Tiere:Was schleicht dort? Wildkatze breitet sich im Südwesten aus

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Eine Wildkatze läuft im Wildparadies Tripsdrill über einen Stamm. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild)

Man sieht sie nicht, man hört sie nicht, aber sie sind längst wieder da: Die streng geschützte Wildkatze breitet sich im Südwesten zunehmend aus. Eine erfreuliche Entwicklung - bei der aber ein heiß geliebtes Haustier stört.

Direkt aus dem dpa-Newskanal: Dieser Text wurde automatisch von der Deutschen Presse-Agentur (dpa) übernommen und von der SZ-Redaktion nicht bearbeitet.

Freiburg (dpa/lsw) - Immer mehr Exemplare der streng geschützten europäischen Wildkatze schleichen durch die Wälder im Südwesten. „Die Entwicklung geht seit Jahren nach oben“, sagte Andrea Lehning, Referentin für Wildkatzenschutz und Wald beim Landesverband des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Schätzungsweise mehrere Hundert der streng geschützten Wildkatzen leben den Angaben von Experten zufolge in Baden-Württemberg, und ihre Zahl nimmt weiter zu.

Rheinebene von Wildkatzen bevölkert

„Mittlerweile besiedeln sie die gesamte Rheinebene, von dort breitet sich diese Wildtierart verstärkt Richtung Osten aus“, erläuterte eine Sprecherin der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) Baden-Württemberg. Seit 2018 gebe es zudem zunehmend Hinweise darauf, dass die Wildkatzen auch am Hochrhein leben; ebenso seien sie inzwischen im Norden Baden-Württembergs auf dem Vormarsch. Insgesamt sind nach BUND-Angaben bundesweit inzwischen wieder 5000 bis 7000 Wildkatzen unterwegs - die meisten leben in Mittel- und eben Südwestdeutschland.

Milde Winter sind gut, Straßenverkehr schlecht

Die Tiere profitierten dabei von milden Wintern - „sie sichern das Überleben der Wildkatze sowohl aufgrund der guten Nahrungsverfügbarkeit als auch durch bessere Aufzuchtbedingungen für die Jungen im Frühjahr“, sagte die FVA-Sprecherin. Auch Lichtungen, die durch Trockenheit oder dadurch entstehen, dass Bäume wegen Stürmen oder wegen Schädlingen fallen, begünstigten das Überleben der Tiere. „Sie brauchen sogenanntes Offenland und viel Raum für Bewegung“, hieß es.

Gefahr drohe der einst vom Aussterben bedrohten Art von vielbefahrenen Straßen und durch Infrastruktur zerschnittenen Lebensräumen. Wenn man tote Wildkatzen auffinde, seien sie meist Opfer des Straßenverkehrs, sagte Lehning.

Keine natürlichen Feinde, aber...

Vor allem aber auch die hierzulande als Haustier heiß geliebte Hauskatze kann zu einer erheblichen Gefahr für die Erhaltung der europäischen Wildkatze werden. Denn wenn Wildkatzen sich mit ihnen paaren, entstehen sogenannte hybride Arten, also Mischarten - ein ernstzunehmendes Problem vor allem im Südwesten, so die FVA. BUND-Expertin Lehning und auch der Naturschutzbund (Nabu) Baden-Württemberg fordern daher schon lange, freilaufende Katzen kastrieren zu lassen, um Wildkatzen zu schützen.

In 55 Kommunen in Baden-Württemberg ist dies laut BUND-Landesverband inzwischen schon vorgeschrieben (Stand Juli). „Und je mehr es werden, desto besser“, betonte Lehning. Denn der Genpool von Wildkatzen werde sonst verdünnt, und der Bestand waschechter Wildkatzen könnte so sinken. Das Fell der Hybriden werde dünner, und sie seien im Zweifel auch anfälliger für typische Katzenkrankheiten wie die Katzenseuche. „Es gibt einfach schon zahlenmäßig ein enormes Übergewicht von Hauskatzen“, sagte Lehning. Zwei Millionen Hauskatzen tummeln sich schätzungsweise im Südwesten.

Natürliche Feinde hat die Wildkatze nicht. Jungtiere werden höchstens mal von einem Uhu oder einem Wolf erwischt.

Wildkatze braucht auch naturnahe Wälder

Wichtig sei es, Wälder als Lebensräume der Wildkatze zu erhalten, damit die Tiere möglichst nicht in die Nähe von Siedlungen kämen, so auch die FVA-Sprecherin. In Wäldern träfen Wildkatzen wesentlich seltener auf Hauskatzen. Ob die Vermischung von Katze und Wildkatze fortschreitet, sei unklar. Die Entwicklung müsse in den nächsten Jahren intensiv beobachtet werden. „Wo es große, zusammenhängende Wälder gibt, gibt es wenig Hybridisierung“, ergänzte Lehning.

Wohl fühlen sich die Tiere in sogenannten unaufgeräumten Wäldern, sagte sie: Je mehr umgestürzte Bäume, je mehr Baumhöhlen, Reisighaufen, Gebüsch oder Totholz, desto besser. Dort kann das Tier für sich und seine Kleinen Verstecke finden und von dort auf Mäusejagd gehen.

Projekte helfen beim Schutz der Wildkatze - auch im Südwesten

Im Rahmen des bundesweiten BUND-Projekts „Wildkatzenwälder von morgen“ werden seit dem Herbst vergangenen Jahres in zehn Bundesländern Wälder, Waldränder und angrenzendes Grünland für Wildkatzen attraktiv gemacht. Auch der Südwesten ist da mit von der Partie. Dort liegt das Augenmerk vor allem auf den Gebieten des Naturparks Odenwald (Rhein-Neckar-Kreis und Neckar-Odenwald-Kreis) sowie des Naturparks Stromberg-Heuchelberg in den Landkreisen Ludwigsburg, Heilbronn, Karlsruhe und Enzkreis. Kürzlich hätten freiwillige Helfer in Zusammenarbeit mit Förstern und der Kommune in Sternenfels (Enzkreis) einen Waldrand aufgeforstet, berichtete Lehning. Einige Bäume seien gefällt und aus dem Holz der Baumkronen Reisigmaterial aufgeschichtet worden.

Wildkatzen sind extrem scheu und quasi unsichtbar

Ob Jäger, Jogger oder einfach Waldfan - kaum jemand bekommt je eine Wildkatze zu Gesicht. „Das wäre wie ein Sechser im Lotto“, erläuterte Lehning. „Die Tiere sind extrem scheu und supergut getarnt mit ihrem verwaschenen bräunlichen Fell.“ Außerdem seien die Tier dämmerungs- und nachtaktiv. „Wenn eine Wildkatze nicht gesehen werden will, sieht man sie auch nicht.“ Höchstens kranke oder verletzte Tiere zeigten sich mitunter. „Dann bitte nicht anfassen, sondern Hilfe von Experten holen.“

© dpa-infocom, dpa:231120-99-09331/4

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