Tony Hayward vor Ablösung:Eine Belastung für BP

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Drei Monate nach der Katastrophe sieht alles nach einem Führungswechsel bei BP aus. Der Ölkonzern bereitet sich offenbar schon auf die Zeit nach Tony Hayward vor.

Andreas Oldag, London

Der Ölkonzern BP steht vor dem Führungswechsel. Unternehmenschef Tony Hayward bereitet offenbar seinen Rücktritt vor. An diesem Montag soll Berichten zufolge auf einer Sitzung des Verwaltungsrats über die Zukunft des Top-Managers entschieden werden, dem die Schuld am Umweltdebakel im Golf von Mexiko gegeben wird.

BP-Chef Tony Hayward bereitet offenbar seinen Rücktritt vor. (Foto: dpa)

Wie es in britischen Medienberichten heißt, habe der 53-jährige Hayward bereits am Wochenende über die Modalitäten seines Rücktritts verhandelt. Ein US-Regierungsbeamter bestätigte den bevorstehenden Rückzug, BP dementierte dagegen ein vorzeitiges Ausscheiden des Unternehmenschefs.

"Hayward ist für BP zu einer Belastung geworden", heißt es in Branchenkreisen. Er könne den Konzern in den USA nicht mehr glaubhaft vertreten, wo er längst zu einer Art Hassfigur geworden ist. Hayward hatte unter anderem mit seinem Spruch, er wolle sein "Leben zurück" bei Ölpest-Opfern und US-Politikern Empörung ausgelöst. Entscheidend für seinen möglichen Rücktritt sind allerdings nicht peinliche PR-Fehler. Hayward hat vor allem bei BP-Investoren in den vergangenen Wochen stark an Vertrauen eingebüßt.

Die Frage nach dem Wann

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung ist es im Verwaltungsrat des Konzerns allerdings strittig, ob Hayward seine Position bereits vor der Verkündung der BP-Quartalszahlen am Dienstag bekanntgeben oder aber warten wird, bis das Leck im Golf von Mexiko endgültig versiegelt ist. Als möglicher Termin für einen Rücktritt komme dann der 1. Oktober in Frage, heißt es in London. Insbesondere der Verwaltungsratsvorsitzende Carl-Henrik Svanberg soll sich gegen einen übereilten Führungswechsel ausgesprochen haben. Auch gegen Svanberg sind allerdings schon Rücktrittsforderungen erhoben worden.

Aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge Haywards ist der gebürtige Amerikaner Robert Dudley. Der 55-Jährige hat bereits das Krisenmanagement im Golf von Mexiko übernommen und war zuvor Chef des britisch-

russischen Gemeinschaftsunternehmens TNK-BP. Hoffnungen auf den Chefposten kann sich aber auch Marketingvorstand Iain Conn machen. Der 47-Jährige war beim Rücktritt des früheren BP-Chefs Lord Browne 2007 in die engere Wahl gekommen, hatte aber gegenüber Hayward den Kürzeren gezogen.

Branchenexperten rechnen damit, dass mit einem Ausscheiden Haywards die Verkündung einer neuen Unternehmensstrategie einhergehen soll. Die Strategie unter dem Motto "Future BP" soll dem Konzern bei der Aufbesserung seines Images helfen und ihn vor einer feindlichen Übernahme durch Rivalen wie Exxon Mobil oder Shell schützen. Kernelement ist zudem ein rascher Verkauf von Beteiligungen, um die auf bis zu 60 Milliarden Dollar geschätzten Kosten der Ölpest zu begleichen. Bereits in der vergangenen Woche hatte BP die Veräußerung von Geschäftsanteilen im Werte von sieben Milliarden Dollar (5,6 Milliarden Euro) an die amerikanische Gesellschaft Apache bekanntgegeben.

BP will sich in den nächsten zwölf Monaten nach eigenen Angaben von Unternehmensteilen im Wert von zehn Milliarden Dollar trennen. Analysten in London rechnen allerdings damit, dass der Konzern weit mehr Beteiligungen abstoßen muss als bislang geplant. Die Rede ist von Veräußerungen im Werte von bis zu 20 Milliarden Dollar. Dazu könnte auch ein Anteil an einem großen Ölfeld im amerikanischen Bundesstaat Alaska gehören. Einen Rückschlag hat es Berichten zufolge jetzt bei dem geplanten Verkauf eines 60-prozentigen BP-Anteils an dem argentinischen Unternehmen Pan American Energy gegeben. BP sei sich mit dem chinesischen Energiekonzern CNOOC, der an einer Übernahme interessiert war, nicht über den Preis einig geworden, heißt es in London.

Mit der "Schärfe eines Laserstrahls"

BP steht zudem vor der Aufgabe, sein Sicherheitsmanagement zu reformieren. Zwar hatte bereits Hayward bei seinem Amtsantritt 2007 verkündet, mit der "Schärfe eines Laserstrahls" die seit langem bestehenden Probleme - unter anderem kam es 2005 zu einem Unglück in einer texanischen Raffinerie - anzugehen. Doch nach Ansicht von Kritikern hat die Explosion auf der Bohrplattform Deepwater Horizon gezeigt, dass der Konzern noch erhebliche Defizite hat. Dabei geht es nicht nur um technische Vorrichtungen, um Pannen bei Tiefseebohrungen zu verhindern, sondern auch um klarere Managementstrukturen.

Auch unter einem neuen Vorstandschef wird BP allerdings an Tiefseebohrungen festhalten. Dies begründete Marketingvorstand Conn vor kurzem mit der weiter steigenden Nachfrage nach fossilen Energieträgern. Dem Golf von Mexiko kommt für BP dabei eine zentrale Bedeutung zu. Ein freiwilliger Rückzug aus dem Golf wird auch schon deshalb ausgeschlossen, weil sich Konkurrenten die wertvollen Bohr- und Förderlizenzen sichern würden.

© SZ vom 26.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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