Thomas Cook:Im Teufelskreis

Der britische Reiseveranstalter kämpft, die Buchungen gehen zurück, die Kosten steigen. Und die Aktie stürzt ab. Der Konzern kommt nur noch auf einen Börsenwert von weniger als 200 Millionen Pfund. Konkurrent Tui erreicht dagegen 5,5 Milliarden Euro.

Von Caspar Busse, Jens Flottau

Zu feiern gibt es bei Thomas Cook, dem weltweit agierenden Reisekonzern mit Hauptsitz in London, schon lange nichts mehr. Brexit, der Preiskampf im Tourismusgeschäft, steigende Kosten und eine schlechte Buchungslage machen dem Unternehmen sehr zu schaffen. Um fast 90 Prozent ist die Aktie in den vergangenen zwölf Monaten gesunken. An diesem Freitag gab es erneut einen herben Rückschlag: Das Papier rutschte um fast 40 Prozent ab und ist jetzt nur noch etwa zwölf Pence wert. Der ganze Konzern kommt damit auf einen Börsenwert von weniger als 200 Millionen Pfund. Der größte Konkurrent, die Tui-Gruppe, erreicht 5,5 Milliarden Euro.

Auslöser ist diesmal ein Analystenbericht der Citigroup. Darin steht, dass der Aktienwert nun bei Null liege. Der Ausblick für zukünftige Gewinne des Reiseveranstalters sei noch schlechter als erwartet, und obwohl die Citi-Experten den Wert der Bereiche Veranstaltergeschäft und Fluggesellschaften auf rund 738 Millionen Pfund schätzt, wird dieser durch die Schulden des Unternehmens aufgefressen. Das "Kursziel" liege deshalb bei null Pence.

Zu Thomas Cook gehören unter anderem die Fluggesellschaft Condor, der deutsche Veranstalter Neckermann, aber auch Marken wie MyTravel oder Öger Tours. Beschäftigt werden 21 000 Mitarbeiter in 16 Ländern. Es gibt derzeit noch gut 100 eigene Flugzeuge und 200 eigene Hotels und Resorts. 22 Millionen Kunden bringt Thomas Cook in den Urlaub. Die Aussichten sind aber nicht gut: Erst am Donnerstag hatte das Unternehmen mitgeteilt, dass der im ersten Halbjahr saisonal übliche operative Verlust weiter gestiegen sei. Eine Finanzierung durch die Banken sei aber vorerst gesichert. Um die Kosten zu drücken, soll nun Personal in der Zentrale wie in den Reisebüros abgebaut werden. Im ersten Halbjahr schloss Thomas Cook in Großbritannien bereits 21 Reisebüros.

Seaside Economy As Tourism Seen As Tangible Sign Of Recovery

Bleiben die Strände bald leer? Griechische Hoteliers sind verunsichert. Im Bild der Badeort Asprovalta zwischen Thessaloniki und Kavala.

(Foto: Oliver Bunic/Bloomberg)

"Dunkle Wolken hängen über dem Verbrauchervertrauen in Großbritannien", sagte Konzernchef Peter Fankhauser. Aber auch andernorts in Europa, vor allem in Deutschland, hielten sich Konsumenten zurück. In Schweden seien Flugreisen wegen der Klimaschutzbewegung, die von der schwedischen Schülerin Greta Thunberg ausgelöst wurde, weniger gefragt. Dazu kommt: Wenn es Zweifel an die Solidität eines Reiseveranstalters gibt, bleiben oft die Kunden aus. Denn die haben dann Angst, dass sie im Falle einer Insolvenz ihren Urlaub nicht mehr antreten können und das Geld erst einmal weg ist. Weniger Buchungen und Vorauszahlungen verschärfen dann aber wiederum die Krise des Unternehmens. Das könnte dazu führen, dass Hotelpartner die Zahlungsbedingungen verschärfen, was die Finanzen des Unternehmens weiter belasten würde. Es ist ein Teufelskreis.

Um an Kapital zu kommen, will der Reisekonzern seine profitable Flugsparte verkaufen. Am 7. Mai hatte Lufthansa ein erstes unverbindliches Angebot für die deutsche Tochterfirma Condor abgegeben, das auch auf die anderen Thomas-Cook-Airlines ausgeweitet werden könnte. Dem Vernehmen nach gibt es weitere Interessenten, die sich noch nicht öffentlich positioniert haben. Angeblich ist Virgin Atlantic einer der Bieter, auch Easyjet soll einen Einstieg erwägen. Hingegen hat die British-Airways-Muttergesellschaft International Airlines Group (IAG) abgesagt.

ThomasCook

Die Thomas Cook Airlines-Sparte besteht aus drei Flugbetrieben in Deutschland (Condor), Großbritannien und Skandinavien. Insgesamt betreiben die drei Fluglinien, die vom deutschen Manager Christoph Debus geleitet werden, 103 Flugzeuge und sind damit der zehntgrößte Anbieter in Europa. Lufthansa hat vor allem Interesse am Langstreckengeschäft von Condor, will aber versuchen, den deutschen Ableger als Ganzes zu übernehmen.

Condor hat 16 Langstreckenjets am Flughafen Frankfurt stationiert und bedient damit Ferienziele. Das Segment wächst derzeit stärker als der Markt für Geschäftsreisen, weswegen Lufthansa-Chef Carsten Spohr umschwenken und mehr in diesen Bereich investieren will. Die ersten Versuche mit der Konzerntochter Eurowings sind aber bislang schiefgegangen, die Eurowings-Langstrecken sind stark defizitär. Deswegen werden die meisten Eurowings-Großraumjets von ihrer aktuellen Basis in Düsseldorf abgezogen und nach München und Frankfurt verlegt. Große Überschneidungen gibt es zwischen Eurowings und Condor auf den Kurzstrecken, weswegen die Wettbewerbsbehörden voraussichtlich erhebliche Zugeständnisse verlangen werden, bevor sie das Geschäft genehmigen. Condor gehörte bereits bis 2009 zu Lufthansa, es wäre also eine Art Rückkehr.

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