Thyssen-Krupp:Wahlkampfthema Stahl

Im Düsseldorfer Landtag streiten die Parteien über die geplante Fusion der Stahlsparten von Thyssen-Krupp und Tata. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen stützt den Essener Konzern, die SPD sieht Arbeitsplätze in Gefahr.

Von Benedikt Müller, Düsseldorf

Elf Tage vor der Bundestagswahl betonen Schwarz-gelb und Rot-grün ihre Unterschiede in der Industriepolitik. SPD und Grüne beantragten im nordrhein-westfälischen Landtag, die Landesregierung solle sich gegenüber dem Konzern Thyssen-Krupp gegen eine Fusion mit Tata Steel aussprechen. Der Essener und der indische Konzern verhandeln seit fast zwei Jahren darüber, ihre Stahlsparten in Europa zusammenzulegen. Eine Entscheidung könnte am Tag der Bundestagswahl fallen. SPD und Grüne warnen, ein fusioniertes Unternehmen würde Stahlwerke in Deutschland schließen. "Es geht um die Existenz Tausender Familien", sagt Norbert Römer, der SPD-Fraktionsvorsitzende in Düsseldorf. Die Regierung sollte Thyssen-Krupp dabei helfen, Alternativen zu einem Zusammenschluss mit Tata zu suchen. Römer bringt eine Fusion hiesiger Stahlkonzerne zu einer "Deutschen Stahl AG" ins Spiel.

NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) entgegnet, die Landesregierung führe selbstverständlich Gespräche mit der Konzernleitung und den Betriebsräten. Das Unternehmen müsse sich aber selbst für oder gegen einen Zusammenschluss mit Tata Steel entscheiden. Pinkwart warnt, bei einer "Deutschen Stahl AG" würden nötige Einsparungen ausschließlich deutsche Standorte treffen. Eine Fusion mit Tata sei hingegen "eine durchaus zukunftsträchtige Möglichkeit".

Auch die CDU signalisiert, dass sie einem Stahl-Zusammenschluss offen gegenübersteht. "Wir sehen in der Fusion eine Chance, die Stahlsparte von Thyssen-Krupp mittelfristig zu retten", sagt die Abgeordnete Anke Fuchs-Dreisbach. Zwar bleibe es nicht aus, dass ein Gemeinschaftsunternehmen Überkapazitäten abbauen würde. Eine Fusion könne dem Konzern aber neue Absatzmärkte und niedrigere Kosten ermöglichen.

Mit den Stimmen von CDU, FDP und AfD lehnt der Landtag am Mittwoch den Antrag von SPD und Grünen ab. Stattdessen beschließt die Regierungsfraktion, sich gegen weiter steigende Energiepreise einzusetzen, um den Stahl-Standort Deutschland zu stärken. SPD-Fraktionschef Römer kritisiert, die Landesregierung kämpfe "für die Bilanzen der Manager", statt für den Erhalt von Arbeitsplätzen.

Die Gewerkschaft IG Metall will am 22. September gegen eine Stahlfusion mit Tata demonstrieren - und rechnet an jenem Freitag vor der Bundestagswahl mit Unterstützern aus der Politik. In der Stahlindustrie arbeiten alleine in Nordrhein-Westfalen 47 000 Menschen, davon mehr als 20 000 bei der Stahlsparte von Thyssen-Krupp. Diese leidet unter den gesunkenen Stahlpreisen auf dem Weltmarkt sowie unter hohen Schulden, nachdem sich der Dax-Konzern mit einem Stahlwerk in Brasilien verkalkuliert hatte.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: