Traditionsunternehmen:Aufsichtsrat beschließt Aufspaltung von Thyssenkrupp

Thyssenkrupp-Zentrale in Essen

Thyssenkrupp soll in zwei unabhängige Unternehmen zerteilt werden.

(Foto: AFP)
  • Thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff will den Traditionskonzern in zwei unabhängige Unternehmen zerteilen.
  • Am Sonntag hat der Aufsichtsrat diesen Plan einstimmig beschlossen.
  • Kerkhoff soll dauerhaft Vorstandschef bleiben, er erhält einen Fünfjahresvertrag.

Von Benedikt Müller, Düsseldorf

Guido Kerkhoff hat lange auf diesen Sonntag hingearbeitet. Der Finanzfachmann, der im Juli zunächst nur für den Übergang an die Spitze von Thyssenkrupp gerückt ist, hat einen radikalen Vorschlag gemacht: Er will den Traditionskonzern in zwei unabhängige Unternehmen zerteilen. Demnach sollen die technologiegetriebenen Sparten rund um Aufzüge, Autoteile und den Anlagenbau in eine "Thyssenkrupp Industrials AG" ausgelagert werden; die werkstoffnahen Geschäfte um Stahlwerke, Stahlhandel und Schiffbau in einer "Thyssenkrupp Materials AG" verbleiben. Am Sonntag hat der Aufsichtsrat diesen Plan einstimmig beschlossen. Kerkhoff soll dauerhaft Vorstandschef bleiben, er erhält einen Fünfjahresvertrag.

Zu den wichtigsten Akteuren zählt erstens die Krupp-Stiftung, der etwa 21 Prozent der Thyssenkrupp-Aktien gehören. Die Stiftung soll auch künftig Ankeraktionärin der beiden Thyssenkrupp-Unternehmen werden, die ihren Sitz in Essen haben sollen. Zum Zweiten hat die Investmentfirma Cevian, die etwa 18 Prozent der Aktien hält, ihre Unterstützung signalisiert. Seitdem das schwedische Unternehmen vor fünf Jahren bei Thyssenkrupp einstieg, kritisierte es mehrmals öffentlich, dass der Mischkonzern viel zu komplex aufgestellt sei und die einzelnen Sparten ihr wahres Potenzial nicht ausschöpfen könnten. Und zum Dritten signalisierten die Arbeitnehmervertreter, dass sie mit der Zweiteilung leben könnten, wenn auch unter bestimmten Bedingungen. In einem Schreiben an die Mitglieder heißt es am Sonntag: "Im Rahmen der Teilung" seien betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen, und zwar in beiden Unternehmen. Dies sei Teil einer Grundlagenvereinbarung mit Thyssenkrupp. "Die Mitbestimmung ist garantiert und begleitet den gesamten Prozess sorgfältig, vor allem in Hinblick auf die Investitions- und Personalplanung. Ziel ist die langfristige Sicherung von Beschäftigung und Standorten." Und weiter: "Die finanzielle Tragfähigkeit beider Unternehmen ist zu gewährleisten und durch Wirtschaftsprüfergutachten zu belegen." In beiden Unternehmen würden alle bestehenden tariflichen und betrieblichen Regelungen fortgeführt. "Der Ausverkauf ist damit vom Tisch", sagte Knut Giesler, Chef der IG Metall Nordrhein-Westfalen. Letztlich müssen die Aktionäre in einer Hauptversammlung über die Aufspaltung entscheiden - voraussichtlich erst im Jahr 2020.

Im Aufsichtsrat halten die zehn Arbeitnehmervertreter derzeit eine ungewöhnliche Mehrheit. Dem Gremium der Kapitalseite gehören nur acht Vertreter an. Denn der langjährige Chefkontrolleur Ulrich Lehner ist im Juli zurückgetreten, weil er den Rückhalt großer Aktionäre vermisste. Danach hat auch der frühere Telekom-Chef René Obermann seinen Aufsichtsratsposten abgegeben. Seitdem hat IG Metall-Sekretär Markus Grolms, ein ausgebildeter Konfliktberater, die unterschiedlichen Interessen der Aufsichtsräte moderiert. An die Spitze des Gremiums rückt nun Bernhard Pellens. Der 62-jährige BWL-Professor gehört dem Aufsichtsrat seit 13 Jahren an. Thyssenkrupp sucht nun noch zwei Aufsichtsräte und einen Finanzvorstand.

Kurz vor dem Abgang von Ulrich Lehner war auch der langjährige Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger zurückgetreten. Beide hatten stets dafür gekämpft, dass die vielversprechenden Geschäfte um Aufzüge, Autoteile und Anlagen unter dem Dach eines integrierten Thyssenkrupp-Konzerns verbleiben sollten. Nun liegt ein ganz anderer Plan vor. Und das Vorstandstrio um Guido Kerkhoff steht auch in Zukunft zur Verfügung - für eines der beiden Thyssenkrupp-Unternehmen.

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