Trend:Kleidung für Muslimas soll Modehändlern viel Geld bringen

Islamische Frauenkleidung - Kopftuch

Zahlungskräftig und modebewusst: Das macht für Kaufhäuser eine erstrebenswerte Zielgruppe aus.

(Foto: picture alliance / dpa)
  • Die traditionsreiche New Yorker Kaufhauskette Macy's kann wie viele Konkurrenten dringlich neuen Schwung brauchen.
  • Muslimas als neue Zielgruppe sollen das Geschäft beleben.
  • Auf die Einführung einer eigenen Kollektion reagieren Feministen und Rechte mit Kritik.

Von Kathrin Werner

Lisa Vogl war frustriert. 2011 konvertierte die amerikanische Modefotografin zum Islam - und fand plötzlich nichts mehr zum Anziehen. Kleidung, die den Vorstellungen ihrer neuen Religion entsprach, war entweder schwer zu bekommen oder zu teuer. Also startete sie ihren eigenen Onlinehandel für muslimische Kleidung und nannte ihn Verona Collection. Sie steckte ihre gesparten 7000 Dollar in das Start-up, eröffnete einen ersten Laden in Florida und verschickte schon bald an Kunden um die ganze Welt. Nun hat sie den großen Durchbruch geschafft.

Die traditionsreiche New Yorker Kaufhauskette Macy's hat sich eine neue Zielgruppe gesucht: junge, modebewusste Muslime - und arbeitet dafür mit Verona Collection zusammen. Ab dem heutigen Donnerstag nimmt Macy's die neue Kollektion ins Programm: Handgefärbte Kopftücher, hochgeschlossene Tuniken, weite Strickjacken und Hosen, knöchellange Röcke und sonstige "anständige" Kleidung für muslimische Frauen. Vogls Verona Collection war Teil eines Macy's-eigenen Entwicklungsprogramms, mit dem das Unternehmen Start-ups von Frauen und Minderheiten fördern und Zugang zum Massenmarkt geben - und natürlich selbst mit ihnen Geld verdienen will.

"Verona Collection ist mehr als eine Klamottenmarke", sagt Vogl. "Es ist eine Plattform, mit der eine Gemeinschaft von Frauen ihre Identität zum Ausdruck bringen kann." Geld jedenfalls ist reichlich vorhanden. Die Nachfrage nach speziell auf die Vorschriften des Islams ausgerichteter Kleidung steigt rasant. Im Jahr 2016 haben Muslime 254 Milliarden Dollar für Spezial-Mode ausgegeben, laut der Studie Global Islamic Economy des Marktforschers Thomson Reuters sollen es im Jahr 2022 schon 373 Milliarden Dollar sein. Wären die Muslime ein Land, wären sie der drittgrößte Markt für Bekleidung nach den USA und China. Es gibt 1,8 Milliarden Muslime auf der Welt, sie sind im Schnitt nur 24 Jahre alt, jünger als alle anderen Religionsgruppen.

Macy's folgt anderen Firmen, die die zahlungskräftige Kundschaft für sich entdeckt haben. Nike hat vor einem Jahr ein atmungsaktives Kopftuch für die sportliche Muslima vorgestellt. Die US-Klamottenkette American Eagle verkauft Kopftücher aus Jeansstoff und das New Yorker Modelabel DKNY hat schon 2014 eine gesamte Kollektion langer Kleider und Blusen für modebewusste, muslimische Frauen entworfen, die Ramadan Collection. Auch große internationale Häuser wie Uniqlo und H&M und Luxusmarken wie Dolce & Gabbana und Oscar de la Renta bemühen sich um religiöse Frauen. Es gab sogar schon eine Barbie mit Kopftuch, ihr Vorbild war Ibtihaj Muhammad, die US-Fechterin, die bei Olympia mit Kopftuch antrat. Es gibt etliche muslimische Modeblogger, die unter anderem im sozialen Netzwerk Instagram erfolgreich sind und zum Teil mehrere Millionen Anhänger haben.

Kritik von Feministen und Rechten

Macy's ist allerdings der erste große Händler der USA mit dem breitesten Angebot zu erschwinglichen Preisen zwischen 13 und 85 Dollar. Das Unternehmen bietet die Kopftücher und langen Kleider vorerst nur auf der Website an, liefern will es auch außerhalb der USA. Die größte Kaufhauskette des Landes kann frischen Schwung und neue Kunden gut gebrauchen. Wie fast alle alten Einzelhändler leidet das Traditionsunternehmen, das 1858 den ersten Laden in Manhattan eröffnete, unter Konkurrenz aus dem Internet, vor allem von Amazon. Der Umsatz schrumpft, Macy's schließt eine Filiale nach der anderen und versucht, mehr Geschäft über seine Website zu machen, bislang mit mäßigem Erfolg.

Obwohl Macy's mit dem Werben um die neue Kundschaft nicht allein ist, hat das Unternehmen nach der Ankündigung eine Menge Ärger bekommen - von einigen Feministinnen wie von Rechten. Beide Gruppen, sonst selten einer Meinung, kritisierten das Kopftuch als unterdrückerisch und beklagten, dass Macy's die Unterdrückung der Frau unterstütze, obwohl gleichzeitig in Iran Frauen unter großer Gefahr gegen den Kopftuchzwang protestieren. Es gab sogar etliche Boykottaufrufe. Macy's bekam allerdings auch viel Lob für die Entscheidung, insbesondere in einer Zeit, in der die Gewalt gegen Muslime und die Ausgrenzung in den USA zunimmt und der US-Präsident Menschen aus mehrheitlich muslimischen Ländern von der Einwanderung abhält. Die Modebloggerin Mohy Ali-Fehmy etwa lobte Macy's Versuch, niemanden auszugrenzen. "Anständige Mode hat Fuß gefasst."

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