Das hätte gerade noch gefehlt. Die US-Wirtschaftsagentur Bloomberg berichtete am Montag, die chinesischen Eigentümer von Bytedance erwögen, die US-Geschäfte des Social Media Giganten Tiktok an Elon Musk zu verkaufen. Der Chef von Space X und Tesla, der oberste Bürokratieabbauer Trumps, Hans Dampf in allen Gassen soll jetzt auch noch die Kontrolle über das angebliche Propagandawerkzeug Chinas in den USA übernehmen? Na dann gute Nacht.
Schnell mehrten sich allerdings Zweifel daran, ob an der Geschichte etwas dran ist. Bloomberg bezog sich nämlich lediglich auf „gut informierte Kreise“, die sich wiederum auf nicht näher genannte „hohe chinesische Regierungsbeamte“ bezogen. Hat also irgendjemand in Peking nur laut nachgedacht und das landete direkt bei Bloomberg? Man wird es vielleicht nie erfahren. Tiktok selbst jedenfalls beteuert, von nichts zu wissen. Bloomberg selbst zitiert einen Tiktok-Sprecher, man wolle sich zu „komplett ausgedachten Geschichten“ (original: „Pure Fiction“) nicht äußern. Doch auch dazu hat Bloomberg Gedanken: Es könne ja gut sein, dass die chinesische Regierung Pläne für Tiktok hat, die sie mit Tiktok gar nicht besprochen hat. Vieles ist unklar, eigentlich sogar alles.
Aber die Geschichte ist in der Welt und sie ist schwer wieder einzufangen, weil ja, natürlich würde es Sinn ergeben. Musk, der seit seiner Übernahme der Plattform X zumindest theoretisch weiß, was es bedeutet, ein Social-Media-Unternehmen zu führen, hätte ohne Frage ein großes Interesse daran, sich neben X auch noch Tiktok einzuverleiben. Anders als das Verlustgeschäft X wäre Tiktok vermutlich eine Goldgrube. Mehr als 170 Millionen US-Amerikaner nutzen die Video-App. Und auch das Kalkül der Chinesen wäre verständlich, wenn tatsächlich jemand laut nachgedacht haben sollte. Für Tesla ist China einer der wichtigsten Absatzmärkte. Als erster ausländischer Autobauer durfte Musk in Shanghai eine Fabrik bauen, die komplett Tesla gehört. Andere mussten stets Gemeinschaftsunternehmen mit chinesischen Partnern gründen. Die Chinesen kennen Musk und könnten sich vielleicht mit einem Tiktok-Verkauf an ihn abfinden – obwohl das Unternehmen offiziell auf keinen Fall verkaufen will.
Trump wiederum würde – wenn ein Verkauf an seinen Buddy Musk anstünde – die aktuell ziemlich knappe Deadline für einen Verkauf gern noch einmal nach hinten schieben. Eine solche Fristverlängerung würde den Chinesen gerade sehr helfen. Denn sie hatten bislang keinerlei Anstalten gemacht Tiktok zu verkaufen und die Zeit drängt.
Zum 19. Januar 2025 muss Bytedance das US-Geschäft verkauft haben, ansonsten droht ein Verbot der App in den USA. So steht es in einem US-Gesetz, das die Tiktok Mutterfirma Bytedance gerade am US-Supreme Court bekämpft. Doch die Richter hatten in einer Anhörung am 10. Januar durchblicken lassen, dass sie das Gesetz und den dazugehörigen Termin für rechtmäßig halten. Der neue US-Präsident hat das Gericht derweil gebeten, die Frist für den Verkauf noch zu verlängern. Andererseits ist Trump ja erst einen Tag später Präsident und das Gericht unabhängig.
Was am 19. Januar also passiert, weiß nach wie vor niemand. Und so bereiten sich weiterhin alle auf den großen Tiktok-Blackout vor. So berichtet etwa ebenfalls Bloomberg, dass eine andere chinesische App gerade die iOS-Charts stürmt und auch bei Android-Nutzern immer beliebter wird. „Xiaohongshu“ funktioniert demnach ähnlich wie Instagram und soll für viele Nutzer offenbar Tiktok ersetzen. Ob das mittelfristig eine gute Idee ist, wird sich zeigen. Wörtlich lässt sich der Name der App mit „kleines rotes Buch“ übersetzen, eine Anspielung auf Maos Standardwerk mit kommunistischen Aphorismen.