Treffen zur Schuldenkrise:Merkel und Sarkozy beschließen: Nie wieder Krise!

Ihr wollt uns nicht folgen? Das ist uns doch egal. Kanzlerin Merkel und Frankreichs Staatspräsident Sarkozy verordnen Europa eine Therapie mit strenger Disziplin und harten Strafen. Dass sie dabei eigenen früheren Zielen widersprechen - geschenkt. Doch fatalerweise hat das Duo bei seinem Krisengespräch vor dem EU-Gipfel gar nicht alle Probleme gelöst.

Cerstin Gammelin, Paris

Schon rein protokollarisch lief alles perfekt. Der Himmel über Paris leuchtete tiefblau, als die dunkle Limousine der Bundeskanzlerin pünktlich zum verabredeten Mittagessen im Élysée vorfuhr. Die elegant in schwarz gekleidete Merkel eilte, ohne auch nur ein Wort an die wartende Presse zu verlieren, dem französischen Staatspräsidenten, ihrem Gastgeber entgegen. Küsschen auf die Wange, Hände schütteln, lächeln, dann ging's gemeinsam die Treppe hoch, dort verweilte das Paar kurz, schüttelte sich nochmals die Hände, lächelte - und verschwand hinter den Glastüren.

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Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy verkünden ihren neuen Plan für Europas Zukunft.

(Foto: AFP)

Wie harmonisch es drinnen weiterging, ist nicht direkt überliefert. Und es dauerte auch länger als vom Protokoll geplant, bis die beiden zwischen dunkelroten Samtvorhängen im prunkvollen Pressesaal wieder auftauchten; immerhin zwei Stunden. Doch was Merkel und Sarkozy dann verkündeten, klang zumindest wie ein Paukenschlag. Nie wieder Krise!

Getrieben von diesem Ziel, hatten die Unterhändler beider Seiten übers Wochenende überraschend gute Arbeit geleistet. Sarkozy, der als Gastgeber auch das erste Wort hatte, hielt sich nicht lange mit Vorreden auf. Jetzt oder nie werde ernst gemacht mit der Lösung der Schuldenkrise. "Wir sind absolut entschlossen!"

Und wenn die anderen 25 europäischen Länder nicht mitmachen wollten, voila, dann wäre das wohl bedauerlich, aber kein Hindernis. "Dann machen wir unter uns 17 Euro-Ländern einen Vertrag, und wer später dazukommen will, bitte sehr." An der Vertragsänderung führe kein Weg vorbei, schließlich sollen ja all jene, die sich nicht um die Schuldengrenze scheren, künftig automatisch für ihre Ignoranz bestraft werden.

"Automatische Sanktionen", heißt die Zauberformel, die Sarkozy dann vollmundig verkündet. Wer erinnert sich da noch an den Herbst 2010, an jenen Tag im Oktober, als Merkel und Sarkozy am Strand des mondänen Seebades Deauville spazierten und einen Deal schlossen, der ausgerechnet auf Wunsch des französischen Präsidenten automatische Sanktionen für Defizitsünder verteufelte. Merkel stimmte damals zu, unter der Bedingung, dass Sarkozy sein Einverständnis gebe, künftig private Gläubiger wie Banken und Versicherungen für die Kosten der Krise mit zahlen zu lassen.

Inklusive "Nie-wieder-Griechenland-Klausel"

Ein Jahr der Irrungen und Wirrungen später jedenfalls sind die automatischen Sanktionen nicht nur wieder en vogue, sie sollen jetzt sogar in den Verträgen verankert werden. Und auch Merkel hat inzwischen eingesehen, dass das mit der Beteiligung privater Gläubiger zwar gerecht klingt, aber nicht so richtig machbar ist.

Jedenfalls soll der permanente Euro-Rettungsfonds ESM, der Ende 2012 den bestehenden Rettungsfonds EFSF ablösen soll, nun mit einer "Nie-wieder-Griechenland-Klausel" ausgestattet werden. Mit anderen Worten, es soll nie wieder in einem Euro-Land einen Schuldenschnitt wie in Griechenland geben, wo die Anleger auf die Hälfte des Nennwertes ihrer griechischen Staatsanleihen verzichten mussten. Frankreich, Italien und Spanien hatten in den vergangenen Tagen den Druck auf Deutschland erhöht, diese Klausel explizit festzuschreiben. Merkel lenkte schließlich ein. Es sei ja nicht sinnvoll, dass europäische Anleihen risikoreicher seien als andere Anleihen, räumte sie ein.

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