Süddeutsche Zeitung

Tierwohllabel:"Tiere sind Mitgeschöpfe, keine Wegwerfware"

Lesezeit: 1 min

Mehr Platz für Schweine, weniger Stress bei der Schlachtung und bessere Transportbedingungen - aber alles nur auf freiwilliger Basis: Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) hat am Mittwoch die Kriterien für das neue staatliche Tierwohllabel vorgestellt. Es soll Kunden beim Fleischkauf Informationen über die Haltungsbedingungen des Tieres geben.

Das Label soll zunächst ausschließlich für Schweinefleisch gelten - die Fleischsorte, die Deutsche am häufigsten essen. Geplant ist ein dreistufiges Kennzeichen: Von der Einstiegsstufe (nur etwas bessere Bedingungen) bis zur Premiumstufe (deutliche Verbesserungen) sollen alle über den gesetzlichen Mindeststandards liegen und das Leben von Tieren von der Geburt bis zur Schlachtung positiv verändern. So sollen Schweine etwa in der Stufe eins 20 Prozent, in Stufe zwei 47 Prozent und in Stufe drei 100 Prozent mehr Platz bekommen. Die schmerzhafte Prozedur der betäubungslosen Kastration wird für alle Stufen untersagt, das umstrittene Kupieren von Schwänzen wird nur noch in Ausnahmefällen auf der niedrigsten Stufe erlaubt.

Tierschützer kritisieren Freiwilligkeit des Labels

"Tiere sind Mitgeschöpfe, keine Wegwerfware", sagte Klöckner. Das Thema gehe deshalb alle an, "nicht nur die Tierhalter, sondern auch Handel, Gastronomie und Verbraucher". Kaufen können Kunden das Fleisch wohl frühestens im Jahr 2020 - und zu höheren Preisen. Die Kosten für weniger Tiere im Stall und Verbesserungen bei Futter, Transport und Schlachtung soll der Kunde zahlen. Experten rechnen damit, dass Fleisch der Tierwohl-Einstiegsstufe 20 Prozent mehr kostet.

Klöckner zufolge müssen die Anbieter "verpflichtend und überprüfbar" höhere Tierschutzanforderungen erfüllen, um mit dem Label auf den Verpackungen werben zu dürfen. Die Kontrolle sollen private Prüfer übernehmen, die teilnehmende Betriebe ein- bis zweimal pro Jahr kontrollieren. Videoaufnahmen sollen zudem bei großen Schlachtzahlen belegen, dass die Tiere keine Lebenszeichen mehr erkennen lassen - der Schlachtvorgang also nicht zu schnell durchgeführt wird.

Tierschützer äußern trotzdem weiterhin Kritik an dem Label. Sie erkennen zwar die Notwendigkeit eines solchen Zeichens an, fordern jedoch eine verpflichtende Kennzeichnung und werfen Klöckner vor, die Kriterien seien nicht streng genug. Die Ministerin werte "das Fleisch von Schweinen aus schlechter Tierhaltung auf, statt Missstände zu beseitigen", kritisierte etwa Greenpeace.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4318658
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/vit
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.