Volkswagen:Wo steht die beste Fabrik?

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Will nicht "Königin von Wolfsburg" genannt werden: Betriebsratschefin Daniela Cavallo. (Foto: Kevin Nobs/dpa)

Wasser, Computerteile, Unternehmenskultur: Mit welchen Problemen Tesla in Brandenburg und VW in Niedersachsen kämpfen.

Von Max Hägler

Bemerkenswert an Volkswagen ist ja, wenn es in dem Konzern einmal leise zugeht, zumal am Hauptsitz Wolfsburg, den Manager gern als "Schlangengrube" bezeichnen.

Insofern war dieser Mittwoch ein bemerkenswerter Tag, verglichen mit dem Gezeter zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern Ende des vergangenen Jahres: VW-Chef Herbert Diess nahm diesmal ohne Murren teil an einer Betriebsversammlung. Und er provozierte nicht, indem er über "Verkrustungen in der Zentrale" lästerte, sondern versuchte sich tatsächlich in guter Laune. Letztlich ging es an diesem Mittwoch um etwas, das selten im Vordergrund steht bei VW, um Sachfragen.

Weil Halbleiter fehlen, können 300 000 Autos nicht gebaut werden

Wobei auch diese von Relevanz sind. Denn Wolfsburg, das ist die Zentrale von Europas größtem Autokonzern. Was hier läuft, beeinflusst früher oder später die Republik. Oder was nicht läuft: Weil Computerchips fehlten, könnten über 300 000 Autos pro Jahr hier am Hauptstandort nicht gebaut werden, beklagte die Konzernbetriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo. Bei allen Autoherstellern sind die Teile knapp, und bei VW-Konzern gilt eine Zuteilung, die besonders schmerzt: Audi und Porsche bekommen die raren Chips eher, weil sich dort mehr Geld pro Auto verdienen lässt, und schließlich würden auch E-Autos bevorzugt, die aber in Wolfsburg derzeit nicht gefertigt werden. Jobs sind in Wolfsburg dadurch akut zwar nicht bedroht, aber lukrative Nachtschichten fallen weg und auch einige Hundert Jobs für Leiharbeiter.

"Die Halbleiter sind die einzig große Herausforderung, die auch für Wolfsburg die größte Sorge ist", sagte Diess. Aber ansonsten sei der Standort - den er bislang so sehr geschmäht hatte - auf dem allerbesten Weg. Ein neues Entwicklungszentrum entstehe. Und auch das "Projekt Trinity" schreite voran. So heißt die ganz neue Generation von Autos, die ab 2026 auf die Straße kommen soll - natürlich elektrisch und natürlich mit weitgehenden Assistenzsystemen. An ihrem Erfolg werde sich das Schicksal von VW entscheiden, glaubt der Vorstandschef, und das glauben auch die Betriebsräte, die deutlich mitreden bei der Frage nach dem besten Standort für die Fabrik.

"Wir kämpfen für die Trinity-Produktion direkt hier in Wolfsburg, das heißt entweder auf dem Werksgelände oder in direkter Nähe zum Stammwerk", sagte Cavallo bei der Betriebsversammlung. Ein zusammenhängendes "Cluster am Mittellandkanal" sei am besten geeignet, die Marke VW wie den Konzern insgesamt in die Zukunft zu führen. Diess legte sich dazu zwar nicht genau fest, erklärte aber, was für ihn wichtig ist: "Ich spüre eine neue Energie hier in Wolfsburg und auch die Lust auf den Wettbewerb mit Grünheide."

Auf dem Gelände der künftigen Tesla-Autofabrik in Brandenburg wird noch gebaut. (Foto: Christophe Gateau/dpa)

Grünheide, damit ist die neue Tesla-Fabrik 200 Kilometer weiter im Osten gemeint, bei der es um ganz andere Fragen geht. Noch ist die Serienfertigung hier gar nicht angelaufen wie eigentlich geplant: Die große Frage ist weiterhin, wo das Wasser herkommen soll für die Produktion. Gerichte und Behörden sind damit befasst, eine Betriebsgenehmigung vor März ist deshalb unwahrscheinlich. Doch die meisten Hallen stehen schon, Roboter und Maschinen sind installiert, und einige Hundert Wagen wurden hier bereits zusammengebaut.

Von einer Mitsprache ist die IG Metall bei Tesla ganz weit entfernt

Laufen die Bänder, könnte das für Volkswagen und auch alle anderen Herstellern unangenehm werden: Von einer im Vergleich zu VW doppelt so hohen Produktivität in der perfekt durchdachten Tesla-Fabrik spricht Diess. Und auch den Gewerkschaften bereitet der Konkurrent Kopfschmerzen: Denn von einer Mitsprache ist die IG Metall in Grünheide ganz weit entfernt. Zwar stehen bei Tesla Ende Februar Betriebsratswahlen an, aber ganz andere als in Wolfsburg: Kandidaten aus der Produktion gibt es keine; nur Manager stehen zur Wahl. Und auch sonst fällt die Organisation schwer. Viele der Beschäftigten stammen aus Polen und lassen sich erfahrungsgemäß nur schwer begeistern für Gewerkschaftsmitgliedschaften, Tarifverträge und Betriebsversammlungen.

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