Süddeutsche Zeitung

Telekommunikation:Bye-bye, Handy-Shop

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Sie gehören noch immer in die Einkaufsstraßen der Städte, doch sind immer häufiger leer. Das Mobilfunkunternehmen Vodafone will die Zahl seiner Läden deutlich verringern. Auch die Telekom verhandelt über entsprechende Pläne.

Von Benedikt Müller, Düsseldorf

Es gibt Läden, die in keiner Fußgängerzone fehlen dürfen: eine Drogeriekette, ein Brillengeschäft, Klamottenläden. Und natürlich der Telefonshop mit neuesten Smartphones im Schaufenster und vermeintlichen Schnäppchentarifen. Was wäre die Innenstadt nur ohne sie?

Doch dem Handyladen geht es schlecht. Neueste Aussagen von Vodafone-Chef Nick Read sind da nur ein Beleg von vielen: 40 Prozent aller Einkäufe könnten bald digital sein, so der Brite. Das verändere die Motivation, "warum jemand in einen Laden geht". Vodafone müsse auf mehr "Erlebnisse" setzen, wolle Läden umbauen. Und: Von 7700 Filialen weltweit sollen gut 1000 schließen.

Dass auch Vodafone Deutschland einen Teil beitragen wird, scheint ausgemacht zu sein: Die Düsseldorfer haben im Sommer die Firma Unitymedia übernommen, die TV-Kabelnetze in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Hessen betreibt. Dort stehen nun einige Vodafone- und Unitymedia-Shops nah beieinander - diese sogenannten Doppellagen wolle man "kontinuierlich bereinigen", sagt eine Sprecherin. Wie viele Standorte das seien, prüfe man noch. Insgesamt will Vodafone nach der Übernahme Personalkosten von bis zu 135 Millionen Euro einsparen, ein Stellenabbau ist nicht ausgeschlossen.

Viele Menschen vergleichen und buchen im Netz, gehen nicht mehr in die Filiale

Noch kommen beide Unternehmen auf etwa 1500 Verkaufsstellen in Deutschland: Manche betreibt Vodafone selbst, einige gehören Franchisenehmern. Zumindest in den eigenen Filialen sollen nach der Übernahme von Unitymedia aber keine Arbeitsplätze wegfallen, so die Sprecherin. Überhaupt halte man auch künftig am System der Filialkette fest; wo sich Gelegenheiten böten, mache man auch neue Läden auf.

Immerhin tragen die roten Vodafone-Shops, blauen O2-Geschäfte und magentafarbenen Telekomfilialen dazu bei, dass sich Kunden die Marken einprägen. Und ein echter Mensch hinter der Ladentheke, dem man Fragen stellen kann, soll selbst im digitalen Zeitalter nicht schaden.

Dennoch scheinen die Zeiten vorbei zu sein, in denen Handyläden überall in den Einkaufsstraßen eröffneten. Das liegt nicht nur daran, wie viele Kunden mittlerweile Tarife online vergleichen und buchen, sondern eben auch an Fusionen: Man denke an die Mobilfunkanbieter Telefónica (O2) und E-Plus, die nach ihrem Zusammenschluss vor fünf Jahren das gemeinsame Filialnetz ausdünnten; übrig blieben etwa 900 Geschäfte. Derzeit stünden bei Telefónica aber keine signifikanten Schließungen an, sagt ein Sprecher.

Verdi: Verhandlungen über Telekom-Shops gehen in entscheidende Phase

Anders sieht es bei der Deutschen Telekom aus. Im Einzelhandel sei seit Jahren weniger los, berichten der Konzern und Arbeitnehmervertreter unisono. "Vor diesem Hintergrund überprüft die Telekom regelmäßig die Anzahl ihrer stationären Geschäfte." Gut 1000 Läden zählt der Konzern derzeit; hinzu kommen Verkaufsstellen in Elektronikmärkten wie Saturn.

Schon seit 2014 haben die Bonner nach eigenen Angaben jährlich 15 bis 20 Filialen geschlossen oder an Franchisepartner abgegeben. Zwar habe man "vereinzelt" auch neue Shops eröffnet. Doch wolle die Telekom die Zahl der Geschäfte und Beschäftigten auch in den kommenden Jahren "konsequent" an der Nachfrage ausrichten. Die Telekom verhandelt mit den Sozialpartnern seit Sommer über einen möglichen Stellenabbau in den Shops. Nach Angaben von Verdi-Verhandlungsführer Frank Sauerland gehen die Gespräche in den nächsten Wochen in die entscheidende Phase.

Konzernbetriebsratschef Josef Bednarski hatte im Sommer ganz ähnliche Forderungen gestellt, wie sie nun auch Vodafone-Chef Read vorschweben: "Wir müssen unsere Shops zu Erlebniswelten weiterentwickeln", sagte Bednarski im Juli, "das Angebot in unseren Shops muss so sein, dass sich die Kunden angezogen fühlen." Denn das ist nun mal die Voraussetzung für lebendige Läden in den Fußgängerzonen der Republik.

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Quelle:
SZ vom 11.10.2019
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