Tesla:Elon Musk, das wahnsinnige Genie

  • Tesla-Chef Elon Musk kündigt an, sein Unternehmen privatisieren zu wollen und löst damit heftige Reaktionen an den Finanzmärkten aus.
  • Unklar ist, ob er seine Ankündigung wirklich ernst meinte. Sollte er Anleger getäuscht haben, könnte er noch Probleme bekommen.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Zwei Dinge im Leben sind gewiss. Nein, es geht nicht um Benjamin Franklin und seine Aussage zu Tod und Steuern, sondern um Elon Musk und seinen Elektroauto-Hersteller Tesla, bei dem man sich auf zwei Dinge verlassen kann. Erstens: Tesla braucht dringend Geld, schließlich hat es im vergangenen Quartal einen Verlust von 743 Millionen Dollar eingefahren, steht bei Zulieferern mit drei Milliarden Dollar in der Kreide und hat derzeit noch Barreserven von 2,2 Milliarden Dollar übrig. Zweitens: Musk hält jeden, der auf diese Zahlen hinweist und nicht vollständig vom langfristigen Erfolg der Firma überzeugt ist, für einen hirnverbrannten Hornochsen und teilt dies auch öffentlich mit.

So gesehen klingt es natürlich erst einmal sinnvoll, dass Musk das börsennotierte Unternehmen privatisieren will und damit unabhängig von den Erwartungen der Investoren zu sein. Einer Serie von Tweets ("Denke darüber nach, Tesla für $420 zu privatisieren", "Wird die negative Propaganda der Short-Seller beenden" und "Unterstützung der Investoren bestätigt", unterbrochen von einem, ja wirklich: "Guten Morgen") folgte eine mittlerweile veröffentlichte Nachricht an die Tesla-Mitarbeiter, in der Musk unter anderem schreibt: "Mir gehören derzeit 20 Prozent des Unternehmens, und ich habe nicht vor, dass sich daran durch den Deal signifikant was ändern wird."

Musk, 47, ist ein impulsiver Typ, er hat schon verrücktere Sachen verkündet und dann auch getan. Vom Verkehr in Los Angeles war er so genervt, dass er schnell mal die Tunnelfirma The Boring Company gründete, deren Finanzierung er zu Beginn unter anderem über den Verkauf von Flammenwerfern sicherte. Musk ist ein Genie, und er ist zugleich ein Wahnsinniger - er ist ein wahnsinniges Genie, und deshalb traut sich auch kaum jemand, bei einer neuen Idee oder einem neuen Twitter-Eintrag mal klipp und klar zu sagen, ob das nun genial oder wahnsinnig ist. Meistens ist ja tatsächlich beides gleichzeitig möglich.

Bevor es nun also um die mögliche Privatisierung von Tesla geht, muss erst noch einmal erklärt werden, was da am Dienstag tatsächlich passiert ist, und am besten lässt sich das so tun, wie es Douglas Coupland in seinem Roman "Microserfs" mit Microsoft-Gründer Bill Gates getan hat. Es gibt darin diese Passage: "Wenn Du 10 000 Aktien hast (und viele Mitarbeiter haben deutlich mehr), und der Kurs steigt um einen Dollar, dann hast du 10 000 Dollar verdient. Wenn er aber zwei Dollar sinkt, hast du 20 Riesen verloren. Es ist ein Psycho-Jo-Jo. (...) Am Freitag ist der Kurs um 1,75 Dollar gestiegen. Bill gehören 78 000 000 Aktien. Das heißt, er ist nun 136,5 Millionen Dollar reicher."

Der Aktienkurs von Tesla lag am Donnerstagmorgen bei 340 Dollar, das Unternehmen wurde also mit 57,46 Milliarden Dollar bewertet. Musk gehören etwa 20 Prozent, seine Anteile waren also knapp 11,5 Milliarden Dollar wert. Nach den Ankündigungen von Musk, schoss das Papier nach oben, bei einem Kurs von 367 Dollar wurde die Aktie vorübergehend vom Handel ausgesetzt, am Ende des Tages war sie um etwa elf Prozent gestiegen. Musk ist am Dienstagmorgen mit seinem Privatflugzeug, eine Gulfstream G650, vom Flughafen im Norden von Los Angeles aus nach Reno gereist, wahrscheinlich ist er von dort aus zur Gigafactory von Tesla gefahren. Am Abend ist er nach San José gereist, über diesen Flughafen gelangt man zur Fabrik in Fremont. Dazwischen ist Musk durch ein paar Einträge bei Twitter und einen Brief an die Tesla-Mitarbeiter um 1,25 Milliarden Dollar reicher geworden. Klingt wahnsinnig genial, oder?

"Das kommt alles unglaublich überraschend, aber das ist nun mal die Welt von Elon Musk und Donald Trump, in der Twitter eine riesige Rolle spielt", sagt Analyst Efraim Levy von der Firma CFRA Research, und es ist schon interessant, dass Levy diese beiden Männer im gleichen Satz erwähnt. So unterschiedlich Trump und Musk sein mögen, ihr Verhalten auf dem Kurznachrichtendienst, die Impulsivität sowie der Umgang mit Personen, die ihnen nicht genehm sind, ist ziemlich ähnlich: "Es würde ihm definitiv nutzen, die Firma zu privatisieren. Sein Führungsstil ist nicht darauf ausgelegt, mit all den Störgeräuschen umzugehen, die es bei einem börsennotierten Unternehmen nun einmal gibt."

Zwei Worte könnten Musk noch zum Verhängnis werden

Wer sich nun ein bisschen umhört bei den üblichen Investoren-Verdächtigen, der bemerkt, dass das Interesse an einer Privatisierung von Tesla zwischen "sehr gering" und "nicht vorhanden" pendelt. Es scheint kaum jemand 420 Dollar bezahlen zu wollen, wo die Aktie doch trotz des mächtigen Anstieges am Dienstag für 370 Dollar zu haben ist. Es gibt Gerüchte, dass nach dem Staatsfonds Saudi-Arabiens auch Investoren aus China auf Tesla schielen würden. Aber wie schon gesagt: All das sind nur Gerüchte, es gibt keine Stellungnahmen dazu.

Es gibt auch noch ein weiteres Gerücht, das die Leute am Telefon nur sehr leise, aber mit nicht überhörbarem Sarkasmus erzählen: All die Short-Seller, die auf einen Niedergang des Unternehmens gewettet haben, müssten nun bis zur Privatisierung bei 420 Dollar im großen Stil Tesla-Aktien kaufen, um ihre Verluste einzudämmen, der Kurs dürfte sich dadurch recht zuverlässig in Richtung 420 Dollar bewegen. Elon Musk hätte es dann all jenen, die er für hirnverbrannte Hornochsen hält, weil sie nicht an ihn glauben, so richtig gezeigt, und ganz nebenbei wäre er durch diesen gewaltigen Anstieg des Aktienkurses auf 420 Dollar um insgesamt 2,7 Milliarden Dollar reicher geworden. Wahnsinnig genial. Oder doch nicht?

Bislang hat Musk nur geschrieben, dass er Tesla gerne privatisieren würde. Und er hat mehrmals verkündet, dass die "Finanzierung gesichert" sei. Diese beiden Worte könnten ihn noch verfolgen, zumal Musk vor sieben Wochen insgesamt 72 500 Tesla-Aktien gekauft hat. Gab es damals schon die Pläne zur Privatisierung? Wer wusste nun davon? Hat Musk die Anleger rechtmäßig informiert? "Wenn die Finanzierung nicht gesichert ist, und der Deal nicht zustande kommt, dann könnte es Probleme geben", sagt Ira Matetsky von der Anwaltskanzlei Genfer & Shore. Musk könnte die Investoren mit bewussten Falschmeldungen in die Irre geführt haben.

Es gibt noch eine Sache, die gewiss ist, zumindest in der Welt von Elon Musk: Langweilig wird es nicht.

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