Test: Multimedia im Wohnzimmer:Heimkino zum Vergessen

Seit Jahren versprechen Hersteller das vernetzte Wohnzimmer - in der Praxis ist das aber oft eine schwierige Angelegenheit, bei der selbst hochgelobte Systeme versagen.

Helmut Martin-Jung

Manchmal ist es so, dass die Technik Probleme lösen muss, die man ohne sie nie gehabt hätte. Seit sich zum Beispiel über Satellit und Antenne Fernsehen in digitaler Qualität am PC aufnehmen lässt und sogar schon billige Schnappschusskameras ansehnliche Digitalvideos aufzeichnen, seit Fotos und Musik fast nur noch in Bits und Bytes gespeichert werden, seit vielen Jahren also verspricht die Industrie, es sei ganz einfach, alle Inhalte von Computern auf den Fernseher oder die Hi-Fi-Anlage zu bringen.

Heimkino

Das Heimkino der Zukunft soll über den Computer vernetzt werden - die aktuelle Software hat damit allerdings deutliche Probleme.

(Foto: iStock)

Und Internet, heißt es nun, gebe es noch obendrein. Doch wer nach dem einen Gerät sucht, das all das kann, wird bald merken, dass er einem Phantasiewesen nachjagt - der eierlegenden Wollmilchsau.

Es war vor gut eineinhalb Jahren, da brachte die bis dahin in Deutschland weitgehend unbekannte Firma Wyplay aus Südfrankreich für gut 300 Euro ein Gerät auf den Markt, das zumindest perspektivisch ein solcher Alleskönner hätte werden können. Die flache, minimalistisch-schwarz designte Box enthält zwei (DVB-T-)Fernseh-Empfänger, eine 500-Gigabyte-Festplatte sowie ein System mit Linux-Betriebssystem, dazu eine innovative Fernbedienung mit Drehschalter.

Hätte Wyplay das ursprüngliche Versprechen eingehalten, die Software in regelmäßigen Abständen zu verbessern, müsste man sich zum Beispiel nicht darüber ärgern, dass die Box manchmal unerträglich lange irgendwo hängenbleibt und man keinen Hinweis darauf erhält, was nun eigentlich los ist.

Die meisten Videoformate kennt der Player zwar, Bilder werden aber sehr langsam geladen. Dazu gesellen sich Probleme bei der Einbindung ins heimische Netz: Das Projekt schlief relativ schnell ein. Demnächst, so heißt es auf der Wyplayer-Website, soll aber noch ein Update der Software folgen.

Der deutsche Hersteller Terratec hat sich mit seinen Noxon-Webradios einen recht guten Ruf erworben, vor kurzem erschien nun ein weiterer Mediaplayer. Der Noxon M 740 (200 Euro) hat das Hi-Fi-Maß von 43 Zentimeter Breite, passt sich also in bestehende Anlagen unauffällig ein.

In einen Schacht lässt sich werkzeuglos eine Festplatte mit S-ATA-Anschluss einbauen, man kann sie aber auch über eine Buchse extern ankoppeln. Der M 740 spielt so ziemlich alles ab, was man ihm vorsetzt, doch zum Fabelwesen fehlt ihm leider ein bisschen kommunikatives Talent. Was wir auch anstellten, auf den Computern im Haus tauchte das Gerät im Netzwerk einfach nicht auf.

Unterirdische Geschwindigkeit

Dass das nicht an irgendwelchen verkorksten Einstellungen lag, zeigte ein weiterer interessanter Kandidat, der Live-Hub von Western Digital (180 Euro). Der Hub des Festplatten-Herstellers bringt eine eingebaute Festplatte mit einem Terabyte Speicherplatz mit, das reicht für etwa 200 DVDs. Kaum war das Gerät angesteckt, schon meldete sich das Gerät im Netzwerk zum Dienst.

Würde es uns nun endlich erspart bleiben, die zwei bis drei Gigabyte, die ein am Computer aufgenommener Spielfilm an Platz belegt, auf eine externe Festplatte zu speichern, die dann am Player angeschlossen wird? Im Prinzip ja, nur müsste man dann frühzeitig damit anfangen, sehr frühzeitig. Die Übertragungsgeschwindigkeit der Netzwerkschnittstelle ist nämlich unterirdisch, die bis Testende verfügbaren Software-Updates behoben das Problem nicht.

Dabei macht der Live Hub sonst eine ausgezeichnete Figur, frisst fast alle Videoformate und bringt auch brauchbare Internet-Apps mit. Ohne Internet geht auch bei Spielekonsolen längst nichts mehr, auch sie versprechen neben Spaß und Spiel, die digitalen Inhalte der Rechner im Haus auf den Fernseher zu bringen.

Deutliche Schwächen bei Xbox und iPad

Wir haben das mit Microsofts Xbox 360 (250 Euro) ausprobiert. Eigentlich sollte man meinen, dass die Anbindung im Universum eines Herstellers funktionieren müsste. Sie tut das aber wohl nur unter Laborbedingungen. Test 1: Eine USB-Festplatte, die mit dem Dateisystem NTFS von Microsoft formatiert ist - wird leider nicht erkannt. Test2: Filme abspielen, die wir auf unserem Rechner mit Windows 7 im Arbeitszimmer gespeichert und für den Abruf im heimischen Netz freigegeben haben.

Man glaubt gar nicht, wie mühsam es sein kann, mit dem Gamepad durch Dateistrukturen zu surfen - zumal, wenn es so langsam funktioniert wie auf der Xbox. Als wäre der Bildschirm eine zähe Masse.

Hat man sich endlich zum Film durchgekämpft, wartet die nächste Enttäuschung. Immer wieder mal bricht der Datenstrom unvermittelt ab, beim Versuch, den Film wieder in Gang zu bringen, hängt sich die ganze Konsole auf - das ist Heimkino zum Abgewöhnen und es nützt auch wenig, dass man sich mit der sonst gelungenen Kinect-Steuerung schon bald ohne Fernbedienung durch die Mediensammlung fuchteln kann.

An dieser Stelle setzt sich nun üblicherweise der PC-Hasser an sein MacBook und beschreibt, wie reibungslos bei ihm alles funktioniere. Nun, es ist in der Tat bemerkenswert, wie es das winzige AppleTV, es ist kaum größer als eine Zigarettenschachtel, beispielsweise hinkriegt, einen abendfüllenden Spielfilm von einem iPad auf die Box zu beamen.

Nur zweimal bricht der Datenstrom für ein paar Sekunden ab, das lässt sich verschmerzen. Das alles, man merkt das schnell, greift vergleichsweise reibungslos ineinander, weil Apples Box sich auf Weniges beschränkt. Der Film ist nicht im Apple-genehmen MP4-Format? Muss man ihn eben umwandeln. Festplatte anschließen? Geht nicht. Film vom Computer anschauen? Dazu bitte die Software iTunes ausführen. Wer sich seine Filme überwiegend bei Apple kauft, mag damit gut leben können, für unseren Medien-Gemischtwarenladen ist das nichts.

Auch Videorekorder waren früher schwer zu programmieren und produzierten Bandsalat, aber einfacher ist die Sache heute nicht geworden. Wenn es funktioniert, entschädigen die klaren digitalen Bilder für vieles, aber die Geräte sind (bedien-)technisch noch immer auf einem Stand, den man einem Couch-Potato eigentlich nicht zumuten kann.

Wenn das aber so ist, lohnt vielleicht doch einmal der Blick auf einen richtigen Wohnzimmercomputer, der nicht die Welt kostet, von dem wir bisher aber abgesehen haben. Es könnte nämlich sein, dass das die Sache auch nicht einfacher macht. Sachdienliche Hinweise sind ausdrücklich erwünscht.

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