Energiewende:Verkauf von Tennet-Stromnetz an deutschen Staat gescheitert

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Ein Tennet-Umspannwerk in Schleswig-Holstein. (Foto: Christian Charisius/dpa)

Kontrolle über eine wichtige Infrastruktur erlangen, das war das Ziel von Wirtschaftsminister Habeck. Dazu hätte die Förderbank KfW das Deutschlandnetz von Tennet kaufen sollen. Doch das Geschäft kommt wegen der deutschen Haushaltsprobleme nicht zustande.

Die niederländische Firma Tennet ist über eine Tochtergesellschaft einer der vier Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland. Sie betreiben die überregionalen Stromnetze, insgesamt fast 36 000 Kilometer Leitungen. Außerhalb der Expertenwelt kennt kaum eine Stromkundin oder Stromkunde die Namen der Unternehmen, die auf diesem Feld engagiert sind, neben Tennet sind das Amprion, Transnet BW und 50 Hertz – aber die Übertragungsnetzbetreiber spielen eine entscheidende Rolle bei der Energiewende. Sie sollen die Stromautobahnen bauen und dann betreiben, über die grün erzeugter Strom, etwa aus Offshore-Windanlagen in der Nord- und der Ostsee oder aus den windstarken Regionen im Norddeutschen Tiefland nach Bayern und Baden-Württemberg fließt.

In Sachen Tennet sind in den vergangenen Monaten zahlreiche Gespräche geführt worden, zwischen den Niederlanden und Deutschland, zwischen dem Bundeswirtschaftsministerium unter Leitung von Robert Habeck (Grüne), zwischen der staatlichen Förderbank KfW und der niederländischen Muttergesellschaft von Tennet, die in staatlichem Besitz ist. Es geht um einen großen Deal.

Den Niederländern wurden die Kosten des Netzausbaus in Deutschland nämlich zu teuer, und Deutschland zeigte im Gegenzug großes Interesse, das Tennet-Geschäft in Deutschland zu übernehmen. Das Ziel: Kontrolle über eine immens wichtige Infrastruktur zu erlangen.

Tennet muss in den kommenden zehn Jahren bis zu 160 Milliarden Euro investieren

Doch das Geschäft kommt nun wohl nicht zustande. Die Gespräche mit der staatlichen Förderbank KfW seien beendet worden, nachdem die Bundesregierung dem niederländischen Staat mitgeteilt habe, „dass sie die geplante Transaktion aufgrund von Haushaltsproblemen nicht durchführen kann“, teilte Tennet am Donnerstag mit. Vom Bundeswirtschaftsministerium war bisher keine Stellungnahme erhältlich.

Insider hatten den Wert des deutschen Tennet-Netzes im vergangenen Jahr auf 20 bis 25 Milliarden Euro taxiert. Die Verhandlungen mit der niederländischen Regierung über den Staatskonzern hatten sich seit Jahren hingezogen. Im März schien eine Einigung in greifbarer Nähe, wie die Nachrichtenagentur Reuters schreibt, die sich auf eine mit den Verhandlungen vertraute Person beruft. Demnach hätte der Deal wie folgt ausgestaltet werden sollen: Die KfW hätte das Deutschland-Geschäft von Tennet erworben und dann in einem zweiten Schritt Anteile an private Investoren verkauft. Der Bund hätte dabei langfristig eine Sperrminorität behalten.

Habeck hatte sich zuletzt erneut für die Übernahme des Tennet-Stromnetzes starkgemacht. „Ich halte es nach wie vor für sinnvoll, dass der Staat bei einer so wichtigen Infrastruktur sicherstellt, dass sie in guten Händen bleibt“, so der Wirtschaftsminister.

Klar ist, dass Tennet in den kommenden Jahren viel Geld für den Ausbau der Netze aufwenden muss. Von bis zu 160 Milliarden Euro wird in den Planungen des Unternehmens ausgegangen, die meisten Kosten fallen in Deutschland an. Das Unternehmen betonte, man werde an den Investitionsplänen in beiden Ländern festhalten. Dabei werde das Unternehmen vom niederländischen Staat unterstützt, der Tennet kürzlich ein Darlehen von 25 Milliarden Euro für die Jahre 2024 und 2025 gewährt hat. Das Unternehmen werde zudem weiter versuchen, öffentliche oder private Kapitalmärkte zu nutzen, um die Finanzierung der deutschen Aktivitäten zu stemmen.

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