Die Geschichte ist voll von Figuren wie ihm. Stets an der Grenze zwischen Genie und Wahnsinn. Ein Großdenker, ein Neuerfinder, ein Andersmacher. Für so einen zu arbeiten - das muss aufregend sein. So denken sich das viele bei Elon Musk, bewerben sich bei seinen Unternehmen Tesla und Space-X und merken dann schnell: Nur weil jemand ein Unternehmergenie ist, muss er nicht auch ein guter Chef sein. Ganz im Gegenteil.
Elon Musk, laut Ranking des US-Magazins Forbes der reichste Mann der Welt, hat mal wieder Schlagzeilen damit gemacht, wie gnadenlos er seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter behandelt. Diesmal ging es um das von ihm mit Leidenschaft verhasste Home-Office. Arbeiten von zu Hause aus hat er mit sofortiger Wirkung per E-Mail abgeschafft, und zwar so richtig. "Jeder, der bei Tesla arbeitet, muss mindestens 40 Stunden in der Woche im Büro verbringen", schrieb Musk an die Beschäftigten des US-Elektroautobauers in der Mail, die der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt. "Wenn jemand nicht erscheint, müssen wir davon ausgehen, dass diese Person das Unternehmen verlassen hat." Tesla antwortete nicht auf eine Bitte um Stellungnahme.
In einer E-Mail an seine Führungskräfte schrieb er, man dürfe zwar von zu Hause arbeiten, aber nur zusätzlich zu den 40 Stunden im Büro. Diese Mail gelangte in die Öffentlichkeit, bei Twitter antwortete Musk auf die Frage, ob nicht manche seiner Mitarbeitenden denken könnten, dass diese Art der Arbeit nicht mehr zeitgemäß sei: "Dann sollen sie halt woanders so tun, als würden sie arbeiten."
Bei Twitter darf man bisher dort arbeiten, wo man sich am produktivsten fühlt
Damit stemmt sich Musk gegen einen Trend. In vielen US-Unternehmen gerade aus der Tech-Branche und im Silicon Valley ist es inzwischen üblich, dass sich Mitarbeitende aussuchen können, ob sie ins Büro kommen und wie häufig. Laut einer aktuellen Studie des Working From Home Researchs Projects verbringen Amerikaner noch immer mehr als ein Drittel ihrer bezahlten Arbeitstage im Home-Office - und das, obwohl es in den USA fast keine Corona-Schutzmaßnahmen mehr gibt. Sehr viele Arbeitgeber planen auch für die Zukunft mit hybridem Arbeiten, also einem Teil der Belegschaft im Betrieb und einem anderen Teil am Schreibtisch zu Hause. Allerdings ist auch unter amerikanischen Arbeitgebern umstritten, ob eine verstreute Arbeitnehmerschaft nicht zu Nachteilen führt. Auch die Google-Mutter Alphabet etwa will deshalb die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit sanftem Druck zurück in die Büros holen.
Unternehmen, die Home-Office erlauben - "wann haben die zuletzt etwas Tolles erfunden?", lästert Musk. In Sonderfällen will er persönlich prüfen, ob er einem Tesla-Mitarbeiter vielleicht doch erlaubt, mal von zu Hause zu arbeiten. Aber das sollen eben Sonderfälle sein. Über die Zentrale des Kurznachrichtendiensts Twitter, den er gerade übernehmen will, schrieb er vor Kurzem polemisch, dass man sie doch in eine Obdachlosenunterkunft umwandeln solle, "weil ja sowieso kein Mensch je da ist". Bei Twitter gibt es großzügige Heimarbeitsregeln: "Wo auch immer man sich am produktivsten und kreativsten fühlt, das ist der Ort, wo man arbeiten wird, und das schließt auch dauerhaftes Home-Office ein", findet Twitter-Chef Parag Agrawal. Unter einem Twitter-Eigentümer Musk dürfte sich das ändern. Im Mai 2020 hatte der entgegen den geltenden pandemiebedingten Restriktionen sein Tesla-Werk im kalifornischen Fremont wieder eröffnet. Infektionen folgten.