Thomas Middelhoff:Middelhoffs Anwälte und Banken sollen 3,7 Millionen Euro zurückzahlen

Thomas Middelhoff

Tief gefallen: Thomas Middelhoff, hier 2012 im Gericht in Bielefeld, ist heute krank und insolvent.

(Foto: Bernd Thissen/dpa)

Noch kurz vor der Pleite des Ex-Managers floss viel Geld ab. Der Insolvenzverwalter will das jetzt zurückfordern.

Von Uwe Ritzer und Georg Wellmann

Auf Winfried Holtermüller ließ Thomas Middelhoff lange nichts kommen. Dankbar sei er dem Rechtsanwalt aus Stuttgart, denn der habe ihm "die Augen geöffnet", so Middelhoff. Erst von Holtermüller habe er erfahren, wie sehr frühere Geschäftspartner ihn hintergangen hätten, allen voran die Banker von Sal. Oppenheim und sein früherer Vermögensmanager Josef Esch. Sie alle macht der frühere Top-Manager für seinen Absturz verantwortlich, der ihn für fünfeinhalb Monate in Untersuchungshaft brachte und zu seiner Privatinsolvenz führte.

Holtermüller war es auch, der einen Middelhoff-Gläubiger nach dem anderen mit schroffen Schriftsätzen attackierte und verklagte, was ihm in deren Kreisen den Spitznamen "Poltermüller" eintrug. Rau könnte es auch an diesem Montag zugehen, wenn sich um neun Uhr im Saal 4065 des Bielefelder Amtsgerichtes die Gläubiger Middelhoffs zu ihrer ersten Sitzung versammeln. Denn Insolvenzverwalter Thorsten Fuest weist nicht nur viele ihrer Ansprüche zurück, sondern will umgekehrt seinerseits von einigen Geld - darunter auch Holtermüllers Kanzlei Schelling & Partner.

Denn dorthin flossen noch kurz vor Middelhoffs Insolvenz 2 420 107,17 Euro, von denen nicht bekannt sei, "ob und in welcher Höhe Gegenrechte bestehen", heißt es in einem internen Schreiben des Insolvenzverwalters. Für ihn scheint außer Zweifel zu stehen, dass Holtermüllers Kanzlei bei der Zahlung wusste, wie schlecht es um Middelhoffs Finanzen stand. Insgesamt fordert Fuest nach Recherchen von Süddeutscher Zeitung und WDR 3,7 Millionen Euro zurück; außer von der Anwaltskanzlei auch von der Bank Sal. Oppenheim, der Sparkasse Köln-Bonn und dem Berliner Immobilienfonds Gewobag 3. Sie sollen noch zugegriffen haben, als Middelhoff bereits zahlungsunfähig war. Fuests Forderungen sind brisant, weil alle vier Adressaten gleichzeitig auch Gläubiger Middelhoffs sind. Bislang lehnen sie Rückzahlungen ab. Nun drohen Prozesse.

Etwa 50 Gläubiger haben bei Fuest Ansprüche gegen den ehemaligen Bertelsmann- und Arcandor-Chef angemeldet, insgesamt deutlich mehr als 400 Millionen Euro. Offenbar eine Mondsumme, die nur zustande kommt, weil manche Gläubiger überzogene Forderungen erheben, sagen gut unterrichtete Kreise. Am Ende wird der Insolvenzverwalter wohl nur einen Bruchteil davon anerkennen.

Die Middelhoffs unterhielten undurchsichtige geschäftliche Beziehungen zu ihren Anwälten

Einige Gläubiger wollten von vornherein schlauer sein als die anderen. So hatten Sal. Oppenheim und die Sparkasse Köln-Bonn Kreditforderungen an Middelhoff unter anderem mit Millionenausschüttungen aus Immobilienfonds abgesichert, an denen der Ex-Manager bis zuletzt beteiligt war. Allein in den drei Monaten vor dem Insolvenzantrag am 31. März 2015 kassierten sie daraus eine Million Euro. Zu Unrecht, argumentiert Insolvenzverwalter Fuest nun. Denn dadurch seien die anderen Gläubiger Middelhoffs benachteiligt worden. Sal. Oppenheim und die Sparkasse wollten sich auf Anfrage ebenso wenig äußern wie Holtermüller, der sich auf seine anwaltliche Schweigepflicht berief.

Middelhoff und seine Anwälte - das sind stellenweise merkwürdige Beziehungen, die über juristische Vertretung weit hinausgehen. So sind Middelhoff und seine Familie mit dem Berliner Juristen Hartmut Fromm seit Jahren wirtschaftlich eng verbandelt. Man betreibt ein verschachteltes Firmengeflecht, in dem die Vermögenswerte des Ex-Managers verwaltet, hin und her geschoben wurden.

Offenbar ein kostspieliges Unterfangen, ein Abtretungsvertrag vom März 2014 nennt Zahlen: Demnach haben die Eheleute Middelhoff bei Fromm und dessen Firmen rund sechs Millionen Euro Schulden. Diese Forderungen sicherte Fromm dadurch ab, dass er die Ausschüttungen sowie Veräußerungserlöse an drei Immobilienfondsbeteiligungen der Middelhoffs in Köln, Braunschweig und Potsdam an eine seiner Firmen abtreten ließ.

Nur drei Monate später klingelte bei Hartmut Fromm die Kasse. Die Kölner Immobilienfondsbeteiligung wurde zu Geld gemacht. Das brachte etwa 4,8 Millionen Euro, von denen Fromm aber nur die Hälfte erhielt. Die andere wurde an Holtermüllers Kanzlei überwiesen. Dabei war die überhaupt nicht Vertragspartner der Vereinbarung vom März 2014.

Fromm ist derweil auch in Saint-Tropez aktiv, hier als Hauptgesellschafter der französischen Immobilienfirma SCI Aldea, der die feudale Middelhoff-Villa gehört, die für 35 Millionen Euro verkauft werden soll. Derzeit ist völlig unklar, ob von einem Verkaufserlös bei Middelhoff oder seiner Familie etwas landen würde und wenn ja, wie viel. Die verschlungenen französischen Verbindungen des einstigen Vielfliegers Middelhoff sind nicht die einzigen im Ausland, die der Insolvenzverwalter noch immer nicht ganz durchdrungen hat. "Wir haben noch ein gutes Stück Sachaufklärung zu betreiben, auch was die Auslandsgeschäfte und -transaktionen angeht", sagt Fuest.

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