Landwirtschaft:Schweine- und Geflügelhalter in Nöten

Vogelgrippe

Streng abgeschottet: ein Geflügelmastbetrieb in Rothenkirchen, Mecklenburg-Vorpommern.

(Foto: Stefan Sauer/dpa)

Afrikanische Schweinepest, Vogelgrippe und Corona-Krise machen deutschen Erzeugern zu schaffen.

Tierhalter in Deutschland müssen derzeit gleich mehrere Krisen bewältigen. Neben den Folgen der Corona-Pandemie befürchten Erzeuger in Ostdeutschland eine Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) sowie der Geflügelpest.

Fünf Schweinehalter-Verbände aus Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen wandten sich am Dienstag in einem offen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie solle den Kampf gegen die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest zur Chefsache machen und koordinieren, fordern sie. Länder und Landkreise gingen nicht entschieden genug gegen die Seuche vor. "Etliche landwirtschaftliche Betriebe mussten wegen der Folgen der ASP schon aufgeben, viele weitere stehen vor dem Ruin", heißt es in dem Schreiben weiter.

Die seit einigen Monaten in Deutschland aufgetretene Geflügelpest hat nach Ansicht von Experten bereits größeren Schaden angerichtet als der letzte große Ausbruch in den Jahren 2016/2017. "Der Virus scheint diesmal deutlich aggressiver zu sein, was die Geflügelhalter sehr stark besorgt", sagte Katharina Standke, Geschäftsführerin des Geflügelwirtschaftsverbandes Brandenburg. Bislang mussten bundesweit bereits 1,8 Millionen Tiere getötet werden, damals waren es insgesamt 1,2 Millionen.

Die Geflügelpest zu bekämpfen, ist schwierig. "Eine Impfung gegen den Vogelgrippen-Virus ist in Deutschland aktuell nicht erlaubt und aufgrund der Vielzahl von Subtypen auch nicht sinnvoll", sagte Standke. Weil ein dauerhafter und umfassender Schutz durch Medikamente fehlt, bleibt den Haltern nur, ihre Bestände akribisch von Wildvogelpopulationen abzuschotten, sie gelten als Überträger der Krankheit.

Für die Geflügelhalter kann das gravierende finanzielle Einbußen bedeuten. Je nach Haltungsform seien Landwirte unterschiedlich stark betroffen, sagte Standke. Zum einen verursacht der Kampf gegen die Geflügelpest zusätzliche Kosten, etwa für Desinfektionsmittel, die Abdichtung von Lüftungsschächten, Einstreu oder Tierärzte. Zum anderen drückt er die Erlöse von Freilandhaltern, weil die ihre Tiere im Stall halten müssen. Sind die Hühner mehr als 16 Wochen eingesperrt, dürfen deren Erzeugnisse nur noch als Eier aus Bodenhaltung verkauft werden, und die erzielen in der Regel geringere Preise als Freilandeier.

In Brandenburg ist diese Frist den Angaben des Geflügelwirtschaftsverbandes seit Mitte März überschritten. Die genauen wirtschaftlichen Folgen der Seuche könnten derzeit nicht beziffert werden, heißt es dort. Im Land werde lediglich der Tierwert von der Tierseuchenkasse ersetzt, in die der Halter zuvor eingezahlt habe. Zusätzliche Kosten würden nicht erstattet.

Die Schweinepreise sind deutlich gesunken

Mit erheblichen Verlusten rechnet auch die deutsche Schweinefleischbranche mit ihren 23 000 Betrieben. Die Afrikanische Schweinepest grassiert seit September 2020 unter Wildschweinen in Deutschland. Bislang sind Brandenburg und Sachsen betroffen mit rund 900 verendeten Tieren, bei denen die Krankheit nachgewiesen wurde. Für Menschen ist sie ungefährlich, für Hausschweine endet sie aber meist tödlich. Ein Überspringen der Seuche auf Hausschweine würde nach Einschätzung der Verbände "sofort einen weiteren ruinösen Preisverfall bewirken".

Der Preis für Schweinefleisch ist in den vergangenen Monaten stark gesunken. Nachdem sich viele Schlachthof-Mitarbeiter im vergangenen Jahr mit dem Coronavirus infiziert hatten und große Betriebe vorübergehend geschlossen werden mussten, verhängte China partielle Importverbote. Als im September erste Fälle der Schweinepest bekannt wurden, wurde das Einfuhrverbot ausgeweitet, andere Länder schlossen sich an. China gilt als größter Abnehmer für Schweinefleisch aus Deutschland außerhalb der EU.

Auch in der Bilanz von Tönnies, dem größten deutschen Fleischkonzern, hinterließen Corona-Krise und Schweinepest 2020 sichtbare Spuren. Der Jahresumsatz sank den Angaben zufolge um drei Prozent auf gut sieben Milliarden Euro.

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