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Textilindustrie:Modehäuser wollen Bangladeschs Arbeiter besser schützen

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Es brauchte erst eine Katastrophe mit mehr als 1100 Toten, um die großen Textilunternehmen zum Handeln zu bewegen. Nach dem Fabrikeinsturz haben jetzt zahlreiche Ketten ein Sicherheitsabkommen unterzeichnet. Ein großes deutsches Unternehmen konnte sich erst nach dem offiziellen Ablauf der Frist zu dem Schritt durchringen.

Von Karin Steinberger

Drei Wochen nach dem Einsturz eines Fabrikgebäudes in Bangladesch mit mehr als 1100 Toten reagieren nun die internationalen Unternehmen auf die Katastrophe. Bis Donnerstag sagten 32 Firmen zu, ein verbindliches Brand- und Gebäudeschutzabkommen zu unterzeichnen, darunter Unternehmen wie H&M, Kik, Inditex, C&A, Primark, Aldi, Zara, Benetton, Rewe sowie Abercrombie & Fitch.

Der Gewerkschaftsverband Uni Global Union in Genf spricht bereits von einem Wendepunkt. Seit Jahren wirbt die Kampagne für Saubere Kleidung bei Unternehmen für das Abkommen - meist vergeblich. Bis zur Rana-Plaza-Katastrophe waren nur PVH (Calvin Klein, Tommy Hilfiger) und Tchibo beigetreten.

Frauke Banse von der Kampagne für Saubere Kleidung sagt: "Die haben einfach auf Zeit gespielt. Es mussten offensichtlich erst viele Tonnen Trümmer auf Menschen niederfallen und sie begraben, bevor hier ein Ruck durch die Unternehmenslandschaft ging. Das ist das wirklich Bittere." Auf einem Treffen Ende April zwischen Gewerkschaften, Textilunternehmen und Arbeitsrechtsinitiativen wurde festgelegt, dass bis zum 15. Mai substanzielle Schritte unternommen werden sollen.

Die Frist lief bis Mitternacht. Der letzte Anruf bei der Kampagne für Saubere Kleidung kam am Mittwoch um 21:53 Uhr. Lidl teilte mit, man werde jetzt auch dem Abkommen zum besseren Schutz der Textilarbeiter in Bangladesch beitreten. Donnerstagmittag, eigentlich nach Ende der Meldefrist, sagte dann auch Otto zu.

Verbindliche, durchsetzbare und transparente Regeln - nur für Bangladesch

In dem Abkommen, mit dem man jahrelang umsonst bei den Unternehmen geworben hatte, geht es um unabhängige Sicherheitsinspektionen, um verpflichtende Reparaturen und Renovierungen, um die Möglichkeit, Geschäftsbeziehungen mit den Fabriken zu beenden, wenn diese notwendige Sicherheitsmaßnahmen ablehnen. Und es geht um die Einbeziehung der Arbeiter und Gewerkschaften.

Teil des Abkommens ist auch eine Beteiligung an den Kosten. Die unterzeichnenden Markenunternehmen verpflichten sich dazu, für die Instandhaltung ihrer Zulieferbetriebe aufzukommen und damit die Arbeitsplätze sicherer zu machen. Es sind verbindliche, durchsetzbare und transparente Regelungen, nur für Bangladesch.

"Jetzt gehe es darum, die Implementierung und Unterzeichnung zu überwachen", sagt Banse. "Tatsache ist, dass es ja keine moralische Erkenntnis ist, die Firmen jetzt dazu bewegt, etwas zu ändern, sondern dass es der öffentliche Druck ist." Die Zeit der "freiwilligen Selbstverpflichtungsrhetorik" sei hoffentlich vorbei. Davor hatten die meisten Firmen auf private Auditings verwiesen. So prüfte etwa der TÜV eine der Fabriken im Rana Plaza drei Mal in den Jahren 2011 und 2012. Das Ergebnis: keine Baumängel.

Aber es gibt auch Firmen, die nicht beigetreten sind. Die US-Konzerne Gap und Walmart zum Beispiel, oder die deutschen Unternehmen NKD, Metro und Ernstings. Der Generalsekretär von Industriall Global Union, Jyrki Raina, sagt, man werde die Tür auch nach dem Ablauf der Frist einen Spaltbreit für weitere Unternehmen offen halten.

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Quelle:
SZ vom 17.05.2013
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