Anleger-Abstimmung bei Tesla:Musk darf machen, was er will

Lesezeit: 3 Min.

Die Aktionäre von Tesla haben für ein milliardenschweres Vergütungspaket für Konzernchef Elon Musk gestimmt. (Foto: FREDERIC J. BROWN/AFP)

Bei der Tesla-Anleger-Abstimmung führt das Milliardenpaket für Elon Musk zu Schlagzeilen. Dabei geht es eigentlich nicht um Geld. Das eindeutige Votum der Anleger: Mach mal, wir glauben an dich.

Kommentar von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Man kennt das aus dem Straßenverkehr: Mal wieder nur Hornochsen unterwegs, außer einem selbst, und warum gibt es auf dieser schnurgeraden Autobahn bei bester Sicht, optimalem Straßenbelag und wenig Verkehr ein Tempolimit? Mal ehrlich: Es würden alle genauso sicher, aber ein bisschen schneller und vor allem entspannter ankommen, würden sich alle so verhalten wie man selbst – und würde sich der Staat nicht dauernd einmischen mit seinen Verboten und Regeln!

Letztlich hat Elon Musk genau diese Frage gestellt: Tesla ist doch das bestmögliche Unternehmen, wenn dort genau das getan wird, was ich für richtig halte – oder etwa nicht? „Diese Fabrik würde es nicht geben, wenn ich kein Optimist wäre“, sagte Musk bei der Anlegerversammlung im US-Bundesstaat Texas am Donnerstag: „Am Ende liefere ich – das ist wichtig.“

Stimmt schon: Tesla war 2008, als er Chef wurde, eine unbedeutende Firma mit E-Roadster, dessen Produktion gerade erst begann – mittlerweile ist es mit einem Börsenwert von 570 Milliarden Dollar der wertvollste Autokonzern der Welt; ein Pionier nicht nur bei Elektroautos, sondern auch in Robotik und damit Produktion sowie Selbstfahr-Technik.

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An diesem Donnerstag entscheidet sich, ob Elon Musk ein milliardenschweres Aktienpaket bekommt – und wie es mit ihm und Tesla weitergeht. Sollte der Deal platzen, könnte der Firmenchef hinwerfen.

Von Jürgen Schmieder

Es wird bei der Bewertung der Anlegerabstimmung – in allen Punkten pro Musk – wirklich überall das Aktienpaket für Musk in den Vordergrund gestellt, aktuell etwa 55 Milliarden Dollar wert. Klar, sorgt für eine aufregende Schlagzeile und provoziert Debatten, ob eine der reichsten Personen noch reicher sein sollte. Es ist aber irreführend – denn es ging nicht um Geld. Es mag zynisch klingen, doch ist es wirklich von eher geringer Bedeutung, ob das Vermögen von Musk 155 oder 200 Milliarden Dollar beträgt. Viel wichtiger ist, wofür die Abstimmung und damit dieses Paket stehen, nämlich: Im Endeffekt kann Musk bei Tesla machen, was immer er will.

Sollte Richterin Kathaleen McCormick dem Anlegervotum folgen und den Deal von 2018 entgegen ihrer Entscheidung vom Januar für gültig erklären, würde Musk 20,5 Prozent der Aktien halten; Musk hatte gesagt, dass er 25 Prozent brauche, um Tesla nach seinen Vorstellungen führen zu können. Tesla wird nun aus dem überaus unternehmerfreundlichen US-Bundesstaat Delaware nach Texas umziehen – wo Gouverneur Greg Abbott bereits angekündigt hat, sich nicht einmischen zu wollen; plus: keine bundesstaatliche Unternehmensteuer. Weiterhin im Aufsichtsrat: Musks Bruder Kimbal und Medienmogul James Murdoch, der mit Musk bereits im Urlaub gewesen ist.

Musk hatte gedroht, sich bei einem „Nein“ auf andere Konzerne zu konzentrieren

Musk hatte den Anlegern gedroht, sich bei einem „Nein“ auf andere Konzerne konzentrieren zu wollen. Das war keineswegs Erpressung. Ein Nein-Votum hätte den Fokus aufs E-Auto-Bauen gelegt. Musk hätte Ambitionen in Robotik und künstlicher Intelligenz woanders umsetzen können, hätten die Anleger gegen den Strategiewechsel gestimmt; und vielleicht muss man seine erratischen Bemerkungen auf X mal anders lesen und überlegen, ob er all das vielleicht deshalb tut, um seinen Firmen in gewissen Ländern und Bundesstaaten Vorteile zu sichern. Am Ende, da liefert Musk – für seine Firmen und damit die Anleger, häufig aber auch – Revolution bei Autos, Raumfahrt durch Recycling-Raketen, Internet in abgelegenen Gegenden – für die Menschheit.

Letztlich hat sich Musk bei Tesla gesichert, wovon Autofahrer im Straßenverkehr träumen – weil er es kann. Er bestimmt, welche Autos gebaut werden, wie sie gebaut werden und was sie können; und weil alle Welt auf Tesla schaut, hat das Auswirkungen nicht nur auf die Autobranche. Autofahrer wünschen sich Allmacht auch deshalb so oft, weil sie wissen, sie nie zu kriegen – so wie 80 Millionen TV-Bundestrainer wissen, dass sie den Job in der Realität doch nicht so einfach machen könnten. Musk ist anders. Er glaubt tatsächlich zu wissen, was das Beste für die Menschheit und den Planeten ist, und er ist wild entschlossen dazu, es der Menschheit und dem Planeten zu beweisen. Das eindeutige Votum der Tesla-Anleger: Mach mal, wir glauben an dich.

Hinweis: In der ersten Fassung des Beitrags hieß es, Tesla sei mittlerweile mit einem Börsenwert von 570 Millionen Dollar der wertvollste Autokonzern der Welt. Richtig ist: 570 Milliarden Dollar. Wir haben das korrigiert.

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