Managerbezüge:So will die SPD Top-Managern die Gehälter kürzen

Managerbezüge: Einer Studie zufolge verdienen Vorstände von Dax-Unternehmen im Mittel etwa 57 Mal so viel wie ein durchschnittlicher Beschäftigter ihrer Firma.

Einer Studie zufolge verdienen Vorstände von Dax-Unternehmen im Mittel etwa 57 Mal so viel wie ein durchschnittlicher Beschäftigter ihrer Firma.

(Foto: imago stock&people)

Dax-Vorstände verdienen durchschnittlich 57 Mal so viel wie ein normaler Beschäftigter, so eine Studie. Doch gegen ein Gesetz, das die Gehälter begrenzen soll, gibt es großen Widerstand.

Von Michael Bauchmüller, Caspar Busse, Max Hägler, Hans von der Hagen und Dieter Sürig

Dieter Zetsche dürfte den SPD-Politikern kaum behagen: 7,6 Millionen Euro hat der Daimler-Vorstandsvorsitzende im Jahr 2016 verdient, dank fällig gewordener Aktienoptionen flossen faktisch sogar 13,8 Millionen Euro auf sein Konto; einer der vorderen Plätze unter den Dax-Chefs. Erfolgreiche Arbeit hin oder her: Die Sozialdemokraten halten solche Gehälter für unangemessen - und wollen sie nun begrenzen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was hat die SPD vor?

Gehälter von Managern sind ein dankbares Wahlkampfthema - zumal für eine Partei, die sich wieder als Hort sozialer Gerechtigkeit verkaufen will. Was Manager so verdienen, habe sich "im Zuge der zunehmenden Kapitalmarktorientierung (...) immer stärker von der allgemeinen Einkommensentwicklung abgekoppelt", schreibt die SPD-Fraktion. Wenn aber Vorstände ein Zigfaches ihrer Beschäftigten verdienten, gefährde dies die Akzeptanz der sozialen Marktwirtschaft. Deshalb müsse ein Gesetz die Managergehälter begrenzen.

Wie soll das funktionieren?

Die Sozialdemokraten wollen an mehreren Stellen einschreiten. So soll das Aktiengesetz den Vorstand nicht länger nur auf die Leitung eines Unternehmens verpflichten, sondern auch auf das "Wohl" des Unternehmens, seiner Beschäftigten und Aktionäre, ja selbst auf das "Wohl der Allgemeinheit". Der Gummiparagraf, der bisher die Vergütung regelt (sie soll "die übliche Vergütung nicht ohne besondere Gründe übersteigen") soll auch eine neue Höchstgrenze vorsehen, die sich aus dem Verhältnis zwischen Vorstandsbezügen und Durchschnittsgehalt ergeben soll.

Festlegen sollen diese Höchstgrenze Aufsichtsrat und Hauptversammlung. Vor allem aber sollen die Bezüge von Vorständen nur noch begrenzt als gewinnmindernd durchgehen und so die Steuerlast verringern. Jenseits von 500 000 Euro im Jahr ließe sich das Vorstandsgehalt dann nicht mehr als "Betriebsausgabe" von der Steuer absetzen. "Um die Gehälter zu begrenzen, ist das ein gangbarer Weg", sagt der Berliner Unternehmensrechtler Gregor Bachmann.

Das gleiche gilt für das Geld, das Unternehmen in die Altersvorsorge ihrer Vorstände stecken, sofern es auf eine jährliche Rente von mehr als 76 200 Euro hinausläuft. Das ist die derzeit gültige Beitragsbemessungsgrenze für die Rentenversicherung in Westdeutschland. Auch darüber liegende Ruhebezüge sollen sich nicht mehr als Betriebsausgaben deklarieren lassen.

Beeindruckt das die Unternehmen?

Verboten wären hohe Managergehälter auch in Zukunft nicht. Selbst die "Höchstgrenze" bleibt ein schwammiger Begriff. Aber die steuerlichen Folgen könnten die Aktionäre hellhörig machen: Schließlich macht das Unternehmen weniger Gewinn, wenn es neben teuren Vorstandsgehältern mehr Steuern zahlen muss.

Was ist mit Spitzengehältern, wie sie etwa im Fußball verdient werden?

Gute Fußballer, aber auch erfolgreiche Künstler etwas aus den Bereichen Musik oder Film, bekommen teilweise ein Vielfaches von Managern. Sie sind von dem Vorstoß zunächst nicht betroffen. Auch die teilweise hohen Gehälter von Sportmanagern fallen nicht darunter, da viele Fußballvereine keine börsennotierten Aktiengesellschaften sind - in Deutschland ist nur Borussia Dortmund an der Börse.

Die Union befindet sich in einem Dilemma

Verdienen Top-Leute wirklich so viel?

Die Gehälter deutscher Manager sind hoch, aber nicht so hoch wie etwa in den USA oder in Großbritannien. Seit Jahren müssen die Gehälter der Topmanager in deutschen Konzernen offen gelegt werden. Der Vorstand eines Dax-Konzerns erhält im Durchschnitt Gesamtbezüge von etwa sechs Millionen Euro im Jahr, allerdings gibt es auch große Unterschiede. VW-Chef Martin Winterkorn bekam mal teilweise mehr als 17 Millionen Euro im Jahr. Nach einer Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung haben 2014 Vorstände von Dax-Unternehmen im Mittel etwa 57-mal so viel wie ein durchschnittlicher Beschäftigter ihrer Firma erhalten.

Was sagt die Union dazu?

Sie befindet sich durch den Vorstoß in einem Dilemma. Einerseits gibt es auch bei CDU und CSU durchaus Offenheit für Instrumente, mit denen sich Gehaltsexzesse begrenzen lassen. Andererseits verstößt das einsame Vorpreschen der SPD gegen die guten Sitten in der Koalition und wäre insofern abzulehnen. Das käme auch Teilen des Wirtschaftsflügels entgegen, denen derlei Eingriffe ins unternehmerische Tun zuwider sind. Nur: Stellt sich die Union gegen den Vorstoß, dann spielt das dem designierten SPD-Kandidaten Martin Schulz in die Hände. Die Taktik mit der Gerechtigkeit ginge voll auf. Viel spricht also dafür, dass die Koalition die Debatte vertagt.

Was sagen die Unternehmen?

Viele Manager sehen eine gesetzliche Regelung skeptisch. Diese sei "fundamental falsch", sagt Thomas Ebeling, Vorstandschef des Fernsehunternehmens Pro Sieben Sat 1. Die Wettbewerbsfähigkeit würde eingeschränkt, gute Manager wanderten ins Ausland ab. "Für viele Branchen ist das fatal", sagte Ebeling. Auch die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) findet eine gesetzliche Regelung nicht sinnvoll, plädiert aber für eine Obergrenze. Andere setzen sich für schärfe Regeln für die Gewährung von Boni ein, etwa Allianz-Deutschland-Chef Manfred Knof.

Bei Volkswagen entscheidet der Aufsichtsrat an diesem Freitag über ein neues Vorstandsvergütungssystem. Die 500 000 Euro werden dabei deutlich übertroffen: Der Gehaltsdeckel wird wohl bei zehn Millionen Euro für den Vorstandsvorsitzenden liegen. Die anderen Vorstände liegen darunter. Berechnungsgrundlage ist künftig auch die Entwicklung des Unternehmens in der Zukunft: Ein Teil der Boni wird erst nach einigen Jahren in Abhängigkeit vom Aktienkurs ausgezahlt. Allerdings gibt es im Unternehmen, vor allem im Aufsichtsrat, unterschiedlichste Meinungen zu dem Thema: SPD-Mann Stephan Weil wird hier mehr Beschränkung fordern als vielleicht mancher aus den Eigentümerfamilien.

Wandern jetzt die Besten aus?

Wandern jetzt die Besten aus? Das gehört zu den Lieblingsargumenten der Wirtschaft, lässt sich aber empirisch kaum belegen. Zumal selbst das "Gesetz zur Beschränkung unangemessener Managergehälter" letztere eben nicht beschränken würde, sondern nur weniger attraktiv macht. Damit taugt es aber womöglich als Argument für Gehaltsverhandlungen mit allzu teuren Vorständen.

Gibt es in anderen Ländern schon Beschränkungen für Managergehälter?

Vorstöße, Managergehälter zu begrenzen, sind im Ausland bisher selten geglückt. Ein Erfolg war zumindest in Israel der sozialkonservativen Kulanu-Partei beschieden. Die Knesset verabschiedete im März 2016 ein Gesetz, wonach das Jahresgehalt eines Bankmanagers auf 2,5 Millionen Schekel (etwa 640 000 Euro) begrenzt wird. Bankchefs dürfen dort demnach höchstens 35-mal mehr verdienen als der am niedrigsten bezahlte Mitarbeiter ihres Unternehmens.

Und in Frankreich hat der sozialistische Präsident François Hollande die Bezüge von Managern auf das Zwanzigfache des Mindestlohns begrenzt, also 450 000 Euro jährlich - bei Staatsbetrieben. Der auch geplante Spitzensteuersatz von 75 Prozent war verfassungswidrig. In Großbritannien hat Premierministerin Theresa May eine Gehälterdebatte angestoßen. Sie schlägt etwa vor, Konzerne dazu zu zwingen, das Verhältnis zwischen der Vergütung des Vorstandschefs und des Hausmeisters offenzulegen. Eine andere Idee Mays: Belegschaftsvertreter oder Aktionäre könnten über Chefgehälter abstimmen.

In der Schweiz hat das Volk 2013 die Deckelung von Gehältern abgelehnt: Die Initiative forderte, dass niemand mehr als das Zwölffache des niedrigsten Lohns innerhalb einer Firma bekommen sollte.

Wie kann man Gehältergerechtigkeit messen?

"Ewig undurchsichtig sind die ewigen Gesetze der menschlichen Wirtschaft", schrieb einst Bertolt Brecht. Und es scheint so zu sein, dass diese Intransparenz den Vorständen in den Firmen ganz recht ist: Es fehlen die Maßstäbe, um die Angemessenheit eines Gehalts zu beurteilen. Der Deutsche Corporate Governance Kodex nennt zwar eine Vielzahl von Kriterien, die für die Vergütung eine Rolle spielen sollen, bleibt dabei aber konsequent im Ungefähren. Festgestellt wird lediglich, dass für die Angemessenheit der Vorstandsgehälter auch das Verhältnis zu den Gehältern in der Belegschaft eine Rolle spielen soll.

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