Thomas Cook:Verreist

Climate Change

Eine Condor-Maschine am Flughafen Leipzig: Die Ferienfluglinie gehörte früher mal zu Lufthansa. Will der Konzern die Airline jetzt zurückerwerben?

(Foto: Michele Tantussi/Bloomberg)

Der Reisekonzern Thomas Cook verhandelt über mehr Geld, um den Winter zu überstehen. Ein neuer Investor sorgt für Verwirrung.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Elf Zeilen lang war die Notiz, die der Touristikkonzern Thomas Cook, der einst die Pauschalreise erfunden hat, am Montag morgen an die Londoner Börse geschickt hat. Das Schreiben ist ein kurzes Update zur geplanten Kapitalerhöhung, die das finanziell schwer angeschlagene Unternehmen über den nächsten Winter bringen soll. Mehrere Male kommen Formulierungen wie "erheblicher Fortschritt" vor. Kurz nachdem die Information heraus war, brach die Thomas-Cook-Aktie erneut ein, dieses Mal um 36 Prozent.

Denn was Thomas Cook mitzuteilen hatte, klang nicht ermutigend. Der Konzern will nun nicht nur 750 Millionen Pfund, sondern 900 Millionen Pfund (965 Millionen Euro) hereinholen. Dies werde "weiteren Liquiditätsspielraum im kommenden Winter (...) bringen und sicherstellen, dass das Unternehmen weiter in seine Strategie investieren kann." Mit anderen Worten: Die erst am 12 Juli angekündigten Pläne haben sich nach nur einem Monat als nicht ausreichend erwiesen. Immerhin grenzt Thomas Cook den Zeithorizont für die Kapitalmaßnahme ein: Anfang Oktober soll die Finanzierungsrunde abgeschlossen sein. Nach hohen Verlusten und vor dem Hintergrund hoher Schulden und Zinslasten hatte das Unternehmen vor einem Monat einen radikalen Schnitt verkündet: Der Konzern wird aufgespalten in einen Reiseveranstalter und eine Fluggesellschaft. Der chinesische Mischkonzern Fosun soll die Mehrheit an dem Reiseveranstalter halten, europäischen Banken die Airline kontrollieren. Der Grund: Europäische Fluggesellschaften müssen mehrheitlich im Besitz europäischer Investoren sein.

Fosun hält derzeit rund 18 Prozent der Thomas-Cook-Aktien und gilt als langfristig interessierter Investor - wobei unklar ist, wie sehr er darauf drängen wird, dass das Geschäftsmodell des Touristikkonzerns in Zeiten von unzähligen Online-Buchungsplattformen grundlegend umgebaut werden muss. Die Banken hingegen, die die Mehrheit an den Airlines, unter anderem an der deutschen Condor, halten sollen, dürften ihr Aktien-Paket wohl kaum langfristig halten wollen, sondern eher schnell wieder loswerden wollen, wenn ein strategischer Investor gefunden ist.

Wer dies sein wird, ist nach wie vor ungewiss. Offiziell hat Lufthansa zuletzt ihr Interesse heruntergespielt. Doch das kann gut und gerne nur Taktik gewesen sein. Denn gleichzeitig hat sie nun in Frankfurt mehrere neue touristische Langstrecken vor allem nach Nordamerika angekündigt, bei denen sie direkt mit Condor konkurriert. Damit werden diese Strecken für mögliche andere Käufer unattraktiver. Condor gilt als gut geführt und ist anders als der Mutterkonzern profitabel - mit im Branchenvergleich akzeptabler Marge. Als Teil des Lufthansa-Konzerns könnte sich die Airline auf die touristischen Langstrecken konzentrieren, das Marktsegment, in dem Billig-Ableger Eurowings bislang sehr gescheitert ist.

Für noch mehr Unklarheit hat zuletzt auch der türkische Unternehmer Neset Kockar gesagt, dem der Reiseveranstalter Anex Tour gehört. Kockar hatte in den vergangenen Wochen einen Anteil von acht Prozent an Thomas Cook aufgekauft, wofür er dank dessen mickriger Marktkapitalisierung nur zehn Millionen Pfund bezahlen musste. Da die Anteile gerade noch billiger geworden sind, könnte Kockar weiter günstig zukaufen und das von Fosun geplante Übernahmeprojekt in Frage stellen. Kockar jedenfalls kritisiert das bisherige Rettungskonzept und betont, Thomas Cook könne auch mit weniger Geld wieder zum Laufen gebracht werden. "Jeder sieht Thomas Cook als eine kaputte Maschine, aber ich glaube, dass es wieder eine großartige Maschine sein kann(...), wenn die richtigen Schritte eingeleitet werden", sagte er der Nachrichtenagentur Bloomberg. Er sehe "Management-Probleme statt nur finanzielle." Kockar fordert zudem, Thomas Cook als Gruppe zu erhalten und nicht aufzuspalten.

Das Unternehmen leidet seit Jahren unter hohen Schulden - Ende März waren es mehr als zwei Milliarden Pfund - und unter strukturellen Schwächen. Anders als Konkurrent Tui ist Thomas Cook vor allem im margenschwachen Massengeschäft präsent, hat zu wenige eigene Hotels und profitiert kaum vom Boom bei den Kreuzfahrten. Der bevorstehende Brexit drückt weiter auf die touristische Nachfrage.

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