Trotz Erleichterung über Griechenland-Wahl:Spanien muss Rekordzinsen für Anleihen zahlen

Sieben Prozent, dann wird es kritisch: Die Renditen für spanische Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit haben diesen Wert überschritten. Für das Land wird es schwer, sich günstig Geld zu leihen. Spaniens Finanzminister verlangt deshalb Unterstützung von der EZB. Die Entwicklung macht die Erleichterung über das Wahlergebnis in Griechenland wieder zunichte - und sorgt an den Finanzmärkten für Ernüchterung.

Die spanische Schuldenmisere hat die Erleichterung über die Wahlergebnisse in Griechenland schnell eingetrübt. Nach einer kurzen Erholungsphase stiegen die Risikoaufschläge für Staatspapiere der meisten Euroländer bereits am Montagvormittag wieder. Vor allem das Misstrauen der Investoren gegenüber den großen Sorgenkindern Italien und Spanien hat zuletzt deutlich zugelegt.

Die Rendite für spanische Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit kletterte um 0,25 Prozentpunkte bis auf 7,1 Prozent. Zinsen für zehnjährige Anleihen gelten als Indikator für die finanzielle Gesundheit eines Landes. Der spanische Wert hat nun den höchsten Stand seit Einführung des Euro erreicht - für Experten ein Alarmsignal. Denn Spanien kann sich nur noch zu sehr hohen Zinsen Geld an den Finanzmärkten leihen. Andere Euro-Krisenstaaten mussten ab diesem Niveau unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen.

Spaniens Finanzminister Cristóbal Montoro forderte die Europäische Zentralbank angesichts der Verschärfung zum Handeln auf. "Die EZB muss auf die Lage an den Märkten entschieden und zuverlässig reagieren", sagte der Minister am Montag in Madrid. Die spanische Wirtschaft befinde sich in einer kritischen und entscheidenden Phase. Die Madrider Regierung war davon ausgegangen, dass die Schuldenkrise nach der Griechenland-Wahl abflauen würde.

Vor knapp zehn Tagen erst hat Spanien Unterstützung zur Bankenrettung angefragt, nach wochenlangem Drängen der Euro-Partner. Bis zu 100 Milliarden Euro soll das Land nun aus dem Euro-Rettungsfonds bekommen und zwar - anders als etwa Griechenland - ohne fixe Auflagen zur Umsetzung eines Sparprogramms. Experten haben mehr Vertrauen in die Wirtschaftskraft Spaniens. Das Problem liege vielmehr bei den Banken, die Reformen und Entwicklung lähmen, sagen sie. Zudem kämpft die Regierung um Ministerpräsident Mariano Rajoy mit den Auswirkungen einer Immobilienblase, die vor vier Jahren platzte. Die Arbeitslosigkeit ist doppelt so hoch wie der Durchschnitt in der Europäischen Union.

Die 100-Milliarden-Euro-Hilfszahlung soll einem Bericht der Welt zufolge aus dem Rettungsfonds EFSF kommen - was einer Aufstockung des Euro-Rettungsschirms gleichkomme. Denn im März hatten die EU-Finanzminister vereinbart, dass künftige EFSF-Hilfen nicht mehr vom ESM abgezogen, sondern dazugerechnet werden sollen. Der Beschluss sah bislang eine kombinierte Gesamtkapazität von 700 Milliarden Euro vor.

Die negative Entwicklung am Anleihenmarkt hat sich auch auf die Börsen weltweit niedergeschlagen: In Asien und Europa reagierten die Märkte kurzzeitig positiv auf den Sieg der proeuropäischen Konservativen in Griechenland. Die Zahlen aus Spanien ließen die Gewinne aber schnell wieder schmelzen. Auch der spanische Aktienindex Ibex-35 sackte eine Stunde nach Handelsbeginn um ein Prozent im Vergleich zum Wert bei Börsenschluss am Freitag ab.

Ein weiteres Problem Spaniens liegt beim großen Anteil fauler Kredite, den die Banken im Portfolio haben - er ist im April auf den höchsten Stand seit 1994 gestiegen. Bei 8,7 Prozent der Kredite wurde ein Zahlungsverzug festgestellt, wie die spanische Notenbank am Montag mitteilte. Im Vormonat lag die Quote bei 8,4 Prozent. Damit werden nun Kredite mit einer Summe von 153 Milliarden Euro als notleidend eingestuft.

Analysten bezweifeln, dass sich die weltweite Unsicherheit bald legen wird, ihre Blicke richten sich nun auf die anderen Problemkandidaten im Währungsraum. So spitzt sich die Lage auch in Italien wieder zu: Nachdem die zehnjährigen Renditen Ende vergangener Woche deutlich nachgegeben hatten, stiegen sie am Montag wieder über die Schwelle von sechs Prozent. Auch Griechenland bereitet weiter Sorgen: Die Koalitionsverhandlungen in Athen könnten eine zähe Angelegenheit werden.

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