Süddeutsche Zeitung

Proteste der Bauern:"Die Stimmung ist aufgeheizt"

Die Landwirte wollen wieder demonstrieren. Was sie so wütend macht, sagt Dirk Andresen, Sprecher der neuen Bauernbewegung "Land schafft Verbindung".

Interview von Michael Bauchmüller, Berlin

Am Freitag sollen wieder Trecker rollen, aus Protest gegen schärfere Umweltstandards. Dahinter steht eine neue Bewegung: "Land schafft Verbindung". Am Ende gehe es um einen Kampf Stadt gegen Land, sagt ihr Sprecher Dirk Andresen.

SZ: Herr Andresen, wie geht es Ihrem Hof?

Dirk Andresen: Ich bin nicht in den roten Zahlen. Ich habe 2500 Mastschweine und 160 Hektar Land. Aber ich bin betroffen von den Anforderungen beim Tierschutz, Insektenschutz und was auch immer. Mittelfristig sehe ich eigentlich keine Perspektive mehr, dass mein Sohn den Betrieb übernehmen kann.

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Warum?

Da werden gerade reihenweise politische Vorgaben geschaffen, die uns vielleicht ökologisch helfen, aber ökonomisch belasten. Das ist aus meiner Sicht keine soziale Marktwirtschaft mehr. Da wird Politik ideologisiert. Mit der Folge, dass wir nicht mehr wirtschaften können.

Vielleicht auch, weil Jahrzehnte intensiver Landwirtschaft die Umwelt zu stark strapaziert haben?

Keiner von uns Bauern will der Umwelt schaden. Wir könnten ohne Umwelt gar nicht existieren. Ohne Tierschutz würden unsere Tiere ja verrecken. Aber das, was wir tun und lassen, muss auch zu ökonomischem Erfolg führen. Stattdessen wird von der Politik so getan, als würden wir das Trinkwasser vergiften. Ich kenne Stadtwerker in Schleswig-Holstein, die sagen mir: Unser Trinkwasser ist das beste der Welt.

Anderswo klagen Wasserwerke, dass sie teuer das Wasser reinigen müssen.

Die Frage ist, ob das stimmt. Wir haben Zweifel. Teilweise stammen die Messwerte von 2008. Und was die bisherigen Verschärfungen der Düngeverordnung gebracht haben, lässt sich noch gar nicht feststellen. Trotzdem wird sie noch einmal so verschärft, dass uns 20 Prozent der Umsätze wegbrechen. Ohne Kompensation werden viele Betriebe verschwinden.

Sie wollen Geld dafür, dass Sie weniger Gülle auf die Felder kippen?

Ich würde das anders sagen: Wenn wir nachhaltige, regionale Landwirtschaft haben wollen, dann geht das nicht ohne finanziellen Ausgleich. Dann brauchen wir mehr Mittel auch über die Agrarsubventionen der EU. Aber dafür brauchen wir einen gesellschaftlichen Konsens. Am Ende wird das ein Kampf Stadt gegen Land.

Was meinen Sie damit?

Ganz einfach: Wir brauchen in Deutschland jeden Tag 160 000 Schweine und 1,5 Millionen Hühner. Wir versorgen vor allem die Städte, übrigens auch mit Strom aus Windrädern oder Biogasanlagen. Aber den ländlichen Raum lässt man hängen. Darum geht es uns.

Die Debatte wird sehr polemisch geführt, auch in sozialen Netzwerken. Eskaliert da gerade ein Streit?

Richtig, die Stimmung ist so aufgeheizt wie lange nicht. Vor allem aber haben sich die Bauern solidarisiert. Wir stehen geschlossen zusammen, und das ist eine neue Qualität.

Neulich haben sie geschlossen der Umweltministerin den Rücken gezeigt, als die zu den Bauern reden wollte.

Das war nicht klug. Davon distanziere ich mich, auch wenn ich den Ärger der Bauern verstehen kann. Aber so kommt kein Dialog zustande. Leider erlebt man das immer wieder, dass die Dialogbereitschaft nicht groß ist, auf beiden Seiten. Da müssen wir raus.

Der Frühling ist nicht mehr weit, bald müssen die Bauern wieder aufs Feld. Ebbt dann der Trecker-Protest ab?

Nein, ganz sicher nicht. Der politische Druck wird eher noch wachsen. Und für die meisten von uns geht es um viel. Wir wollen nämlich gern Bauern bleiben.

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Quelle:
SZ vom 17.01.2020
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