Süddeutsche Zeitung

Drohender Handelskrieg:US-Regierung erwägt Ausnahmen bei Schutzzöllen

  • US-Präsident Trump erwägt, einige Länder von den geplanten Schutzzöllen auf Stahl und Aluminium auszunehmen.
  • Möglich sei, dass Kanada, Mexiko und weitere Länder aus Gründen der nationalen Sicherheit von Zöllen verschont blieben, sagte Präsidentensprecherin Sarah Sanders.
  • Ob auch die Länder der Europäischen Union mit einer Vorzugsbehandlung rechnen können, blieb zunächst unklar.

Von Claus Hulverscheidt, New York, und Alexander Mühlauer, Brüssel

In den Zollstreit zwischen den USA und ihren wichtigsten Handelspartnern kommt offenbar Bewegung. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Sarah Sanders, deutete am Mittwochabend an, dass die geplanten US-Abgaben auf Stahl- und Aluminium-Importe von bis zu 25 Prozent womöglich doch nicht flächendeckend eingeführt werden. Man werde vielmehr "von Land zu Land" entscheiden. Ausgenommen werden könnten "Kanada, Mexiko und andere Staaten". Die endgültige Liste werde noch diese Woche vorgelegt.

Präsident Donald Trump hatte Ausnahmen bisher stets abgelehnt. Womöglich haben ihn nun die zahlreichen Proteste aus republikanisch regierten Bundesstaaten mit vielen stahlverarbeitenden Betrieben ins Grübeln gebracht. Die Firmen fürchten höhere Kosten. Allerdings kann sich Trump auch jederzeit wieder umentscheiden. Zuletzt hatten mehr als hundert republikanische Abgeordnete des Repräsentantenhauses den Präsidenten aufgefordert, die angedachten Zölle nochmals zu überdenken.

Ob auch die Länder der Europäischen Union mit einer Vorzugsbehandlung rechnen können, blieb zunächst unklar. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hatte erst Stunden zuvor in Brüssel erklärt, ihre Behörde habe kein Interesse daran, dass der Konflikt weiter eskaliert. "Aber wir können auch nicht einfach still bleiben", sagte sie. Sollten die USA tatsächlich Zölle auf Stahl- und Aluminiumlieferungen aus Europa verhängen, will die Kommission gemeinsam mit anderen betroffenen Staaten ein Streitschlichtungsverfahren vor der Welthandelsorganisation (WTO) anstoßen. Da dieses aber Jahre dauern kann, prüfen die Europäer darüber hinaus Schutzmaßnahmen für ihre Unternehmen, die binnen zwei Monaten umgesetzt werden könnten. Dazu gehört auch die Möglichkeit von Strafzöllen auf US-Waren wie Whiskey, Jeans und Erdnussbutter.

China hat eine "angemessene und notwendige Reaktion" angekündigt, sollten die USA tatsächlich Strafzölle erheben. Außenminister Wang Yi sagte vor Journalisten in Peking, ein Handelskrieg mit den USA nütze jedoch niemandem.

Die Nachricht von Cohns Abgang sorgte an der Börse für Kursverluste

Ob es gelingt, die aufgeheizte Situation auf Dauer zu beruhigen, ist offen, denn innerhalb der US-Regierung gewinnen protektionistische Stimmen immer mehr an Einfluss. Am Dienstagabend hatte Gary Cohn, der oberste Wirtschaftsberater des Präsidenten, seinen Rücktritt angekündigt - er galt neben Trumps Schwiegersohn Jared Kushner als einer der wichtigsten Globalisierungs- und Freihandelsbefürworter im inneren Führungszirkel. Sein Abgang stärkt die Position von Wirtschaftsminister Wilbur Ross und Handelsberater Peter Navarro, den Trump gerade erst befördert hat. Navarro gilt als klarer Gegner multilateraler Handelsverträge und erbitterter Kritiker Chinas. Auch Deutschland hat er wiederholt vorgeworfen, den Wechselkurs des Euros zu manipulieren, um sich Vorteile im Handel zu erschleichen. Die Nachricht von Cohns Abgang und die Aussicht auf eine radikalere US-Wirtschaftspolitik sorgte an der New Yorker Börse zunächst für deutliche Kursverluste.

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, warnte, einen Handelskrieg könne niemand gewinnen. Sei die Spirale aus wechselseitigen Zöllen erst einmal in Gang gesetzt, wären die Folgen für die Weltwirtschaft gewaltig. Lagarde räumte aber zugleich ein, dass sie Trumps Ärger auch verstehe: Eine Reihe von Staaten, darunter China, halte sich nicht an die globalen Handelsregeln, so die IWF-Direktorin.

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SZ vom 08.03.2018/fie
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