Tengelmann:Erbenstreit eskaliert

Tengelmann: Lange Jahre geschmäht und zwischenzeitlich in die USA ausgewandert: Christian Haub.

Lange Jahre geschmäht und zwischenzeitlich in die USA ausgewandert: Christian Haub.

(Foto: Matthias Duschner/Tengelmann/oh)

Mehr als zwei Jahre nach dem Verschwinden von Karl-Erivan Haub in den Schweizer Alpen ist der frühere Tengelmann-Chef noch nicht für tot erklärt worden. Sein Bruder will das nun gegen den Willen seiner Schwägerin erzwingen.

Von Michael Kläsgen, München

Streit kommt in den besten Familien vor. Doch was sich derzeit bei den Erben der Tengelmann-Dynastie abspielt, dafür ist das Wort Streit zu harmlos. Der Zwist brach aus, als das frühere Familienoberhaupt Karl-Erivan Haub auf einer Skitour am Matterhorn offenbar verunglückte. Seitdem gilt er als verschollen. Für tot wurde er allerdings noch nicht erklärt. Hierüber streiten die Erben nun: Karl-Erivans Frau Katrin und ihre beiden Kinder auf der einen Seite und die Brüder Christian und Georg auf der anderen.

Es geht um viel Geld und letztendlich auch um den Einfluss in der Handelsgruppe, die bekannte Marken umfasst: den Baumarktfilialisten Obi, den Textildiscounter Kik, die Ramschkette Tedi, und auch eine Immobiliensparte namens Trei gehört dazu. 90000 Mitarbeiter beschäftigt die Gruppe, mehr als acht Milliarden Euro erlöst sie. Es wäre Geld genug für alle Erben da. Doch stattdessen herrschen Eifersucht, Missgunst und das Bedürfnis nach Rache vor.

Christian Haub, der lange Jahre geschmähte und zwischenzeitlich in die USA ausgewanderte Bruder des verschollenen Familienoberhaupts, ist nun in die Offensive gegangen. Er dringt darauf, seinen ältesten Bruder endlich für tot erklären zu lassen. Tengelmann hat im Namen von Christian Haub nach Informationen der Süddeutschen Zeitung einen entsprechenden Antrag beim Amtsgericht Köln eingereicht. Bruder Georg unterstützt Christian dabei. Ein Unternehmenssprecher bestätigte den Sachverhalt. Christian Haub hat, nachdem Karl-Erivan verschwand, auf Wunsch der Familie geschäftlich die Fäden in die Hand genommen. Er zog von den USA nach Deutschland und wandelte Tengelmann in eine Beteiligungsholding um. Inzwischen soll sie vom Stammsitz Mülheim an der Ruhr nach München umgezogen sein und 40 Personen beschäftigen.

Mit Katrin Haub hat er sich überworfen. Sie weigert sich bisher, ihren Mann für tot erklären zu lassen. Dann würden rund 450 Millionen Euro Erbschaftsteuer fällig. Rein rechtlich betrachtet, muss sie keine Eile haben, eine Todeserklärung für ihren Mann Karl-Erivan auszustellen. Zehn Jahre hätte sie dafür Zeit, es sei denn der Leichnam würde gefunden. Sie könnte den Betrag aber wohl kaum bezahlen. Ein Sprecher von Katrin Haub will sich zu der Angelegenheit nicht äußern.

Christian Haub argumentiert, der Streit um die Erbschaftssteuer würde das Unternehmen zerreißen. Die Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel. Um seiner Argumentation Nachdruck zu verleihen, engagierte er den branchenbekannten Anwalt Mark Binz, der bemüht ist, den Streit auch medial anzuheizen. Dabei läge die Lösung nahe: Tengelmann oder Einzelteile davon, das heißt Beteiligungen, könnten verkauft werden. Doch über den Wert des Unternehmens gehen die Vorstellungen weit auseinander. Katrin Haub soll von einem Unternehmenswert von sechs Milliarden Euro ausgehen, was einer Abfindung von 1,9 Milliarden Euro bei 31,3 Prozent der Anteile entspräche. Damit ließe sich auch die Erbschaftsteuer begleichen. Doch Christian Haub soll nur mit einem Unternehmenswert von vier Milliarden kalkulieren und denkt auch an einen hohen Abschlag. Er muss sich den Vorwurf gefallen lassen, seine Schwägerin möglichst günstig abfinden zu wollen.

Streit kommt in den besten Familien vor, aber dort, wo viel Geld ist - fällt er bisweilen besonders heftig aus.

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