Telematik-Analysen:Flotte unter Beobachtung

Mit Telematik-Tarifen bei Firmenwagen könnten Schäden und Kosten sinken, schätzen Versicherungsexperten. Doch Betriebsräte protestieren dagegen. Auch wegen der gesammelten Daten befürchten sie Nachteile für die Mitarbeiter.

Von Anna Gentrup

Fahrzeug Nummer 107 muss in die Wartung, Wagen 78 steht auf der Autobahn im Stau. Mit Hilfe digitaler Technik haben Betreiber von Fahrzeugflotten ihre Wagen jederzeit im Blick. Auch in der Versicherung lassen sich die Daten gut einsetzen. Welcher Fahrer rast gerne? Welcher Wagen ist auf unfallträchtigen Straßen unterwegs? Fahrdaten liefern wichtige Anhaltspunkte.

Das Unfallrisiko ist bei Flottenfahrzeugen relativ hoch. Einige Fahrer gehen mehr Risiken ein als mit dem privaten Pkw. Durch Telematik könnten Schäden und Kosten um bis zu 30 Prozent sinken, schätzt das Beratungshaus Roland Berger. Sinkt das Risiko, könnten Flottenbetreiber auf Rabatte bei der Versicherung hoffen.

Auch für Versicherer ist Telematik interessant. "Wir sind zu dem Thema mit Kunden und Technikherstellern im Gespräch", sagt Harald Seliger, Leiter Kraftfahrt-Betrieb bei der R+V. Das Thema erfordert einige Lernarbeit. "Wir müssen zunächst große Datenbestände von Telematik- und Fahrassistenzsystemen auswerten, um realistische Schlüsse auf das Schadenrisiko ziehen zu können", sagt er. Langfristig wird die Unfallzahl durch Telematik, Fahrassistenzsysteme und autonomes Fahren deutlich zurückgehen, glaubt er.

Für Konzerne ist es kein leichtes Unterfangen, Telematik-Analysen einzuführen. Es droht heftiger Gegenwind von Betriebsräten, die Nachteile für Mitarbeiter befürchten. Die Datenauswertung kann für Fahrer ernste Konsequenzen haben. Sitzt der Flottenmanager sozusagen virtuell auf dem Beifahrersitz, sieht er möglicherweise jedes Detail: den rasanten Fahrstil, die überzogene Pause, den privaten Umweg.

"Betriebsrat und Telematik kriegt man schlecht unter einen Hut", sagt Mathieas Kohl, Leiter Konzernversicherungen beim Medizin- und Sicherheitstechnikhersteller Dräger. Als der Konzern erste Versuche unternahm, kam das nicht gut an, erinnert sich Kohl. "Wir hatten nur Verbrauchsübersichten erstellt, um den Mitarbeitern deutlich zu machen, wie ihr Fahrzeug im Vergleich zum Durchschnittsverbrauch der Flotte dasteht". Obwohl nur der Fahrer die Daten sehen durfte, protestierte der Betriebsrat. "Es hat uns mehr als ein Jahr gekostet, die Verbrauchsauswertung datenschutzrechtlich mit den Betriebsräten durchzubekommen", sagt er. "Wir haben es daraufhin mit der Telematik bis auf weiteres sein gelassen."

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