Telekommunikationsmarkt:Experten warnen vor Fusion von O2 und E-Plus

Jugendliche mit Handy

Was geht auf dem Mobilfunkmarkt? O2 und E-Plus wollen fusionieren

(Foto: dpa)

Weniger Wettbewerb und steigende Preise? Die Monopolkommission warnt, dass die Verbraucher mehr zahlen müssen, wenn die Anbieter O2 und E-Plus fusionieren. Außerdem rügt das Beratergremium, dass die Telekom die Netzneutralität angreift.

Wenige große Telekommunikationskonzerne führen zu weniger Konkurrenz, die Preise für die Verbraucher steigen, warnt die Monopolkommission. Das Expertengremium berät die Bundesregierung zum Telekommunikationsmarkt.

Nun haben die Ökonomen die aktuelle Lage untersucht. "Die Politik der letzten 15 Jahre hat in Deutschland zu mehr Wettbewerb und damit zu mehr Auswahl und sinkenden Preisen für die Verbraucher geführt", sagt der Chef der Kommission, Daniel Zimmer. Er warnt vor einer Neuausrichtung der Telekommunikationspolitik, die wenige europäische Großunternehmen begünstigt. Das könnte für die Kunden nachteilig sein. (Unterlagen zum Sondergutachten Telekommunikationsmarkt: Pressemitteilung als PDF, Gutachten im Volltext als PDF.)

Der Hintergrund: Die Anbieter E-Plus und O2 wollen fusionieren. Als Wettbewerber stünden dem Konzern die Telekom und Vodafone gegenüber. Es entstünden also drei in etwa gleich große Anbieter mit einer ähnlichen Kundenzahl und ähnlichen Ressourcen. Das spreche für weniger Wettbewerb - und damit für höhere Preise und einen schleppenden Netzausbau. Dem Markt könnte durch die Fusion derjenige Anbieter verloren gehen, der die anderen mit immer neuen Angeboten antreibt.

Netzentgelte nötig, können aber auch Wettbewerb verhindern

Die Monopolkommission plädiert zudem dafür, dass die Politik die Telekom auch weiterhin in die Pflicht nimmt und anderen Anbietern ihre Netze zur Verfügung stellen muss. Der Konzern hält den von der Politik festgelegten Mietpreis für zu niedrig - und verweist auf die hohen Investitionen in den Ausbau der Netze. Die Monopolkommission hält die Regelung dennoch weiterhin für notwendig.

Würde die Telekom ihre Netze andererseits für die anderen abschotten, und sei es nur durch zu hohe Mietpreise, dann könnten kleinere Anbieter auf der Strecke bleiben - und ihrerseits die Investitionen in den Netzausbau nicht mehr stemmen. Darunter, so die Sorge der Monopolkommission, würden vor allem die Menschen auf dem Land leiden.

Breitbandausbau stemmen vor allem die kleinen Anbieter

Gerade in kleineren Städten oder in dünn besiedelten Bundesländern wie Niedersachsen arbeiten die Stadtwerke mit kleineren Anbietern zusammen, um sich etwa die Tiefbaukosten zu teilen. Für das Glasfaserkabel wird dann die Straße aufgerissen, wenn ohnehin Bauarbeiten anstehen. Die Telekom, so die Sorge des Gremiums, würde diese Anstrengungen gar nicht auf sich nehmen. Es sind momentan die kleinen Wettbewerber, die in der Summe mehr investieren als die Telekom.

Für die neue Bundesregierung hat die Monopolkommission auch einen Vorschlag, woher sie das Geld für den Breitbandausbau nehmen könnte. Der Bund könnte seine Anteile an der Deutschen Telekom verkaufen. Der Bund hält derzeit 14,5 Prozent direkt und noch einmal 17,4 Prozent über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die dem Bundesfinanzministerium untersteht. Würde der Staat ein paar Aktien verkaufen, so die Argumentation des Gremiums, könnte er zum einen das eingenommene Geld in Förderprogramme für den Breitbandausbau stecken. Der Staat wäre damit auch das bisherige Dilemma los: Einerseits muss er für eine faire Regulierung sorgen, andererseits freut er sich auch über Einnahmen durch einen starken Konzern.

Ökonomen sehen Netzneutralität durch Telekom gefährdet

Die Monopolkommission hat sich aus Anlass der Debatte über eine Tempobremse im Internet mit dem Thema Netzneutralität befasst. Im Mai hatte die Telekom angekündigt, die Übertragungsgeschwindigkeit zu senken, sobald der Kunde eine gewisse Datenmenge erreicht hat. Der Konzern ist inzwischen zwar zurückgerudert - und hat versprochen, neben gedeckelten Tarifen auch weiterhin Flatrates anzubieten.

An einem heiklen Punkt will die Telekom allerdings festhalten: Der eigene Videodienst Entertain soll bei dem Datenvolumen nicht angerechnet werden. Deshalb könnten Kunden, die solche Streamingdienste bei anderen Anbietern wie Apple oder Amazon nutzen, eher an die Grenze stoßen - und dann den teureren Tarif benötigen. Der Plan hatte bereits für viel Protest gesorgt. Im Koalitionsvertrag hat die neue Bundesregierung niedergeschrieben, dass sie sich für Netzneutralität einsetzen will.

Von dem Erlass einer Netzneutralitätsverordnung zum jetzigen Zeitpunkt rät die Monopolkommission ab. Eine strikte Auslegung der Netzneutralität sei kaum möglich: Gewisse Datenpakete müssen - gegen Aufpreis - bevorzugt durchs Netz geschleust werden. Die Telemedizin erfordert zum Beispiel, dass bei einer Operation das Röntgenbild stabil übertragen wird. Preis- und Qualitätsdifferenzierungen müssen dem Gremium zufolge zugelassen werden, so weit diese auf sachlichen Kriterien beruhen und nicht missbraucht werden, um Wettbewerber zu bremsen.

Dass die Telekom den eigenen Fernsehdienst nicht auf die gedeckelten Datenpakete anrechnen will, hält die Monopolkommission durchaus für solch einen Missbrauch, dem allerdings mit dem Wettbewerbsrecht vorgebeugt werden kann. Die Sorge, dass das sogenannte Best-Effort-Internet, also eine Art Netz mit Mindestgeschwindigkeit, auf lange Sicht leiden könnte, teilt die Monopolkommission nicht. Wenn der Breitbandausbau im Wettbewerb vorangebracht wird, dann werden sich auch immer einige Anbieter um das für alle zu günstigen Preisen zugängliche Netz kümmern. Das Telekommunikationsgesetz ermöglicht es dem Gesetzgeber schon jetzt, dafür auch strengere Vorgaben zu machen.

Pakete werden günstiger, Briefe nicht

Auch zum Brief- und Paketmarkt äußert sich das Gremium: "Die Entwicklung des Wettbewerbs im Briefmarkt stagniert seit Jahren", sagt Kommissionschef Zimmer. Alternative Anbieter würden in vielen Teilmärkten deutlich wettbewerbsfähiger, wenn die weiter bestehenden Hindernisse abgebaut würden. In den Paketmärkten sei bereits ein gewisser Wettbewerb zu beobachten. Das habe für Verbraucher und Unternehmen sichtbare Vorteile.

Die Monopolkommission plädiert dafür, dass sich der Bund möglichst schnell von seinen Anteilen an der Deutschen Post trennt. Die staatliche Beteiligung von 21 Prozent sei keine wesentliche Einflussmöglichkeit. (Unterlagen zum Sondergutachten Post: Pressemitteilung als PDF, Gutachten im Volltext als PDF.)

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