Telekom-Streik vor dem Ende:Der Konzern-Umbau kann beginnen

Geringere Lohnzahlungen, längere Arbeitszeiten - die Telekom hat ihre Ziele erreicht. Und Verdi stimmt "mit überwältigender Mehrheit" zu.

Nach mehr als fünf Wochen Streik haben sich die Deutsche Telekom und die Gewerkschaft Verdi auf längere Arbeitszeiten und weniger Geld für die rund 50.000 Mitarbeiter im Service verständigt. Damit stellt die Telekom die Weichen auf Kostensenkung.

Die Große Tarifkommission von ver.di hat dem Kompromiss bereits zugestimmt und damit den Weg für ein Ende der Streiks frei gemacht.

"Ordentlich im Zielkorridor"

Nach einer mehrstündigen Sitzung am Mittwoch in Köln habe das Gremium mit "überwältigender Mehrheit" entschieden, die mit der Telekom erzielte Lösung anzunehmen, sagte ver.di-Bundesvorstand Lothar Schröder.

Die Einigung auf vier Stunden mehr Arbeit pro Woche für 6,5 Prozent weniger Lohn sichert dem Konzern nach Angaben von Personalchef Thomas Sattelberger die Einsparungen von 500 bis 700 Millionen Euro, die er sich vorgenommen hatte. Allerdings musste die Telekom Abstriche gegenüber den ursprünglichen Vorstellungen machen, was Arbeitszeiten und Lohnsenkung betraf. Man liege "ordentlich" im Zielkorridor, sagte Sattelberger am Mittwoch in Bad Neuenahr.

Telekom-Chef Rene Obermann feiert damit einen Etappensieg zu seinem Ziel, die Kosten im Konzern drastisch zu senken. Bis 2010 soll er 4,2 bis 4,7 Milliarden Euro im Jahr weniger ausgeben.

Mit ihrer bisherigen Kostenstruktur könne die Telekom nicht mit Konkurrenten wie Vodafone mithalten, hatte er unmittelbar nach seinem Amtsantritt im November gemahnt.

Die Mitarbeiter in den drei neu gegründeten, konzerneigenen Servicegesellschaften arbeiten künftig 38 Stunden pro Woche. Im Gegenzug sind sie bis Ende 2012 vor Kündigungen geschützt.

Die Senkung der Gehälter werde durch Ausgleichszahlungen abgefedert, sagte Personalvorstand Sattelberger. "Die Beschäftigten können darauf vertrauen, dass auf dem Weg in die neuen Gesellschaften kein Griff in ihre Geldbeutel erfolgt", betonte Verdi-Verhandlungsführer Lothar Schröder.

"Beide Seiten haben Federn gelassen", sagte Sattelberger. "Beide Seiten haben aber auch wichtige Positionen gehalten und zum Teil ausgebaut." Der Kompromiss sichere Arbeitsplätze und mache die Telekom wettbewerbsfähiger, sagte der Personalchef.

Auch Investoren nahmen den Kompromiss mit Erleichterung auf. Die Telekom-Aktien stiegen zeitweise um zwei Prozent. "Das ist ein genialer Abschluss für die Telekom", sagte ein Börsianer. "Es ist eigentlich erstaunlich, dass die Aktie nicht deutlicher zulegt."

Verdi-Verhandlungsführer Lothar Schröder sagte, die Gewerkschaft bezweifle immer noch den Sinn der Auslagerung. Mit dem Kompromiss könne die Verhandlungskommission aber leben, weil die Mitarbeiter abgesichert seien. Sie hatten seit dem 11. Mai gestreikt - der erste Ausstand in der Geschichte der Telekom.

Die Verlängerung der Arbeitszeit sei bitter, führe aber nicht zu einem Personalabbau.

30 Prozent weniger für neue Mitarbeiter

Die Gewerkschaft rang der Deutschen Telekom eine abermalige Verlängerung des Kündigungsschutzes in den neuen Gesellschaften bis Ende 2012 ab. Deren Verkauf ist bis 2010 ausgeschlossen.

Die in der Festnetzsparte T-Com verbleibenden Mitarbeiter sind nun bis Ende 2009 und damit ein Jahr länger vor betriebsbedingten Kündigungen geschützt. Die Telekom kann an verschiedenen Ecken sparen. Der Samstag wird zum Regelarbeitstag. An externe Dienstleister sollen durch die verlängerte Arbeitszeit deutlich weniger Aufträge vergeben werden.

Einen weiteren dreistelligen Millionenbetrag spart der Konzern durch die Lohnsenkung, eine Nullrunde bis Ende 2008 und die um über 30 Prozent sinkenden Einstiegsgehälter, die künftig auch das allgemeine Lohnniveau senken. Schröder sagte, bei den Einstiegsvergütungen sei ein Einbruch vermieden worden.

Die alten Mitarbeiter müssen in den ersten 18 Monaten nicht auf Gehalt verzichten. In den folgenden beiden Jahren wird die vereinbarte Gehaltssenkung noch zu zwei Drittel beziehungsweise zu einem Drittel ausgeglichen. Der Anteil variabler Vergütungen soll in drei Jahren auf 15 bis 20 Prozent von derzeit sieben Prozent erhöht werden.

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