Tierschutz contra Körperkult:Frau trägt wieder Robbe

Der westliche Schlankheitskult macht es möglich: Die einst verpönten aber flach anliegenden Robbenfelle sind wieder heiß begehrt.

Von Bernadette Calonego

Kanadas Jäger und Händler erhalten für die Pelze Rekordpreise. Mehr als 70 kanadische Dollar wurden bei einer Auktion des Handelshauses Fur Harvesters Auction in der Provinz Ontario durchschnittlich pro Pelz bezahlt.

Tierschutz contra Körperkult: Robbenbaby.

Robbenbaby.

(Foto: Foto: dpa)

Das ist ein gewaltiger Preisanstieg seit 2003, als der Durchschnittspreis noch knapp 45 Dollar betrug. Mitte der neunziger Jahre war eine Robbenhaut nur etwa 15 Dollar wert.

Körperbetonte Silhouette

Die Renaissance der Robbenpelze hat mit dem Trend zur körperbetonten Silhouette zu tun. Die Frauen wollen laut Modeexperten immer weniger wuchtige Pelze tragen, die sie dick erscheinen lassen.

Mäntel und Jacken aus dem flach anliegenden, leichten Robbenfell sind deshalb wieder populär. "Sie sind schnittig", sagt Alan Herscovici, Vizepräsident des PelzRates Kanada.

Zu den größten Abnehmern von kanadischen Robbenfellen gehören Russland, Norwegen und in zunehmendem Maße auch China: In den drei Ländern werden rund 85 Prozent von Kanadas Robbenfellen abgesetzt. "Wir machen große Geschäfte mit China", sagt Herscovici: "Das Klima ist ähnlich wie in Kanada."

Begrenzter Nachschub

Was die Preise ebenfalls in die Höhe treibt, ist der begrenzte Nachschub solcher Häute. Die Robbenjagd in Kanada war in den siebziger und achtziger Jahren von Tierschutzorganisationen weltweit stark bekämpft worden.

Tierschützer behaupteten, die Robben würden teilweise lebendigen Leibes gehäutet. Dieser Kampf führte dazu, dass die USA ein noch heute gültiges Importverbot für Robbenfelle verhängten. Die Europäische Union (EU) verbietet seit 1983 die Einfuhr der Häute von Robbenbabys.

Frau trägt wieder Robbe

In Kanada ist heute das Töten von Robben untersagt, die noch ein weißes Fell haben, also unter 13 Tage alt sind. Angesichts dieser Einschränkungen und aufgrund von Schätzungen, dass sich die kanadische Robbenpopulation seit 1970 verdreifacht hat, sind die Kampagnen gegen die Jagd etwas abgeklungen.

"Wir haben viel Aufklärung in der ganzen Welt betrieben, was die Nachfrage stark belebt", sagt Don Rumford, Manager des Handelshauses Fur Harvester Auction. "Die Leute tragen nun Robbenfelle mit weniger Hemmungen."

In Kanada werden derzeit pro Jahr rund 350.000 Robben erlegt, wobei nicht alle Felle zu Kleidern verarbeitet werden. Im Vergleich dazu werden weltweit rund 30 Millionen Nerzfelle in Zuchtanlagen produziert.

Einträgliches Geschäft

Die Robbenindustrie bringt den Kanadiern jährlich über 12 Millionen Euro ein. Der Anteil von Robbenfellen an Kanadas gesamten Pelzexporten, die im Jahr 2003 rund 330 Millionen kanadische Dollar ausmachten, beträgt laut kanadischem Pelzrat weniger als zehn Prozent. Kanada ist zusammen mit Russland und den USA der wichtigste Pelzproduzent der Welt.

Marktbeobachter glauben, die Preise für Robbenfelle werden dank der internationalen Nachfrage hoch bleiben. Aber die Robbenjagd bleibt umstritten.

Nach Angaben des Internationalen Tierschutzfonds (IFAW) sind 98 Prozent der in Kanada getöteten Robben weniger als drei Monate alt. Die Tiere werden gejagt, wenn sie vom Rand der Arktis in die etwas wärmeren Packeisgebiete vor Neufundland schwimmen, um dort ihre Jungen zu gebären.

Laut IFAW ist Deutschland in der EU der drittgrößte Direktimporteur von Robbenfellen aus Kanada und Norwegen.

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