Thyssenkrupp:Elliott dringt auf Chefwechsel

Der kritische Investor besteht auf schnelle Veränderungen bei dem Traditionskonzern. Der Übergangschef Guido Kerkhoff müsse rasch ersetzt werden. Elliott beklagt sich auch über abfällige Äußerungen aus dem Aufsichtsrat.

Von Benedikt Müller, Düsseldorf

Nach dem Rücktritt des Vorstands- und des Aufsichtsratschefs von Thyssenkrupp dringt der US-amerikanische Investor Elliott auf weitere Veränderungen bei dem Traditionskonzern. Zwar verleihe es dem Unternehmen eine "gewisse Stabilität", dass der bisherige Finanzchef Guido Kerkhoff vor einer Woche vorübergehend den Vorstandsvorsitz übernommen habe. "Allerdings muss diese Interimszeit kurz gehalten werden, damit Thyssenkrupp schnell wieder auf einen Erfolgs- und Wachstumskurs gebracht werden kann", heißt es in einem Schreiben Elliotts an den Aufsichtsrat des Industriekonzerns, das der Investor am Donnerstag veröffentlicht hat. Demnach erwarten die Aktionäre, dass Thyssenkrupp einen neuen Vorstandschef von außen suchen werde.

Elliott bezeichnet sich in dem Brief als einen "verantwortlichen, besorgten und engagierten" Investor. Der Fonds des Milliardärs Paul Singer ist vor zwei Monaten bei dem Traditionskonzern eingestiegen und hält bislang weniger als drei Prozent der Aktien. Bereits kurz nach seinem Einstieg forderte Elliott öffentlich den Abgang des langjährigen Vorstandschefs Heinrich Hiesinger, 58. Dieser ist Anfang Juli tatsächlich zurückgetreten, weil er kein gemeinsames Verständnis von Vorstand und Aufsichtsrat mehr sah, wie sich der Konzern fortan ausrichten sollte.

Bislang besteht Thyssenkrupp aus mehreren Sparten: vom Stahlhandel über das Aufzugsgeschäft bis hin zum Bau von Großanlagen und Kampfschiffen. Elliott hat nach eigenem Bekunden zwar nie eine Zerschlagung des Konzerns gefordert, mahnt in dem Schreiben allerdings, dass Thyssenkrupp "jedwede strukturelle Entwicklung in Betracht ziehen" sollte, die im Interesse aller Beteiligten sei.

Zudem fordert der Investor den Konzern dazu auf, sich von kritischen Äußerungen seines scheidenden Aufsichtsratschefs Ulrich Lehner zu distanzieren. Der 72-Jährige sagte vor einer Woche der Zeit, dass einzelne Investoren "Psychoterror" ausübten, indem sie Unwahrheiten in der Öffentlichkeit platzierten, unberechtigte Rücktrittsforderungen stellten oder Nachbarn und Familienmitglieder von Managern belästigten. Lehner nannte Elliott damals freilich nicht beim Namen. Vier Tage nach Veröffentlichung des Interviews hat der Chefkontrolleur seinen Rücktritt angekündigt.

Elliott bezeichnet Lehners Kritik nun als "kategorisch falsch" und verleumderisch. "Jeder vernünftige Leser des Interviews kommt zu dem Schluss, dass er Elliott eines solchen Verhaltens bezichtigt", heißt es in dem Schreiben. Da Lehner keine Beweise für derlei Anschuldigungen vorbringe, habe er sie "böswillig oder zumindest rücksichtlos" getätigt. Thyssenkrupp wollte die Forderungen zunächst nicht kommentieren. Der Konzern will "kurzfristig" einen neuen Aufsichtsratschef ernennen.

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