.

Die Drohung von Strafzöllen versetzt die deutschen Unternehmen immer wieder in Aufregung. Jetzt also eine Verhandlung auf kurzem Dienstweg zwischen dem mächtigen Präsidenten und den mächtigen Automännern? Ganz so einfach ist es offenbar nicht. Denn bisher liegt noch keine formale Einladung in Stuttgart, München oder Wolfsburg. Kein Konzern bestätigte jedenfalls den Eingang eines Schreibens. Und außerdem ist zweifelhaft, was ein Gespräch bewirken könnte.

"Wir sind in stetigem Dialog mit den USA, in Abstimmung mit der Bundesregierung", erklärte ein Volkswagen-Sprecher in der Nacht zu Mittwoch. Aber eine Reise sei noch nicht avisiert. BMW teilte ebenfalls mit, dass kein Firmenjet gebucht sei für eine Reise. Bloomberg hatte von einer Einladung kurz nach Thanksgiving berichtet, einem US-Festtag am 22. November. Grundsätzlich sei man natürlich gesprächsbereit, wenn man eingeladen würde, heißt es aus der deutschen Autoindustrie nun zu den Gerüchten. Allerdings gelte das, was seit Monaten gesagt werde: "Wir lassen uns nicht auseinanderdividieren in Europa." Tatsächlich scheinen die deutschen Unternehmen extrem geschlossen zu sein: Natürlich habe man ein "vitales Interesse", diese Bedrohungslage aus Zöllen und Gegenzöllen beizulegen. Doch die EU-Kommission unter Cecilia Malmström verhandele das - und kein Autokonzern, sagen die Automanager.

Aus einer deutschen Konzernzentrale hieß es in der Nacht zu Mittwoch sogar sehr zurückhaltend: Alle Argumente seien eigentlich ausgetauscht, etwa dass deutsche Hersteller für viele Arbeitsplätze in ihren US-Werken sorgen. "Was soll man da noch groß reden?" Vielmehr müsse man in dieser Lage stets das Primat der Politik im Blick behalten und keinesfalls das Handeln der deutschen Bundesregierung und der EU-Kommission desavouieren. Deshalb könne man nicht einfach unabgestimmt zu einem solchen Termin fliegen. Klar müsse sein, heißt es aus der Autoindustrie: "Die deutschen Autohersteller sind hier nur Spielball in einem Handelsstreit, in dem es um weit mehr geht, etwa im Agrarsektor." Einiges deutet tatsächlich darauf hin, dass die US-Seite diesen möglichen Termin durchgestochen hat, um den Druck auf die europäische Politik zu erhöhen.

Trump droht seit Monaten damit, zusätzliche Einfuhrzölle in Höhe von 25 Prozent auf den Import europäischer Pkws zu verhängen. Vor allem die Bundesrepublik ist ihm ein Dorn im Auge, denn Mercedes, BMW und Volkswagen liefern Jahr für Jahr erheblich mehr Autos in die USA als von dort aus nach Deutschland verschifft werden. Das trägt maßgeblich zum immensen Exportüberschuss der Bundesrepublik gegenüber den Vereinigten Staaten bei. Der US-Präsident verlangt zudem, dass die Europäer ihre restriktiven Vorgaben für die Einfuhr amerikanischer Agrarprodukte beseitigen, viele davon genverändert.

Die Bundesregierung ist wegen der Drohungen aus den USA alarmiert. Eine drastische Erhöhung der US-Zölle auf Autos könnte die deutsche Automobilwirtschaft nach Einschätzung Berlins jährlich bis zu sieben Milliarden Euro kosten. Wie das Bundeswirtschaftsministerium kürzlich auf Anfrage der FDP mitteilte, zeigten Berechnungen, "dass der negative Effekt in Deutschland bei einer Größenordnung von fünf bis sieben Milliarden, also etwa 0,2 Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts, liegen könne. Berechnungsgrundlage war eine Erhöhung der Zölle von derzeit 2,5 auf 25 Prozent. Zuletzt hatte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) auf dem SZ-Wirtschaftsgipfel erklärt, dass die Bundesregierung eine Lösung anstrebe, etwa eine Null-Prozent-Politik bei Zöllen.

Trump will vor allem den Druck auf EU-Politiker erhöhen

Im Sommer hatte Trump schon einmal versucht, die deutschen Automanager auf seine Seite zu ziehen. Der amerikanische Botschafter in Berlin, Richard Grenell, lud Zetsche, Diess und Krüger zu einem Gespräch ein und schlug ihnen überraschend vor, dass sowohl die USA als auch die EU-Staaten künftig komplett auf alle Auto-Zölle verzichten. Dass weder die einzelnen Regierungen der EU-Länder, geschweige denn die Chefs großer Autokonzerne überhaupt ein Mandat haben, mit ihm und seinen Abgesandten zu verhandeln, ignorierte der US-Präsident geflissentlich. In Europa ist allein die EU-Kommission für Handelsfragen zuständig.

Allerdings rückte Trump von der Nulllösung zwischenzeitlich auch inhaltlich wieder ab. Offenbar hatte ihn jemand darauf hingewiesen, dass zwar die EU den Import amerikanischer Pkws mit zehn Prozent belastet, während die USA umgekehrt von europäischen Firmen nur 2,5 Prozent Zoll verlangt. Bei der Einfuhr der in Amerika besonders begehrten Pick-up-Trucks in die USA, eine Art SUV mit großer Ladefläche, werden jedoch 25 Prozent fällig. Eine Abschaffung aller Zölle hätte somit auch diesen Spezialschutzwall für die US-Autokonzerne beseitigt und den europäischen Firmen ein interessantes neues Geschäftsfeld eröffnet.

In den jetzt geplanten Gesprächen mit den deutschen Autobossen will Trump offenbar einmal mehr versuchen, die Phalanx der Europäer zu sprengen. So könnte er beispielsweise erneut mit Zöllen drohen, damit Zetsche, Krüger und Diess ihrerseits in Berlin und Brüssel vorstellig werden und größere Zugeständnisse der EU einfordern. Dass ein solches Manöver gelingt, ist allerdings kaum vorstellbar.

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