Tierschutz:1300 Kilometer mit dem Lastwagen, dann 5000 Kilometer Seeweg

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Viele der Schiffe für Tiertransporte im Mittelmeer sind offenbar in schlechtem Zustand - die Tierschützer haben insgesamt 56 Schiffe im Mittelmeerraum untersucht. Bei den meisten handelt es sich um ausgemusterte Frachter oder Fähren, ihr Durchschnittsalter liegt den Angaben zufolge bei 35 Jahren. Nur zwölf der Schiffe stehen auf der sogenannten weißen Liste, die Schiffen einen hohen Sicherheitsstandard bescheinigt. Der Großteil erfüllt gerade einmal Mindestanforderungen, fährt unter Billigflaggen mit hohem Sicherheitsrisiko, ist registriert in Ländern wie Sierra Leone, Kambodscha, Togo oder dem Libanon.

Auch das Schiff, das lebende Fracht von Kroatien nach Ägypten bringt, ist seit gut 40 Jahren auf den Meeren unterwegs. An den Ohrmarken lässt sich erkennen, dass auch drei Schwarz-Bunte-Kühe aus Norddeutschland darunter sind. Das bedeutet mindestens 1300 Kilometer Transport auf dem Lastwagen und dann noch einmal 5000 Kilometer Seeweg.

Michael Marahrens vom Friedrich-Loeffler-Institut, einer Bundesforschungseinrichtung für Tiergesundheit, stuft Transporte über eine so lange Strecke als "äußerst belastend" für die Tiere ein. Er hat sich das Material der Tierschützer angesehen. "Ich würde in einigen Fällen sogar von tierschutzwidrig sprechen", sagt er über die Zustände auf dem Schiff. "Die Tiere stehen in ihrem eigenen Mist, sind dadurch ständig feucht und können sich nicht selber mit adäquaten Futtermitteln versorgen." Behörden müssten im Vorfeld kontrollieren, ob während der Transporte Risiken bestünden. Wenn ja, dürften sie nicht abgefertigt werden, sagt er.

Über Tiertransporte wird nur ungern geredet

Die Spur der drei Kühe führt auf einen Hof nach Ostfriesland. Dort wurden sie 2014 geboren und verkauft. Weder der Landwirt noch der Viehhändler wollen sich offiziell zu den Umständen äußern. Tiertransporte, egal ob mit dem Schiff oder per Lkw, sind ein heikles Thema, über das in der Branche nicht jeder gern redet.

Nicht so Christoph Busch, Exportleiter der Allgäuer Herdebuchgesellschaft und seit gut 20 Jahren im Geschäft. "Braun- und Fleckvieh aus Süddeutschland sind in der Türkei, in Marokko, Saudi-Arabien oder Ägypten gefragt", erklärt er. "Unsere Tiere sind robust, sie passen sich gut an das heiße Klima dort an". Das Interesse an einer eigenen Milchwirtschaft sei in den Ländern groß. Der Rinderzuchtverband betreibt in Kempten eine von vielen Sammelstellen für den Verkauf und Export von Vieh. Die Bauern verkaufen hier ihre Tiere.

Das Exportgeschäft läuft in diesem Frühjahr auch im Allgäu gut an - eine Bilderbuchlandschaft mit Kühen auf saftig grünen Wiesen, die viele Urlauber anlockt. Doch die Bauern hier haben ein Problem: die Weidewirtschaft bringt zu viele Milchkühe hervor. Der Verkauf ist für die Landwirte angesichts niedriger Milchpreise zudem ein willkommener Zusatzverdienst. 1200 bis 1500 Euro können sie derzeit laut Busch für eine gesunde, trächtige Kuh erzielen. Käufer im Ausland zahlen pro Tier 2000 bis 2200 Euro.

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