Tipps zum Testament:Letzter Wille - den keiner versteht

Jedes dritte Testament ist unklar formuliert. Das kann nicht nur zu Verwirrung, sondern auch zu erbittertem Streit unter Angehörigen führen. Häufige Fehler beim Verfassen des Letzten Willens - und wie man sie vermeidet.

Andreas Jalsovec

Um herauszufinden, was der Letzte Wille eines Verstorbenen ist, forscht Ludwig Kroiß schon mal eigenhändig nach. Der Nachlassrichter und Direktor am Amtsgericht Traunstein hat häufig Fälle zu entscheiden, bei denen unklar ist, was der Verfasser eines Testaments genau sagen wollte. Etwa jene Frau, die einen Teil ihres Vermögens an "die Armen" vererbte. Wer aber sind "die Armen"? Kroiß ging der Frage beim zuständigen Sozialamt nach. Am Ende bekamen den Vermögensteil jene Bedürftigen zugesprochen, die unverschuldet in eine finanzielle Notlage geraten waren.

Fälle wie dieser sind an deutschen Amtsgerichten häufig. Etwa jeder vierte Deutsche legt seinen Letzten Willen schriftlich nieder. Nur ein geringer Teil davon nimmt dabei die Hilfe eines Rechtsanwalts oder Notars in Anspruch. "Die große Masse verfasst das Testament zu Hause am Küchentisch", sagt Kroiß. Nach dem Tod der Verfasser rätseln die Angehörigen dann oft, wer nun was vererbt bekommen hat.

Ein Drittel aller Testamente sei auslegungsbedürftig, schätzt Richter Kroiß. Für die Hinterbliebenen kann das zum Problem werden. "Ein unklares Testament führt oft zu erbittertem Streit unter Erben", sagt der Düsseldorfer Erbrechtsanwalt Claus-Henrik Horn. Der Zwist wird dann häufig vor Gericht entschieden. Das kann teuer werden. "Und es ist eine große emotionale Belastung. Oft sind die Familien danach zerstritten", sagt Horn. Der Letzte Wille sollte daher kurz und einfach formuliert, klar und übersichtlich gestaltet sein, rät er. Wie aber geht das genau? Die SZ nennt häufige Probleme bei der Formulierung eines Testaments und sagt, wie man sie vermeidet.

Falsche Begriffe

"Das Haus vermache ich meinem Sohn, das Geld auf dem Bankkonto erbt meine Tochter."Solche Sätze finden sich oft in Testamenten. "Da wird wahllos vermacht und vererbt", stellt Anwalt Horn fest. Wer die Fachbegriffe falsch verwendet, stiftet aber Verwirrung bei den Nachkommen. Gegenstände etwa kann man nicht erben. "Vererbt wird nur das ganze Vermögen oder ein Teil davon", erläutert Ludwig Kroiß. Einzelne Dinge wie das Elternhaus, das Auto oder ein Geldbetrag werden dagegen vermacht. "Das Testament sollte klar herausstellen, wer zu welchen Teilen Erbe ist und wer einzelne Gegenstände bekommt", rät Anwalt Horn. Eine eindeutige Formulierung lautet: "Mein Sohn Hans und meine Tochter Lisa erben zu gleichen Teilen. Hans weise ich durch Teilungsanordnung das Haus, Lisa das Geld auf dem Bankkonto zu."

Veränderte Umstände

"Die Briefmarkensammlung vermache ich meinem Neffen" - die Formulierung ist eindeutig. Was aber, wenn die Sammlung bei der Eröffnung des Testaments nicht mehr vorhanden ist, weil der Verstorbene sie noch zu Lebzeiten verkauft hat? "In Testamenten werden oft Dinge benannt, die gar nicht mehr in der Erbmasse sind", sagt Nachlassrichter Kroiß. Oder es werden Gegenstände an Personen vermacht, die nicht mehr leben. Dann ist unklar, ob deren Kinder das Vermächtnis bekommen. Den Letzten Willen sollte man daher regelmäßig aktualisieren. "Am besten prüft man an einem festen Termin im Jahr, ob das Testament noch passt", rät Erbrechtsanwalt Horn.

Gleichzeitiges Versterben

"Sollten wir gemeinsam sterben, erbt der Tierschutzverein unser Vermögen." Auch diese Formulierung kann den Nachkommen Rätsel aufgeben. Denn "gemeinsam" oder "gleichzeitig" versterben Ehepartner nur, wenn zwischen ihrem Tod höchstens einige Tage liegen. Ist die Zeitspanne größer, gilt die gesetzliche Erbfolge. Die Tierschützer gehen dann leer aus. Sollen sie hingegen auch bedacht werden, wenn der zweite Partner deutlich später stirbt, muss das so im Testament stehen.

Verstorbener Vollstrecker

"Als Testamentsvollstrecker setze ich meinen besten Freund Max ein." Ein solcher Schritt ist sinnvoll, wenn man mit Streit zwischen den Erben rechnet. Denn ein Testamentsvollstrecker verwaltet das Erbe und teilt die Vermögenswerte auf die Erben auf. Stirbt er jedoch vor der Testamentseröffnung, bleibt in vielen Fällen unklar, ob es eine Vollstreckung geben soll. Das kann erst recht Ärger geben. "Für solche Fälle muss im Testament klar formuliert sein, wer stattdessen als Vollstrecker eingesetzt wird, ob das Nachlassgericht einen bestimmen muss oder ob die Erben das Ganze unter sich regeln sollen", sagt Claus-Henrik Horn. Möglich ist auch, den Erben eine Frist zu setzen, bis wann sie sich einigen müssen. Dann müsse im Testament aber stehen, wer nach der Frist den Nachlass verwaltet, so Anwalt Horn. "Sonst ist der nächste Streit programmiert."

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