Süddeutsche Zeitung

Transparency International:Berlin tut zu wenig gegen Korruption

  • Deutschland rutscht im Index, mit dem Transparency International die Wahrnehmung von Korruption misst, auf Platz zwölf ab und verschlechtert sich damit um zwei Plätze.
  • Schuld daran ist auch die Bundesregierung, kritisiert die internationale Organisation.

Die Bundesregierung tut nach Einschätzung von Transparency International zu wenig im Kampf gegen Korruption. In dem am Mittwoch vorgelegten Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) der Organisation rangiert Deutschland auf dem Niveau des Vorjahres, rutscht aber dennoch um zwei Plätze auf den zwölften Rang hinter Luxemburg und Großbritannien zurück. "Wer nur verwaltet und keine neuen Initiativen ergreift, läuft Gefahr, international abgehängt zu werden", sagte die Vorsitzende von Transparency Deutschland, Edda Müller, in Berlin.

Der Index misst die in Politik und Verwaltung wahrgenommene Korruption auf der Grundlage von Expertenbefragungen. Die Skala reicht von Null (hohes Maß an Korruption) bis 100 (keine wahrgenommene Korruption). In diesem Jahr wurden insgesamt 180 Länder und Territorien untersucht. Insbesondere Länder mit einem niedrigen Schutz für Presse und Nichtregierungsorganisationen wiesen tendenziell ein hohes Korruptionsniveau auf, teilte Transparency mit.

International an der Spitze mit der geringsten Korruptionsrate stehen Neuseeland (89 Punkte), Dänemark (88) und Finnland (85). Deutschland erreicht 81 Punkte. Auf den letzten Plätzen rangieren Syrien (14 Punkte), der Südsudan (12) und Somalia (9). Mehrere Staaten wie Senegal und Elfenbeinküste, aber auch Großbritannien, konnten in den vergangenen sechs Jahren ihre Punktzahl verbessern, während sich Länder wie Syrien und Jemen, aber auch Australien, verschlechterten.

Mehr als zwei Drittel der Länder weisen ein hohes Korruptionsniveau auf

Insgesamt erzielt die Mehrheit der Staaten Transparency International zufolge keine oder zu wenig Fortschritte im Kampf gegen Korruption. In mehr als zwei Dritteln der untersuchten Länder wurde ein hohes Korruptionsniveau von unter 50 Punkten festgestellt, der Durchschnitt liegt bei 43 Punkten. Das in die EU strebende Montenegro (46 Punkte) schneidet besser ab als das EU-Land Ungarn (45), das in sechs Jahren zehn Punkte einbüßte.

Es sei etwas ironisch, dass die EU zu Montenegro sage, es könne nicht in die EU, da es zu korrupt sei, und zugleich habe man ein Mitglied wie Ungarn, sagte der Direktor von Transparency International in Brüssel, Carl Dolan, zu Reuters. Ungarns "steiler Rückgang" hänge mit dem Griff von Ministerpräsident Viktor Orban in Richtung Justiz, Medien und anderen Institutionen des Landes zusammen. Die durchschnittliche Punktzahl für EU- und westeuropäische Länder liegt bei etwa 66 Punkten. Die EU-Kommission hatte in der vergangenen Woche Montenegro und fünf weitere Westbalkanstaaten dazu aufgefordert, vor einem Beitritt die Bedingungen der EU zu erfüllen und mehr gegen Korruption im Land zu tun.

Für Deutschland betonte Müller, dass beim Lobbyismus Handlungsbedarf bestehe. "Es ist bedauerlich, dass im Koalitionsvertrag nichts zum Thema Lobbyregulierung steht", sagte sie. Notwendig seien unter anderem ein verpflichtendes Lobbyregister und erweiterte Offenlegungspflichten für Interessenkonflikte. Auch eine Verschärfung der Regeln zur Parteienfinanzierung sei überfällig.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3878047
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 22.02.2018 / Reuters/ankl
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.