Früher war der Affe mal echt, und er war „Tagesschau“-Sprecher. Der Schimpanse Charly, Maskottchen des Textilherstellers Trigema aus dem baden-württembergischen Burladingen, schlüpft im Oktober in eine neue Rolle. Und zwar als „Influencer“ und animiert mit künstlicher Intelligenz, wie die Co-Geschäftsführerin Bonita Grupp sagt. Sie hatte im November 2023 mit ihrem Bruder Wolfgang Grupp junior das Unternehmen von Vater Wolfgang Grupp senior übernommen.
Der Affe, bekleidet mit Hemd, Krawatte und Brille, war seit Anfang der Neunzigerjahre kurz vor der ARD-„Tagesschau“ in Werbespots über die Bildschirme in deutschen Wohnzimmern geflimmert. Der Schimpanse schaltete aus dem fiktiven „Tagesschau“-Studio zum Trigema-Patriarchen Wolfgang Grupp, der dann, mit staatstragender Stimme, Sätze sagte wie: „Ich werde Verantwortung für Mitarbeiter und Umwelt übernehmen“ – während er an seinen Näherinnen in der Fabrik entlangstolzierte.

Tiere sind süß oder knuffig, mysteriös oder auch gefährlich, auf jeden Fall lösen sie beim Publikum Gefühle aus. Und weil Emotion die Währung der Werbetreibenden ist, nutzen sie schon seit Jahrzehnten Pferde oder Hunde, Katzen oder Rehe für Spots und Plakate. Milkas lila Kuh kennt jeder, von der Jägermeisterflasche röhrt seit jeher ein Hirsch, Edeka nutzt wahlweise Pandabären oder Faultiere in seinen Kampagnen. Tiere gehen immer – das gilt in der Werbebranche heute wie damals.
Trigema hatte für seine Spots mehr als zwei Jahrzehnte lang einen echten Schimpansen eingesetzt, der am Sprecherpult sitzend mit Nüssen im Mund Kaubewegungen machte, die mal mehr, mal weniger zum Gesagten passten. Worüber sich irgendwann immer mehr Tierwohlaktivisten empörten. Wegen deren Kritik strich Wolfgang Grupp senior 2014 Charly aus seinen Kampagnen und produzierte Werbefilme ohne ihn. Ein „Riesenfehler“, wie er später der Augsburger Allgemeinen verriet, also holte er Charly zurück, nun aber in animierter Form.

Mit dem Generationenwechsel hat sich bei Trigema einiges verändert. Bonita und Wolfgang Grupp junior spielen nicht so abgeklärt mit der Öffentlichkeit wie ihr Vater, die Rampensau, der auch mal große Kaufhauskettenchefs öffentlich als „Arschlöcher“ bezeichnete, die „versagt“ hätten. Der Junior wirkt in seinen Ansagen an die Belegschaft, die Trigema auf Youtube verbreitet, dagegen noch etwas steif und schüchtern.
Auch in der neuen Werbekampagne will sich das Geschwisterpaar nicht in den Vordergrund drängen. „Wir werden mehr Fokus auf den Affen legen“, sagt Bonita Grupp. Man werde Charly nicht mehr in seiner alten Rolle als „Tagesschau“-Sprecher sehen, „sondern als Fashion Influencer und Testimonial in verschiedensten Situationen“, sagt Bonita Grupp. Auf Bildern posiert der neue Schimpanse in Hoodie und lässiger Pose vor einem Basketballcourt. Es ist ein Spagat zwischen Tradition und Aufbruch, für Trigema selbst und seinen Affen.