Tierwohl:Lidl jubelt, Tierschützer zweifeln

Tierwohl: Womöglich der einzige Vorteil für Tiere: Weniger Transporte.

Womöglich der einzige Vorteil für Tiere: Weniger Transporte.

(Foto: Hendrik Schmidt/picture alliance/dpa)

Händler wollen Fleisch fast nur noch aus deutscher Produktion verkaufen. Doch für die Tiere ändert sich nicht viel.

Von Michael Kläsgen

Aus Sicht des Handels tut sich Schritt für Schritt etwas zugunsten des Tierwohls. So kündigte der Lebensmitteldiscounter Lidl am Montag an, sein Wurst- und Fleischwarensortiment nahezu vollständig auf deutsche Herkunft und Produktion umgestellt zu haben, bei Schwein, Rind und Geflügel. Andere Anbieter wollen ebenfalls auf "5xD" umstellen, Penny noch im Sommer, Aldi Süd und Nord im Herbst. "5xD" (gesprochen: 5 mal D) heißt: Geburt, Aufzucht, Mast, Schlachtung und Verarbeitung erfolgen in Deutschland.

Tierschützer sind weniger begeistert. "Für die Tierindustrie in Deutschland mag Lidls Schritt ein Grund zum Jubeln sein. Für den Tierschutz eher nicht", sagt etwa Mahi Klosterhalfen, Chef der Albert-Schweitzer-Stiftung für unsere Mitwelt und fügt hinzu: "Das einzige, was sich für die Tiere wahrscheinlich positiv verändert: weniger Transporte". Viel wichtiger wäre es hingegen aus seiner Sicht, die Haltungsstandards in den Lieferketten anzuheben. "Denn die sind auch hierzulande größtenteils tierquälerisch."

Dabei wollen die Händler mit ihrem Bekenntnis zur ausschließlich heimischen Fleischproduktion und -verarbeitung die deutsche Landwirtschaft unterstützen und so auch das Tierwohl verbessern. Deutsche Produktion bürgt allerdings nicht automatisch für hohe Tierwohlstandards. Fleischproduzenten wie Tönnies, Westfleisch oder Wiesenhof haben diesbezüglich nicht den besten Ruf.

Gleichzeitig bemühen sich Handel und Industrie, für mehr Tierwohl zu sorgen. Aldi etwa will ab 2030 nur noch Frischfleisch von Schweinen aus Haltungsstufen 3 (Außenklima) und 4 (Premium, oftmals Bio) anbieten. Das geschieht auch auf Druck der Verbraucher und der Bundesregierung. Vor wenigen Tagen nahm Agrarminister Cem Özdemir einen neuen Anlauf, um Fleischprodukte in Deutschland mit einer verbindlichen, staatlichen Tierhaltungskennzeichnung auszustatten. Eine zentrale Frage ist, wie den Landwirten bei den Stallumbauten geholfen werden kann. Womöglich mit einer Abgabe. Auf Social-Media-Plattformen fürchten manche Nutzer bereits steigende Fleischpreise bei ohnehin steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen. Dazu teilte Lidl nichts mit.

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