Süddeutsche Zeitung

Tesla:Erst zahlen, dann stornieren

Probleme in der Produktion: Der Autobauer Tesla liefert sein Model 3 deutlich später aus als geplant, deshalb könnten Zehntausende von Kunden in den USA einen Steuervorteil verlieren - und womöglich vom Kauf zurücktreten.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Elon Musk ist, das haben die vergangenen Wochen gezeigt, nur nebenberuflich Elektroautobauer, Weltraumvisionär, Tunnelbohrer und Flammenwerferhersteller. Denn vor allem ist er einer der unterhaltsamsten Entertainer. Im April 2016 schrieb er auf dem Kurznachrichtendienst Twitter über der Tesla-Model-3: "180 000 Reservierungen innerhalb von 24 Stunden. Der Preis mit durchschnittlicher Ausstattung dürfte bei 42 000 Dollar liegen. Also: 7,5 Milliarden Dollar an einem Tag. Die Zukunft der Elektroautos sieht rosig aus!"

Im August vergangenen Jahres sprach Musk sogar von mehr als 450 000 Reservierungen, seiner Rechnung zufolge wären das 18,9 Milliarden Dollar. Weil aber jeder, der dieses Auto gerne haben möchte, erst einmal nur eine Anzahlung von 1000 Dollar leisten muss, sind es für Tesla dann doch nur Model-3-Einnahmen in Höhe von 450 Millionen Dollar. Insgesamt haben Kunden für sämtliche Modelle laut aktueller Quartalszahlen knapp 854 Millionen Dollar angezahlt.

Was Elon Musk nicht gut kann, ist, schlechte Nachrichten zu verbreiten. So redete Gutelaune-Musk im Gespräch mit Experten anlässlich der jüngsten Quartalszahlen von Tesla (das Unternehmen hatte einen Rekordverlust von 771 Millionen Dollar vermeldet) nicht darüber, dass Vertriebschef Jon McNeill das Unternehmen verlassen hat - und auch nicht darüber, wie sehr sich die Auslieferung der Standard-Version von Model 3 verzögern dürfte. In einer E-Mail an die Kunden hieß es erst am Abend: "Wir arbeiten hart daran, die Nachfrage zu erfüllen. Wir möchten Sie darüber informieren, dass wir den Zeitpunkt der Auslieferung ein wenig anpassen mussten." Sie kann sich nun bis Anfang 2019 ziehen.

Die Probleme könnten gravierende Auswirkungen haben. Wer sich derzeit in den USA ein Elektroauto kauft, wird steuerlich bis zu 7500 Dollar entlastet. Das gilt so lange, bis ein Hersteller 200 000 Autos verkauft hat. Tesla sollt dies in diesem Jahr erreichen. Die Frage lautet: Ist der Tesla-Model-3 auch dann noch attraktiv, wenn es keine Steuererleichterung mehr gibt? Andere Hersteller wie Kia oder Hyundai wollen noch in diesem Jahr Elektroautos in der Model-3-Preisklasse auf den Markt bringen, andere wie Volvo und GM Anfang kommenden Jahres. Tesla hat die Revolution des Personentransports begonnen, keine Frage, doch ist das Unternehmen nun nicht mehr der einzige Mitspieler. Außerdem könnten zahlreiche Kunden ihre Anzahlung zurückfordern. Dann würde nicht nur dieses Geld fehlen, sondern eben auch die gewaltige Nachfrage, auf die das Unternehmen gerne verweist.

Musk sieht das freilich gelassener als viele Tesla-Fans. Er veröffentlicht Bilder vom roten Tesla-Roadster, den er mit der Space-X-Rakete Falcon Heavy ins All geschossen hat. "Die Leute glauben, dass wir wohl auch die Model-3-Produktion lösen können, wenn es uns gelingt, einen Roadster in den Asteroidengürtel zu schicken", sagte er. Auf dem Armaturenbrett des Weltall-Fahrzeugs ist eine Botschaft angebracht, ein Zitat aus dem Roman "Per Anhalter durch die Galaxis": "Don't Panic."

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Quelle:
SZ vom 14.02.2018
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