Treffen der G-20-Staaten:Gipfel der Widersprüche

Nach der Krise müssten die G-20-Staaten Einiges regeln. Doch sie machen es nicht. Die Deutschen bleiben bei ihrer harten Linie - und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy läuft die Zeit weg.

Michael Kläsgen

Es ist ein Gipfel der Widersprüchlichkeiten, das G-20-Treffen in Paris an diesem Wochenende. Die 20 wichtigsten Wirtschaftsnationen der Welt wollen und müssen handeln, um künftige Krisen zu vermeiden. Das wissen sie, sie tun es aber nicht.

France's President Sarkozy speaks during a news conference at the Elysee Palace in Paris

Nicolas Sarkozy hat sich mit seinen ambitionierten Zielen womöglich keinen Gefallen getan.

(Foto: REUTERS)

Weil dies schon vor dem Gipfel feststand, dämpfte Frankreichs Wirtschafs- und Finanzministerin Christine Lagarde die Erwartungen. Es sei "kein Drama", sagte sie, wenn das Treffen kein nennenswertes Ergebnis hervorbringe.

Dabei wissen die angereisten Finanzminister und Notenbankchefs auch, dass es der ideale Zeitpunkt zum Handeln wäre. Frankreichs Präsidentenberater bedrängen die Delegationen deshalb sanft, aber bestimmt, sich dies zu vergegenwärtigen. Die Brandherde der jüngsten Weltwirtschaftkrise sind gelöscht. Jetzt könnte man geordnet an den Wiederaufbau des Hauses Weltwirtschaft gehen.

Die Finanzminister und Notenbankchefs der G 20 kommen am Freitag und Samstag in Paris zu Beratungen unter anderem über den Abbau der Ungleichgewichte zusammen. Zu den wesentlichen Themen des Treffens unter französischem G-20-Vorsitz gehören ein neues Weltwährungssystem sowie die Explosion bei Rohstoff- und Nahrungsmittelpreisen.

Doch leider ist mit dem Ende der Krise auch der Druck zum Handeln weg. Frankreich geht pragmatisch vor und sucht den kleinsten gemeinsamen Nenner: Wie entstehen Ungleichgewichte in der Weltwirtschaft? So lautet die Frage, die die 20 Staaten beantworten sollen, indem sie Indikatoren definieren.

Deutschland will nicht als Sündenbock dastehen

Frankreich hat in Absprache mit Deutschland fünf Kriterien vorgeschlagen: Leistungsbilanzsalden, Verfassung der Staatshaushalte, Währungsreserven, Entwicklung der realen Wechselkurse sowie die private Sparquote in den einzelnen Ländern.

Doch bis Freitag herrschte weder Einigkeit über diesen Katalog noch über die Frage, was zu tun sei, wenn ein Land Auffälligkeiten bei einem oder mehreren Indikatoren aufweist, geschweige denn darüber, wie diese einheitlich gemessen werden sollen.

Deutschland zum Beispiel machte klar, dass es nicht zum Sündenbock gestempelt werden wolle, weil es hohe Exportüberschüsse erzielt. Die Bundesregierung werde keine bezifferten Vorgaben für seinen Export hinnehmen, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor seiner Abreise nach Paris. So hat jedes Land seine Marschrichtung.

Greifbare Ergebnisse sind unwahrscheinlich

China will nicht wegen seiner Währungspolitik an den Pranger gestellt werden. Wie und wann China den Yuan aufwerte, entscheide das Land selbst, erklärte die chinesische Delegation, kaum war sie in Paris angekommen. Dabei steht für alle anderen Teilnehmer fest, dass sich die Volksrepublik mit der künstlichen Unterbewertung des Yuan unfaire Wettbewerbsvorteile verschafft.

Die USA wiederum wollen sich nicht in ihre exorbitante Staatsverschuldung hineinreden lassen. So hakt es schon bei der vergleichsweise simplen Definition der Indikatoren. Fraglich bleibt, wie sich die G-20-Staaten da auf konkrete Maßnahmen wie das Eindämmen der Preisschwankungen für Nahrungsmittel und Rohstoffe einigen wollen.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy pochte zwar darauf, dass die G 20 greifbare Ergebnisse vorlegen müssten, um ihre regelmäßigen Treffen zu legitimieren. Doch es ist unwahrscheinlich dass dies bis November geschieht, wenn Frankreichs G-20-Vorsitz endet. Im Frühjahr 2012 wird dann in Frankreich ein neuer Präsident gewählt. Möglich, dass Sarkozy sich mit seinen ambitionierten Zielen keinen Gefallen tat.

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