Treffen der EU-Finanzminister:Verhandlungen über Regeln für Krisenbanken sind geplatzt

Nach fast 20 Stunden Marathonsitzung gehen die Finanzminister der 27 EU-Länder ohne Einigung auseinander. Es war ihnen nicht möglich gemeinsame Regeln zur Bankenabwicklung zu vereinbaren. Besonders zwischen Deutschland und Frankreich soll es zu Streit gekommen sein.

Die EU-Finanzminister sind 19 Stunden nach Beginn ihrer Beratungen über die künftigen Regeln zur Bankenabwicklung in der Europäischen Union ohne Einigung auseinander gegangen. "Uns ist die Zeit ausgegangen, das ist ein sehr kompliziertes Thema", sagte der irische Finanzminister Michael Noonan als Vertreter der EU-Ratspräsidentschaft am frühen Samstagmorgen in Luxemburg. Die Minister wollen am Mittwoch einen erneuten Versuch unternehmen, sich auf die Bestimmungen für Bankenpleiten zu einigen.

Der federführende EU-Kommissar Michel Barnier nannte es "schwierig", die Positionen der einzelnen Staaten auf einen Nenner zu bringen. "Wir haben intensiv gearbeitet, wir kommen gut voran", bilanzierte dagegen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). "Ich glaube, nächste Woche werden wir insgesamt ein gutes Ergebnis zustande bringen."

Die Minister hatten ihr Treffen am Freitagmorgen begonnen und die Diskussionen mehrfach unterbrochen, um in kleinen Gruppen weiter zu beraten. Die Richtlinie zur Bankenabwicklung ist eine wichtige Säule für die europäische Bankenunion, mit der verhindert werden soll, dass die Schieflage maroder Finanzinstitute etwa wie in Irland, Spanien und Zypern auch Staaten in Schwierigkeiten bringt.

Besonders knifflig ist laut EU-Diplomaten, die für alle 27 EU-Mitgliedstaaten geltende Richtlinie mit den Bestimmungen des ESM-Rettungsfonds der Eurozone zu verbinden. Der ESM soll angeschlagenen Banken aus der Eurozone bald direkte Finanzhilfe geben können.

Die Interessen zwischen den Euro-Mitgliedern und den Nicht-Euro-Ländern seien sehr unterschiedlich, sagte Schäuble. "Die Regelung muss einheitlich sein und darf nicht zur Wettbewerbsverzerrung für einzelne Banken führen." Andererseits seien die Nicht-Euro-Länder in der "Nutzung ihrer nationalen Möglichkeiten freier" als die Euro-Länder, für die "die Regeln sehr viel enger sind".

Zwischen Deutschland und Frankreich gab es Streit

Zu dem Regelwerk gehört etwa, dass nationale Abwicklungsfonds aus Beiträgen der Finanzbranche aufgebaut werden. Zweiter wichtiger Bestandteil ist die sogenannte Haftungshierarchie, die festlegt, in welcher Reihenfolge und in welchem Umfang bei Bankenpleiten Inhaber, Gläubiger und auch Sparer an den Kosten beteiligt werden. Sparer mit Guthaben unter 100.000 Euro sollen davon ausgenommen werden, bei Bankenpleiten zur Kasse gebeten zu werden.

Durch die Haftungshierarchie soll vermieden werden, dass wie im Fall der Beinahe-Pleite Zyperns Konfusion darüber herrscht, ob und welche Investoren zur Kasse gebeten werden, wenn eine Bank in Schieflage gerät. Zudem soll in Zukunft nicht mehr der Steuerzahler für Bankenpleiten geradestehen.

EU-Diplomaten zufolge gab es zwischen Deutschland und Frankreich Streit darüber, wie viel Spielraum den Staaten bei der Anwendung der Regeln eingeräumt werden soll. Deutschland fordert - unterstützt von Finnland und den Niederlanden - besonders strikte Bestimmungen. Frankreich und auch Großbritannien setzen sich für nationale Entscheidungsfreiheiten ein.

Die Verhandlungen sollen nun am Mittwoch einen Tag vor dem EU-Gipfel wieder aufgenommen werden. "Wir sind einer Einigung nahe", zeigte sich der französische Finanzminister Pierre Moscovici zuversichtlich. Die Minister hätten "90 Prozent des Weges" bis zu einer Einigung hinter sich gebracht, es seien "nur noch sehr wenige Punkte zu klären".

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