Süddeutsche Zeitung

Tesla:Tesla feuert bis zu 700 Mitarbeiter

  • Bei dem Elektroauto-Hersteller müssen bis zu 700 Mitarbeiter gehen.
  • Das Unternehmen lieferte zuletzt weit weniger Autos aus als von Firmengründer Elon Musk prognostiziert.
  • Sämtliche Positionen sollen neu besetzt werden.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Irgendwer muss ja schuld sein, dass das alles nicht so läuft wie geplant. "Bei jedem Unternehmen, gerade bei einem mit mehr als 33 000 Angestellten, führen die Jahresgespräche manchmal dazu, dass Mitarbeiter eine Firma verlassen", heißt es in einem Statement des Elektroautobauers Tesla. Die Zeitung San José Mercury News hatte zuvor berichtet, dass in der vergangenen Woche insgesamt 400 bis 700 Leute in verschiedenen Bereichen entlassen worden seien. Das Unternehmen dementiert die Zahl nicht, sondern lässt verlautbaren, sämtliche Positionen neu besetzen zu wollen: "Tesla wird weiter wachsen und neue Angestellte auf der ganzen Welt einstellen."

Es war also Zeugniswoche bei Tesla: Wer ordentlich gearbeitet hatte, der bekam einen Bonus oder wurde befördert, es gab Kritik - und bei ungenügenden Leistungen eben die Kündigung. Bei börsennotierten Unternehmen gibt es zur Überprüfung der Leistungen gewöhnlich Quartalszahlen, doch Tesla ist nun mal kein gewöhnliches Unternehmen. Es wirkt wie ein Siebtklässler, der permanent schlechte Noten nach Hause bringt - von den Lehrern dennoch geliebt und versetzt wird, weil er verspricht, in der aktuellen Jahrgangsstufe unterfordert zu sein und in ein paar Jahren die beste Abiturnote der Geschichte hinzulegen.

Anfang August etwa verkündete Tesla für das Vierteljahr davor einen Rekordverlust von 336 Millionen Dollar, allerdings sagte Gründer Elon Musk: "Noch nie habe ich mich so gut gefühlt, wenn ich an Teslas Zukunft denke." Er gab folgende Produktionsprognosen für die Massenmarktversion Model 3 aus: 100 Fahrzeuge im August, mehr als 1500 im September, und Ende des Jahres könnten es schon 20 000 monatlich sein. "Die nächsten sechs Monate werden die Produktionshölle sein", sagte Musk. Wer die Welt verändern möchte, der erlebe nun mal "großartige Höhen, schreckliche Tiefen und unerbittlichen Stress". Musk behauptet von sich selbst, pro Woche etwa 80 Stunden zu arbeiten.

Musk hat sich um mehr als 80 Prozent vertan

Es hätten also Ende September 1600 Model-3-Fahrzeuge sein sollen, tatsächlich hat das Unternehmen nur 260 gebaut und 220 davon an die Kunden ausgeliefert. Musk hat sich also um mehr als 80 Prozent vertan. Dazu gibt es Berichte über unzufriedene Mitarbeiter, Produktionsfehler aufgrund des immensen Drucks, in der vergangenen Woche hat das Unternehmen 11 000 Model-X-Fahrzeuge wegen defekter Rückbänke zurückgerufen. Die Automatisierung sei keineswegs so fortgeschritten wie gewünscht, große Teile des Model 3 würden per Hand zusammengebaut, berichtete kürzlich das Wall Street Journal. Tesla dementierte den Bericht umgehend, Musk veröffentlichte auf dem sozialen Netzwerk Instagram ein Video, in dem eine einzelne Maschine reibungslos arbeitet. Was dieses Video mit der Produktionen eines kompletten Fahrzeugs zu tun hat, das verriet er allerdings nicht.

Die guten Nachrichten für Tesla: Knapp 500 000 Leute haben mittlerweile 1000 Dollar angezahlt und sich dadurch ein Exemplar reserviert, das in der Grundausstattung 35 000 Dollar kosten soll. Die Menschen glauben an die Vision des Firmengründers, der Aktienkurs ist in den vergangenen zwölf Monaten um mehr als 77 Prozent gestiegen, das Unternehmen wird derzeit mit knapp 60 Milliarden Dollar bewertet und ist wertvoller als etwa Ford. Tesla bleibt ein Versprechen auf eine bessere Zukunft - und Musk, bekannt für seine forschen Prognosen und großen Verzögerungen, kann sich derzeit darauf verlassen, dass an der Börse nur selten die gegenwärtigen Ergebnisse beurteilt werden - noch zumindest.

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Quelle:
SZ vom 16.10.2017/jael
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