Tourismus:Warum das Rührei im Hotel nicht besser wird

Tourismus: Auch die Eierspeise vom Frühstücksbuffet kann schon mal in der negativen Hotelbewertung landen, wenn es dem Gast nicht geschmeckt hat.

Auch die Eierspeise vom Frühstücksbuffet kann schon mal in der negativen Hotelbewertung landen, wenn es dem Gast nicht geschmeckt hat.

(Foto: IMAGO/Panthermedia)

Immer mehr Hoteliers antworten auf Kundenbewertungen per künstlicher Intelligenz. Das verrät mehr über die Branche, als man denkt.

Von Lea Hampel

Ein Orangensaft extra, ein Upgrade beim nächsten Buchen - solche Angebote stehen seit einigen Jahren oft auf einem Schild auf der Hoteltheke, versehen mit der Bitte "Bewerten Sie uns doch noch bei ...". Ein wichtiger, weil geschäftsentscheidender Wunsch, der viele Hoteliers gleichzeitig in den Wahnsinn treibt. Drei Sterne hier, ein Motzanfall dort, ein unvorteilhaftes Foto der Lobby, der Kunde ist ein harter Richter. Doch Marken- und Werbefachleute raten einhellig, stets und schnell zu reagieren.

Immer mehr Hoteliers nutzen nun eine auf künstlicher Intelligenz basierende Software namens Mara. Das Programm wurde mit vorhandenen Antworten auf Kundenbewertungen gefüttert. Schreibt jemand eine Bewertung, schlägt es eine automatische Antwort vor, lernt aber auch aus den Änderungen, die der Hotelmitarbeiter vornimmt, bevor er die Antwort veröffentlicht. In den fast drei Jahren seit der Firmengründung war die Software unter anderem für Produktbewertungen im Einsatz. Doch was für Waschmittel und Gesichtscreme gut war, kann offenbar fürs Luxushotel nicht schlecht sein. Auf jeden Fall nutzen unter anderem Häuser der Ketten Steigenberger und Westin das Programm. Es sei in der Testphase so gut angekommen, erzählt einer der Gründer, dass man direkt in den Verkauf übergegangen sei. 100 Antworten pro Monat etwa kosten 30 Euro.

Natürlich liegen die Vorteile auf der Hand: Antworten seien garantiert ohne Tippfehler und "3 x schneller", wirbt die Firma (derzeit sind es im Durchschnitt sechs Minuten), man könne in den unterschiedlichsten Sprachen Feedback geben, schaffe mehr Reaktionen und habe so einen besseren Ruf im Internet, der ja heute bekanntlich der wichtigste ist.

Nun ist aber der Sinn von Kundenbewertungen ja eigentlich, dass man sich mit einem persönlichen Eindruck über Details beschweren oder, auch das soll geschehen: erfreuen kann - das Rührei zu trocken, die Matratze zu hart, der Duschstrahl zu weich oder eben "supernettes Personal, Zwinkersmiley". Was Menschen glücklich oder unglücklich macht, ist ja individuell. Im besten Fall sind solche Kommentare konstruktiv und beim Sender wie Empfänger verbunden mit dem Wunsch, Dinge zum Besseren zu verändern.

Der Sinn von Bewertungen sind Bewertungen

Für die Hotelbranche im Speziellen und den Gast im Allgemeinen aber lernt man gleich mehrere Dinge aus dem Erfolg des Programms: Wer hofft, dank zwei beleidigten Sternen beim nächsten Mal Rührei in einer anderen Konsistenz oder eine kräftige Dusche vorzufinden, irrt. Der Sinn von Bewertungen sind Bewertungen, möglichst viele, tendenziell eher gut als schlecht, im Idealfall mit einer Antwort. Zweitens: Der Kunde an sich ist nicht so individuell, wie er gern denkt. Im Gespräch mit den Gründern stellt sich heraus, dass die Software vor allem dafür genutzt wird, unterschiedlich formulierte Antworten auf immer wieder dieselben Bewertungen zu geben. Drittens kommt es aber auf die tatsächliche Einzigartigkeit des Kunden gar nicht an - wichtiger ist, wie einzigartig er sich fühlt.

Oder wie der Nutzerbericht eines Generaldirektors der Halbersbacher Hospitality auf der Mara-Website so schön lautet: "Mit einem Mausklick kann ich individuelle Antworten auf Bewertungen in jeder Sprache erstellen. Das spart so viel Zeit und die Gäste fühlen sich mehr wertgeschätzt." Die eigentliche Frage aber lautet, was es über einen Hotelier aussagt, wenn eine KI schneller ein Gefühl für den Kunden bekommt als er.

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