Thomas Cook:Geteilt gerettet

Zuletzt war der traditionsreiche Touristikkonzern schwer angeschlagen. Nun wollen ihn Fosun aus China und die Gläubigerbanken aufspalten. Betroffen sind auch Arbeitnehmer, Urlauber und Fluggäste in Deutschland.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Der finanziell angeschlagene Touristikkonzern Thomas Cook steht kurz vor der Übernahme durch den chinesischen Mischkonzern Fosun. Es seien zentrale Punkte eines Rettungspaketes für Thomas Cook mit Fosun, einem Konsortium von Banken sowie Anleihebesitzern vereinbart worden. Demnach stecken Fosun und Banken insgesamt rund 900 Millionen Pfund in das Unternehmen, die Transaktion soll Mitte Oktober umgesetzt werden.

Der Einigung zufolge wird der Konzern in einen Reiseveranstalter und eine Fluggesellschaft aufgespalten. Die Banken und Fosun investieren jeweils 450 Millionen Pfund und erhalten im Gegenzug unterschiedlich hohe Anteile an den beiden Bereichen: Fosun wird etwa 75 Prozent der Anteile am Reiseveranstalter kontrollieren und etwa 25 Prozent an der Airline-Gruppe; die beteiligten Banken wiederum erhalten 75 Prozent der Anteile an den Fluggesellschaften des Konzerns, zu denen auch die deutsche Condor gehört. Insgesamt beschäftigen allein die Fluggesellschaften rund 9000 Mitarbeiter, davon etwa 4000 bei Condor. Die Airlines haben zusammen gut 100 Flugzeuge in Deutschland, Großbritannien, Spanien und Skandinavien stationiert und arbeiten seit Jahren vergleichsweise eigenständig und profitabel.

Für ihre Beteiligung wollen die Banken bestehende Kredite in eine Unternehmensbeteiligung umwandeln. Das hätte den positiven Nebeneffekt, dass die Zinsbelastung drastisch sinkt. Die hohen Zahlungen, die Jahr für Jahr fällig wurden, waren seit langem ein Problem.

Das komplizierte Konstrukt für die Übernahme ist nötig, weil nur europäische Investoren die Mehrheit an europäischen Fluggesellschaften halten dürfen. Thomas Cook hatte ohnehin aufwendige Vorkehrungen treffen müssen, um nach dem nun für Ende Oktober vorgesehenen Brexit weiterhin die Regeln einhalten zu können.

Die Frage ist, wie lange die Banken die Anteile an den Fluggesellschaften halten wollen

Die Einigung steht unter Vorbehalt, denn die Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen, und die Wettbewerbsbehörden müssen ebenfalls zustimmen. Hat der Deal Bestand, wäre aber für Thomas Cook eine existenzielle Krise abgewendet, der Fortbestand der Unternehmensteile stünde nicht mehr infrage.

Auch die Zukunft der Condor wäre vorerst geklärt. Vor dem Einstieg Fosuns und der Banken hatte auch die Lufthansa ein unverbindliches Angebot für Condor und die anderen Fluggesellschaften der Gruppe abgegeben. Dieses hat sich nun vorerst erledigt. Die Lufthansa kann einerseits gut damit leben, wenn Condor einem Bankenkonsortium und nicht einem Konkurrenten gehört. Andererseits versucht der hiesige Marktführer aber, eine neue Marke und den Flugbetrieb für touristische Fernstrecken aufzubauen. Der Versuch, dieses Segment mit dem eigenen Ableger Eurowings abzudecken, ist bisher gescheitert. Eurowings soll sich nun auf den Europaverkehr konzentrieren, vor allem aber endlich profitabel werden. Wie die touristischen Langstrecken bedient werden, ist aber noch nicht klar. Condor würde als Marke gut in den Konzern passen. Zudem ist die Fluggesellschaft in der Branche als gut gemanagtes, profitables Unternehmen anerkannt. Die Frage ist nun, wie lange die Banken die Anteile an den Fluggesellschaften von Thomas Cook halten wollen und welchen Preis sie bei einem Verkauf erwarten.

Für Fosun wäre Thomas Cook nach Club Méditerranée ein zweites Standbein in der europäischen Touristikindustrie. Der chinesische Investor war allerdings schon zuvor am Konzern beteiligt. Zu Fosun gehören zudem unter anderem die Bank Hauck & Aufhäuser und das Modeunternehmen Tom Tailor.

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